Zweiter Artikel. Die Liebe zwischen Vater und Sohn und ihr Verhältnis zum heiligen Geiste.
a) Es scheint, daß Vater und Sohn Sich nicht durch den heiligen Geist lieben. Denn: I. Augustinus beweist (7. de Trin. c.), daß der Vater nicht weise ist durch die gezeugte Weisheit. Sowie aber der Sohn weise ist durch die gezeugte Weisheit; so ist der heilige Geist als Liebe ausgehend. Vater und Sohn also lieben Sich nicht durch den heiligen Geist. C. II. In dem Satze: „Vater und Sohn lieben Sich durch den heiligen Geist,“ wird das Wort „lieben“ entweder vom Wesen ausgesagt oder von der Person. Im ersten Falle ist der Satz nicht wahr; denn es könnte sonst ebensogut gesagt werden, „der Vater erkennt durch den Sohn.“ Desgleichen ist der Satz im zweiten Falle falsch; denn ebensogut könnte gesagt werden, daß der Vater und der Sohn durch den heiligen Geist „hauchen“ oder daß der Vater durch den Sohn „zeugt“. Der Satz ist also in keiner Weise wahr. CI. III. Mit der gleichen Liebe liebt der Vater den Sohn und Sich und uns. Der Vater aber liebt Sich selbst ebensowenig durch den heiligen Geist, we Er Sich „zeugt“ oder Sich „haucht“. Desgleichen scheint die Liebe, womit der Vater uns liebt, nicht der heilige Geist zu sein; denn in dieser Liebe ist die Beziehung zu den Kreaturen eingeschlossen und somit gehört sie nicht der Person, nicht dem heiligen Geiste an, sondern dem Wesen Gottes. Auf der anderen Seite sagt Augustin (6. de Trin. c. 5.): „Der heilige Geist ist es, durch welchen der „Gezeugte vom Zeugenden“ geliebt wird und seinen Erzeuger liebt.“ CV.
b) Ich antworte; in diesem Satze: „der Vater und der Sohn lieben Sich durch den heiligen Geist“, entsteht daraus die Schwierigkeit, daß das Wörtchen „durch“ oder überhaupt der Ablativ immer die Beziehung des Verursachenden einschließt und somit aus einem solchen Satze folgen würde, daß der heilige Geist für den Vater und den Sohn das Princip des Liebens sei, was durchaus unmöglich ist. Deshalb haben einige den genannten Satz verworfen und meinen, Augustin habe stillschweigend denselben zurückgezogen, als er diesen anderen zurückzog (I. Retract. cap. 26.): „Der Vater ist weise durch die gezeugte Weisheit.“ Andere nehmen an, die Ausdrucksweise sei eine uneigentliche und wolle sagen, der Vater und der Sohn lieben sich kraft der Liebe, die vom göttlichen Wesen ausgesagt wird; und der Satz habe sonach Bezug auf den heiligen Geist, nur insoweit die Liebe, welche dem Wesen Gottes zuommt, eine besondere Übereinstimmung hat mit der Eigenheit des heiligen Geistes. Wieder andere wollen, der Ablativ oder das „durch“ sei hier nur als Zeichen gesetzt, so daß der Sinn wäre: Der heilige Geist ist das Zeichen, daß der Vater den Sohn liebt, insoweit Er von ihnen als Liebe ausgeht. Noch andere behaupten, der Ablativ drücke hier die Beziehung der Formalursache aus; weil der heilige Geist die Liebe ist, wodurch Vater und Sohn von ihrem Innern aus aufeinander bezogen werden und sonach einander lieben. Endlich sagen noch einige, der Ablativ, Spiritu sancto, bezeichne hier eine formale Wirkung; und diese sind der Wahrheit näher. Deshalb muß man wohl berücksichtigen, daß ein Ding für gewöhnlich von seinen Formen, also von dem Wesen oder den Eigenschaften her, benannt wird, wie der Mensch vom Wesen Mensch“ und das Weiße von der Eigenschaft „weiß“ den Namen hat. Alles sonach, wovon etwas den Namen hat, das besitzt insoweit den Charakter einer solchen Form. So würde ich z.B. sagen: Dieser ist mit einem Gewand (vestimento) bekleidet; und dieser Ablativ „mit dem Gewande“ würde den Charakter einer Formalursache haben; wenn es sich auch um eine wahre Form oder Eigenschaft nicht handelte. Nun trifft es sich aber, daß etwas nach dem, was von ihm ausgeht, nicht allein wie der Wirkende nach seiner Thätigkeit, sondern auch wie durch die erhaltene Wirkung dieser Thätigkeit benannt wird; wenn nämlich eine solche Wirkung im einfachen Verständnisse der betreffenden Thätigkeit mit eingeschlossen ist. So nämlich sagen wir z. B., „das Feuer macht warm durch die