Dritter Artikel. Der heilige Geist geht aus vom Vater durch den Sohn.
a.) Dagegen spricht: I. Was von einem ausgeht durch einen anderen, geht vom ersteren nicht unmittelbar aus. Also würde im gegebenen Falle der heilige Geist nicht unmittelbar vom Vater ausgehen; was unzuträglich scheint. II.Wenn der heilige Geist vom Vater ausgeht durch den Sohn, so geht Er vom Sohne aus nur wegen des Vaters. „Das aber, wegen dessen etwas geschieht, ist mehr als das, wodurch es geschieht;“ so lautet ein philosophischer Grundsatz, wie das Feuer mehr ist an Wärme als die Wärme des Zimmers, durch welche die Wärme an mich kommt. Also würde der heilige Geist mehr ausgehen vom Vater wie vom Sohne. III. Der Sohn hat das göttliche Sein durch Zeugung. Ist also der heilige Geist vom Vater durch den Sohn, so folgt, daß vorher der Sohn II. erzeugt ist und nachher erst der heilige Geist ausgeht. Es wäre also dann das „Ausgehen“ des heiligen Geistes nicht von Ewigkeit. IV. Wie der König durch den Minister verwaltet, so kann auch gesagt werden, der Minister führe die Verwaltung durch den König, nämlich vermittelst dessen Autorität. Niemals aber kann gesagt werden, der Sohn „hauche“ den heiligen Geist durch den Vater. Also „haucht“ der Vater auch nicht den heiligen Geist durch den Sohn. IV. Auf der anderen Seite sagt Hilarius (12. de Trin.): „Bewahre in mir, ich flehe, dieses mein festes Glaubensbekenntnis, daß ich immerdar an Dich glaube, den Vater; und daß ich den Sohn zugleich mit Dir anbete: und so Deinen heiligen Geist verdiene, der da aus Dir ist durch Deinen Eingeborenen.“ V. VI.
b) Ich antworte, daß in allen Redeweisen, nach welchen jemand durch etwas wirkt, dieses Wort „durch“ immer eine gewisse Ursächlichkeit oder ein Princip der Thätigkeit ausdrückt. Manchmal aber, insofern nämlich die Thätigkeit oder das Handeln in der Mitte steht zwischen dem Thätigseienden und der gewordenen Wirkung, bezeichnet dieses „durch“ die Ursache für das Thätigsein selber, gemäß welcher nämlich das Thätigsein vom thätigen Princip ausgeht, und zwar bezeichnet es dann:
a) die Zweckursache, wie wenn ich sage, der Künstler wirke getrieben durch die Begierde nach Gewinn; —
b) die Formalursache, wie wenn ich sage, der Künstler wirke durch die in ihm bestehende Kunstform; —
c) die antreibende oder wirkende Ursache, wie wenn ich sage, der Künstler wirke durch den Befehl eines anderen. Manchmal jedoch bezeichnet dieses „durch“ die Ursache oder das Princip einer Thätigkeit insofern diese in der gewordenen Wirkung ihre Grenze und ihren Schlußpunkt hat; wie wenn ich sage, der Künstler wirke durch den Hammer. Denn damit wird nicht gesagt, der Hammer sei die Ursache dafür, daß der Künstler überhaupt thätig sei; sondern vielmehr, selbiger sei ein Princip für die gewordene Wirkung, so daß diese vom Künstler ausgehe; und den Charakter, ein solches Princip oder eine solche Ursache zu sein, habe er, der Hammer, vom Künstler selber. Und dies ist der Grund, daß einige sagen, dieses Wörtchen „durch“ bezeichne bisweilen direkt und in erster Linie die Autorität, wie wenn gesagt wird, der König wirke durch den Minister; bisweilen aber nur nebensächlich und auf Grund einer Voraussetzung, wie wenn ich sage, der Minister wirke durch den König. IX. Weil also der Sohn es vom Vater hat, daß von Ihm der heilige Geist ausgeht, kann gut gesagt werden, der Vater „hauche“ durch den Sohn den heiligen Geist; oder der heilige Geist gehe durch den Sohn aus vom Vater. X.
