Vierter Artikel. Vater und Sohn ist ein Princip des heiligen Geistes.
a) Dagegen spricht: I. Würde der heilige Geist vom Vater und Sohn ausgehen als von einem einigen Princip, so würde Er von Sich selber ausgehen, da Er eins ist in der „Natur“ mit Vater und Sohn. Er kann auch nicht von Vater und Sohn ausgehen als einem Princip, insofern diese beiden Personen eine Eigenheit gemeinsam haben. Denn eine Eigenheit kann nicht in dieser Weise für beide eine einige sein, daß sie gleichmäßig als eine einige in beiden Personen sich fände, insoweit diese eben „Personen“ sind, und daß sie so Princip einer persönlichen Thätigkeit seien; denn „Person sein“ heißt als solches „abgeschlossen sein“. Also Vater und Sohn sind in keiner Weise ein einiges Princip des heiligen Geistes. II. Ferner; wenn auf Grund einer Eigenheit, proprietas, Vater und Sohn ein Princip des heiligen Geistes sind; so würde der Vater, weil Er zwei Eigenheiten in Sich schließt, aus dem gleichen Grunde zwei Principien für sich allein sein, nämlich für den Sohn und für den heiligen Geist, was unzuträglich ist. Also ist Vater und Sohn nicht wegen der einigen Eigenheit ein einiges Princip des heiligen Geistes. III. Der Sohn stimmt mit dem Vater nicht mehr überein wie der heilige Geist. Der heilige Geist aber ist nicht mit dem Vater ein einiges Princip für irgend welche Person. Also kommt dies auch nicht dem Sohne zu. IV. Wenn Vater und Sohn als Princip des heiligen Geistes eins sind; so ist dieses Eine entweder der Vater oder dieses Eine ist nicht der Vater. Keines von beiden aber kann gesagt werden. Denn wenn dieses Eine der Vater ist, so folgt, daß der Sohn Vater ist; ist dieses Eine nicht der Vater, so ist der Vater nicht Vater. Also sind Vater und Sohn nicht ein Princip für die dritte Person. V. Wenn das richtig wäre: Vater und Sohn sind ein Princip des heiligen Geistes; so würde auch das Umgekehrte richtig sein: Ein einiges Princip des heiligen Geistes ist der Vater und Sohn. Dies scheint aber falsch zu sein. Denn das Subjekt „ein einiges Princip“ steht entweder für die Person des Vaters oder für die Person des Sohnes. Nach beiden Seiten hin aber ist es falsch. Also ist auch die Umkehrung falsch. VI. Eins sein im Subjekte ist ebensoviel wie ein und dasselbe sein. Sind also Vater und Sohn ein Princip des heiligen Geistes, so folgt daraus, daß sie ein und dasselbe Princip sind. Dies aber leugnen viele. Also sind sie auch nicht ein Princip. VII. Vater, Sohn und heiliger Geist sind ein Princip der Kreaturen, und heißen deshalb Schöpfer. Der Vater und der Sohn aber sind zwei „Hauchende“, wie viele sagen; und wie Hilarius zu behaupten scheint (2. de Trin.): „Der heilige Geist ist zu preisen als vom Vater und Sohn als von zwei Hauchenden“ (auctoribus). Also sind Vater und Sohn nicht ein Princip des heiligen Geistes. Auf der anderen Seite schreibt Augustin (5. de Trin. 14.): „Der Vater und Sohn sind nicht zwei Principien des heiligen Geistes, sondern eines.“
b) Ich antworte; der Vater und Sohn sind in allem eins, wo nicht der relative Gegensatz unterscheidet. Darin aber „Princip sein des heiligen Geistes“ sind sie nicht einander entgegengesetzt. Also sind sie darin eins. Manche jedoch sagen, dies sei eine ungeeignete Ausdrucksweise: „Vater und Sohn sind ein Princip des heiligen Geistes.“ Denn sie meinen, das Wort „Princip“ hier, als einiges betrachtet, bezeichne nicht die Person, sondern die Eigenheit, welche beiden Personen, dem Vater und dem Sohne, unter der hier genommenen Rücksicht mit Beziehung auf den heiligen Geist gemeinsam ist; — somit, meinen sie, werde in der obigen Redeweise das Wort „Princip“ nicht als Substantiv genommen, sondern als Adjektiv, als Eigenschaftswort; das sei aber ungehörig, daß ein Adjektiv, also hier principium, zum anderen, „unum“ hier bestimmend hinzutrete. Höchstens könnte das Wort „unum“ als Adverbium betrachtet werden und somit bedeuten „in einer einzigen Weise“, uno modo. Doch ist dies schon deshalb zurückzuweisen, weil der Vater dann als „zwei Principien“ bezeichnet werden könnte. Denn Er ist „in zweifacher Weise“ Princip: für den Sohn in einer anderen Weise wie für den heiligen Geist. Deshalb muß man sagen, daß dieses Wort „Princip“ wohl die Eigenheit in Vater und Sohn bezeichnet. Es bezeichnet sie aber nicht als Adjektiv oder Eigenschaftswort, sondern als Substantiv, nämlich in der Weise wie „Vater“, „Sohn“, auch in den geschaffenen Dingen bezeichnen. Deßhalb nimmt es die Zahl von der bezeichneten Sache oder Form her. Wie alss Vater und Sohn ein Gott ist wegen der Einheit der Substanz, die durch das Wort „Gott“ ausgedrückt ist, so wird Vater und Sohn mit vollem Recht als ein Princip des heiligen Geistes bezeichnet wegen der Einheit der durch das Wort „Princip“ bezeichneten Eigenheit.
