Erster Artikel. Die Weichlichkeit steht im Gegensatze zur Beharrlichkeit.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Zu 1. Kor. 6. (neque adulteri neque molles) bemerkt die Glosse: „Weichlich, d. i. die Weibliches erleiden.“ Das steht aber im Gegensatze zur Keuschheit. II. 7 Ethic. 7. heißt es: „Vergnügungssucht ist eine gewisse Weichlichkeit;“ also ist letztere der Unmäßigkeit entgegengesetzt. III. „Der zum Spielen geneigte ist weichlich“ l. c. Also ist da ein Gegensatz vorhanden zur Eutrapelie, welche das Spielen regelt; und nicht zur Beharrlichkeit. Auf der anderen Seite schreibt Aristoteles (l. c.): „Dem weichlichen ist entgegengesetzt der beharrliche.“
b) Ich antworte, das Lob der Beharrlichkeit bestehe darin, daß man nicht vom Guten abweiche wegen des langwierigen Erduldens von Mühen und Schwierigkeiten. Weichlich aber wird jemand genannt, der leicht vom Guten abgeht eben wegen mancher Schwierigkeiten, die er nicht ertragen kann; wie ja was weich ist leicht den Eindrücken des berührenden zugänglich wird. Nicht aber wird etwas darum weich genannt, weil es dem stark anstürmenden nachgiebt, wie ja auch feste Mauern schweren Schlägen weichen. So nun wird auch niemand weichlich genannt, der großen Schwierigkeiten nachgiebt. Deshalb sagt Aristoteles (l. c.): „Wer von starken und übermenschlichen Ergözlichkeiten oder Betrübnissen überwunden wird; der wird zwar nicht bewundert, aber es wird ihm verziehen, wenn er nachgiebt.“ Offenbar aber stürmt schwerer die Gefahr an wie die Begierde nach Ergötzen, so daß Cicero (1. de offic.) sagt: „Es ist das nicht angemessen, daß jenen, den die Furcht nicht gebrochen hat, nun die Begierde knickt, und daß, der aus allen Beschwernissen unbesiegt hervorgegangen ist, nun von dem Vergnügen überwunden wird.“ Das Vergnügen selbst auch bewegt stärker dadurch, daß es anzieht, wie die Trauer über die Abwesenheit des Vergnügens, die da abzieht; ist ja doch die Abwesenheit des Vergnügens ein reiner Mangel. Deshalb heißt nach Aristoteles (l.
c) im eigentlichen Sinne „weichlich“ jener, der, weil die Abwesenheit der Ergötzlichkeiten ihm Trauer verursacht, vom Guten sich entfernt; er giebt nämlich einem schwachen Eindrucke nach.
c) I. Diese Weichlichkeit wird verursacht: 1. durch Gewohnheit; denn wenn jemand an Vergnügungen gewohnt ist, kann er schwerer deren Mangel ertragen; — 2. durch die besondere Verfassung seiner Natur; wenn jemand nämlich auf Grund seiner körperlichen Komplexion einen minder standhaften Geist hat. Und gemäß der letzten Ursache nennt man die Weichlichen „weibisch“. II. Dem körperlichen Vergnügen ist die Arbeit entgegengesetzt; viele Arbeit also ist ein Hindernis für die sinnlichen Ergötzlichkeiten. Vergnügungssüchtig oder zärtlich aber nennt man jene, welche ernste Arbeit nicht vertragen können und überhaupt nichts, was das Vergnügen vermindert. Deshalb heißt es Deut. 28.: „Ein empfindliches und schwächliches Weib, welches auf dem Erdboden nicht einherzuschreiten vermochte und keinen festen Schritt machen konnte wegen seiner Weichlichkeit.“ Die Weichlichkeit ist gewisser maßen Vergnügungssucht; nur daß sie mehr auf den Mangel an Ergötzlichkeiten sich richtet; während die Vergnügungssucht die Arbeit flieht, welche das Ergötzen hindert. III. Im Spielen ist 1. das Ergötzen zu beachten, wonach jener, der demselben in ungeregelter Weise ergeben ist, zur Eutrapelie im Gegensatze steht; — 2. eine gewisse Ruhe und Abspannung, welche der Arbeit entgegengesetzt ist. Also auch die Abspannung oder Ruhe im Spielen allzuviel begehren, ist Weichlichkeit, die vor der Arbeit flieht.
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