c) I. In jeglicher Thätigkeit sind zwei Momente zu berücksichtigen: die wirkende Person und die Kraft oder Natur, vermittelst deren sie wirkt; wie z. B. das Feuer seine Thätigkeit ausübt kraft der Wärme. Wenn nun im Vater und im Sohne die Kraft betrachtet wird, durch die sie den heiligen Geist „hauchen“, so findet sich da keinerlei Vermittlung, die Anlaß geben könnte zum Zusatze des Wörtchens „durch“. Wenn aber die „hauchenden“ Personen betrachtet werden, so wird, da der heilige Geist vom Vater und Sohn gemeinsam ausgeht, der heilige Geist gefunden als unmittelbar vom Vater ausgehend und mittelbar vom Sohne, insoweit Er vom Sohne ist; da der Sohn es ja vom Vater hat, daß der heilige Geist von Ihm ausgeht. So könnte, wenn das Beispiel an sich nicht zu materiell wäre, um auf rein immaterielle Verhältnisse angewandt zu werden, wohl gesagt werden, Abel gehe unmittelbar von Adam aus, der sein Vater war; und mittelbar von Eva, die da selber aus Adam genommen worden. II. Wenn der Sohn vom Vater eine von diesem der Zahl nach verschiedene Kraft erhielte, um den heiligen Geist zu „hauchen“, somit also zwei Kräfte dazu beständen, so könnte gesagt werden, daß Er ein Werkzeug sei für das Ausgehen des heiligen Geistes; und daß dieser also dann mehr, d. h. in vollkommenerer Weise vom Vater ausginge wie vom Sohne. Aber so ist es nicht. Die „hauchende“ Kraft ist im Vater und im Sohne ein und die selbe und deshalb geht der heilige Geist gleichmäßig von beiden aus; und nur insoweit wird gesagt, Er gehe hauptsächlich oder in erster Linie vom Vater aus, weil der Sohn es vom Vater hat, daß der heilige Geist von Ihm ausgeht. III. Die Zeugung des Sohnes ist gleichewig mit dem zeugenden Princip; denn nicht war früher der Vater wie der Sohn. Und so ist auch das Ausgehen des heiligen Geistes gleichewig mit seinem Princip. Deshalb war nicht zuerst der Gezeugte, ehe der heilige Geist ausging. IV. Eine solche Umkehrung, wie der Einwurf sie an das Wörtchen „durch“ knüpfen will, kann nicht immer gemacht werden. Denn wir sagen wohl, der Künstler sei thätig durch den Hammer; nicht aber, der Hammer sei thätig durch den Künstler. Wir sagen jedoch, der Minister wirke durch den König; weil dem Minister, der da Herr seines Handelns ist, ebenfalls es zukommt, zu wirken. Dem Hammer kommt dies nicht zu; er empfängt allen Anstoß von außen. Es wird andererseits vom Minister gesagt, er wirke durch den König. Denn je mehr eine Person im Handeln früher ist, desto mehr tritt die Kraft, vermittelst deren sie handelt, in die Wirkung ein; insofern die Kraft der ersten Ursache in einem Seinskreise die zweite Ursache erst mit der Wirkung verbindet, wie hier die Kraft und Autorität des Königs den Minister mit der Wirkung verknüpft. So werden auch die ersten Principien in den Beweisen unmittelbare genannt. So also, inwieweit die Person des Ministers zwischen der Person des Königs steht und der einzelnen Wirkung, wird vom Könige gesagt, er wirke durch den Minister Inwieweit aber die Kraft, vermittelst deren die Wirkung geschieht, in Betracht kommt, wirkt der Minister durch den König; denn die königliche Kraft ist unmittelbarer für die Wirkung. Im Vater und Sohn ist aber ein und dieselbe Kraft; also kann nicht gesagt werden der heilige Geist gehe aus vom Sohne durch den Vater. Es ist da nur eine Ordnung in den Personen und da kann gesagt werden: der heilige Geist gehe aus vom Vater durch den Sohn.
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