c) I. Wenn die Kraft berücksichtigt wird, vermittelst deren Vater und Sohn den heiligen Geist „hauchen“, so sind Vater und Sohn eins in der „hauchenden“ Kraft, welche gewissermaßen nichts Anderes ist, wie die göttliche Natur zusammen mit der persönlichen Eigenheit des Hauchens. Und es ist auch durchaus nicht unzuträglich, daß eine einige Eigenheit in zwei Personen sich findet, in denen nur eine Natur besteht. Wenn jedoch die zwei „Hauchenden“ als supposita oder Personen berücksichtigt werden, so geht der heilige Geist von Vater und Sohn aus als von mehreren; denn Er geht aus als sie beide einigende Liebe. II. Durch den Ausdruck: „Vater und Sohn sind ein Princip des heiligen Geistes“ wird die eine Eigenheit bezeichnet, welche die durch den Namen ausgedrückte Form ist. Es folgt aber daraus durchaus nicht, daß der Vater als mehrere Principien bezeichnet werden könnte, weil Er zwei Eigenheiten hat; denn damit wäre auch gesagt, daß zwei Personen im Vater wären. III.Dem Wesen nach richtet sich in Gott Ähnlichkeit und Unähnlichkeit nicht nach den persönlichen diesbezüglichen Eigenheiten. Sowie der Vater demnach nicht Sich selber ähnlicher ist wie dem Sohne; so ist auch der Sohn dem Vater nicht ähnlicher wie der heilige Geist. IV. Diese zwei Ausdrucksweisen: „Vater und Sohn sind ein Princip, was der Vater ist;“ und „Vater und Sohn sind ein Princip, was nicht der Vater ist“; — sind nicht kontradiktorisch wie Ja und Nein, wie Sein und Nichtsein einander entgegengesetzt. Also ist es nicht notwendig, den einen Satz zuzugestehen und den anderen zu leugnen. Denn wenn wir sagen: „Der Vater und der Sohn sind ein einiges Princip,“ so hat das, was ich „Princip“ nenne, kein bestimmtes Subjekt; vielmehr dient das Subjekt für beide Personen zusammen und nicht für eine bestimmte. Der Trugschluß also besteht darin, daß von einem Subjekte, das für zwei Personen, unbestimmt für welche, aussagte, geschlossen wird auf Aussagen über dasselbe Subjekt und dabei vorausgesetzt wird, es bezeichne nur eine bestimmte, entweder die des Vaters oder die des Sohnes. V. Dieser Satz ist wahr: „Ein einiges Princip des heiligen Geistes ist der Vater und der Sohn;“ denn dieses „ein einiges Princip“ gilt in unbestimmter Weise für beide Personen; nicht für eine von beiden in besonderer bestimmter Weise. VI. Danach kann auch gesagt werden: „Vater und Sohn sind ein und dasselbe Princip;“ denn dieses „Princip“ wird für beide Personen zusammen ausgesagt, ohne zu bestimmen für welche von beiden. VII. Manche sagen, Vater und Sohn seien zwei „Hauchende“ wegen des Unterschiedes in den Personen, wiewohl sie ein einiges Princip des heiligen Geistes sind. Und ist in diesem Falle der Einwurf von dem Namen „Schöpfer“ aus nicht zu rechtfertigen. Denn der heilige Geist geht vom Vater und vom Sohne aus, insoweit diese zwei voneinander unterschiedene Personen sind; während die Kreatur in den drei Personen ihr Princip hat, insoweit diese eine Einheit sind im Wesen, und nicht insoweit sie voneinander unterschiedene Personen sind. Aber genauer scheint folgende Erklärung zu sein. Es muß das Substantivum der „Hauchende“ unterschieden werden vom Adjektivum „hauchend“. Wir können wohl sagen, der Vater und der Sohn sind zwei Personen, die „hauchen“; das Adjektivum können wir in dieser Weise setzen wegen der Mehrheit der Personen, da die Adjektiva in der Mehrheit gesetzt werden auf Grund der Mehrheit der Personen, zu denen sie gehören. Nicht so gut aber wird gesagt: zwei „Hauchende“ als Substantivum, weil das „Hauchen“ nur eines ist, wie die entsprechende Eigenheit im Vater und Sohn nur eine; und die Substantiva aus sich selbst die Zahl haben, Einzahl oder Mehrzahl, je nach der bezeichneten Form. Hilarius setzt a. a. O. das Substantiv anstatt des Adjektivs.
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