Erwärmung, wie etwa durch das erwärmte Zimmer;“ da ist das „Erwärmte“, die „Erwärmung“ nicht die Wärme selber als Form des Feuers sondern was von dem Erwärmen als der Thätigkeit des Feuers ausgeht. Und ähnlich sagen wir: „Der Baum blühe von Blüten;“ obgleich die Blüten nur eine Wirkung sind, welche von der Wesensform des Baumes ausgeht. . . Danach muß gesagt werden, das „Lieben“ bezeichne in Gott das Wesen oder die Person. Wird es als Bezeichnung des Wesens genommen, so lieben sich Vater und Sohn nicht durch den heiligen Geist, sondern durch ihr Wesen. Deßhalb sagt Augustin (15. de Trin. 7.): „Wer wagt zu sagen, der Vater liebe nicht Sich, nicht den Sohn und nicht den heiligen Geist außerdurch den heiligen Geist?“ Und nach dieser Richtung hin wollen die erstgenannten Meinungen den Ausdruck erklären. Wird aber „lieben“ als Bezeichnung der Person genommen, so heißt es nichts Anderes als „Liebe hauchen“; wie CX. „sprechen“ heißt „das Wort erzeugen“ und blühen, Blüten hervorbringen. Wie also von einem Baume gesagt wird, er blühe von lauter Blüten, so wird vom Vater gesagt, Er „spreche durch das Wort oder den Sohn Sich und die Kreaturen“; und so wird ausgesagt, der Vater und der Sohn lieben sich durch den heiligen Geist oder die von ihnen ausgehende Liebe Sich und die Kreaturen.
c) I. Weise sein und Erkennen wird in Gott nur als dem Wesen zugehörig ausgesagt. Also ist es unwahr zu sagen, der Vater sei weise durch den Sohn. Lieben aber wird ausgesagt vom Wesen Gottes und von der Person des heiligen Geistes; und im letzteren Sinne gilt der betreffende Satz. II. Wenn in der Natur einer Thätigkeit dem Verständnisse nach die entsprechende Wirkung eingeschlossen ist; dann kann danach das Princip der Thätigkeit benannt werden, wie wir sagen, der Baum blühe von Blüten oder blühe durch Blühen. Ist aber die Wirkung im Verständnisse der Ursache nicht eingeschlossen, dann kann von der Wirkung her keine Benennung stattfinden, sondern nur von der Form her, dem Wesen nämlich und den Eigenschaften; oder von der Thätigkeit her. Denn nicht sagen wir, der Baum bringt die Blüte durch die Blüte hervor, sondern durch Hervorbringung der Blüte. Darin aber, daß ich sage „Er haucht“ oder „Er zeugt“ ist nur der persönliche Alt eingeschlossen; nicht aber die Wirkung. Und somit können wir nicht sagen, der Vater „haucht“ durch den heiligen Geist; oder: „Er zeugt durch den Sohn.“ Wir können aber sagen: Der Vater spricht durch das Wort wie durch die von Ihm ausgehende Person;— und: der Vater spricht durch das Sprechen als dem seiner Eigenheit entsprechenden (notionalen) Alt. Denn ,,Sprechen“ schließt eine bestimmte Person, die dadurch gerade ausgeht, in sich ein; da „Sprechen“ nichts Anderes ist, wie „das Wort hervorbringen“. Und ähnlich ist „lieben“ nichts Anderes, insoweit es als persönliche Aussage aufgefaßt wird, wie „Liebe hervorbringen“. Und demgemäß kann gesagt werden, der Vater liebe den Sohn durch den heiligen Geist als durch die ausgehende Person; und der Vater liebe den Sohn durch die Liebe selbst wie durch den der Eigenheit entsprechenden (notionalen) Alt. III. Der Vater liebt nicht nur den Sohn, sondern auch Sich und uns durch den heiligen Geist; weil „lieben“, als persönliches Prädikat aufgefaßt, nicht allein das „Hauchen“ der göttlichen Person einschließt; sondern auch die nach Weise der Liebe ausgehende Person, welche Beziehung hat zur geliebten Sache. Wie sonach der Vater dadurch daß Er das Wort erzeugt, Sich selber spricht und alle Kreatur, insofern das gezeugte Wort den Vater und alle Kreatur darstellt; so liebt Er auch Sich und alle Kreatur durch den heiligen Geist, insoweit der heilige Geist ausgeht als Liebe der Urgüte, gemäß welcher der Vater Sich liebt und alle Kreatur. Und demnach erhellt auch, daß die Beziehung zur Kreatur sowohl im Worte wie in der Liebe, insoweit beide „ausgehen“, erst in zweiter Linie eingeschlossen ist; unter der Voraussetzung und insoweit nämlich, als die göttliche Wahrheit und Güte das Princip dafür ist, alle Kreatur zu erkennen und zu lieben.
