Erster Artikel. Der Name „Liebe“ ist eigen dem heiligen Geiste.
a) Dagegen spricht: I. Augustinus, der (15. de Trin. 17.): „Ich wüßte nicht warum, wie der Vater und der Sohn und der heilige Geist Weisheit genannt wird und die heiligen Personen alle zugleich nicht dreifache Weisheit ist, sondern eine einige“; warum nicht ebenso der Vater und der Sohn und der heilige Geist Liebe genannt werden sollen und zwar nicht, alle drei zusammen eine dreifache Liebe, sondern eine einige.“ Kein Name aber, der von einer jeden der einzelnen Personen ausgesagt wird und von allen zusammen in der Einzahl, ist ein Name, der nur einer Person als Eigenname entspräche. Also ist dieser Name „Liebe“ kein Eigenname, für dm heillgen Geist. II. Der heilige Geist ist eine für sich bestehende Person. Die Liebe aber drückt der Natur ihrer Bedeutung nach vielmehr eine Thätigkeit aus, die vom Liebenden aus auf den geliebten Gegenstand geht. Also ist der Name „Liebe“ nicht dem heiligen Geiste eigen. III. Die Liebe ist das Band für Liebende, weil sie nach Dionysius (de div. nom. 4.) als eine „gewisse einigende Kraft“ bezeichnet werden muß. Das Band aber steht in der Mitte zwischen den Dingen, die es verbindet; ist sonach nicht etwas von ihnen Ausgehendes. Da also der heilige Geist vom Vater und Sohne ausgeht, so darf Er nicht als „Liebe“ in persönlich gebrauchtem Sinne betrachtet werden. IV. Zu jedem Liebenden gehört irgend welche Liebe. Da aber der heilige Geist liebend ist, so gehört Ihm eine gewisse Liebe an. Also wird da eine Liebe der Liebe, ein Geist des Geistes sein bis ins Endlose. Auf der anderen Seite sagt Gregor der Große (hom. 3O.in Evg.): „Der heilige Geist selber ist die Liebe.“
b) Ich antworte, daß der Name „Liebe“ auf das Wesen Gottes bezogen werden kann und auf eine Person. Wird er nun persönlich genommen, so eignet er dem heiligen Geiste zu. Zur Klarstellung dieser Behauptung ist zu berücksichtigen, daß in Gott zwei Arten „Ausgehen“ sind: die eine nach Weise der Vernunft, die andere nach Weise des Willens und dieses letztere ist die „Liebe“. Da nun aber die erstere uns bekannter ist, so sind zur Bezeichnung der Einzelheiten, die da in Erwägung kommen, eigene Namen gefunden worden, welche kraft der Natur ihrer Bedeutung bezeichnen. Dies hat nicht statt bei dem „Ausgehen“ vom Willen. Da bedienen wir uns mannigfacher Umschreibungen, sowohl um die „ausgehende“ Person zu bezeichnen, als auch um die diesbezügliche Relation entsprechend auszudrücken. Wir nennen dies „Ausgehen“, „Hauchen“, wie dies Kap. 27, Art. 4 erklärt worden ist. Diese Bezeichnungen aber drücken gemäß der Natur ihrer Bedeutung mehr den Ursprung aus wie den Charakter der Relation. Und doch müssen wir für das eine wie für das andere „Ausgehen“ ähnliche Betrachtungen anstellen. Denn sowie daraus daß jemand etwas versteht, eine gewisse Auffassung der verstandenen Sache im Verstehenden vom Erkenntnisvermögen aus hervorgeht und wie diese Auffassung „Wort“ genannt wird; so geht daraus, daß jemand etwas liebt, im Liebenden ein gewisser Eindruck des geliebten Gegenstandes in der Willensneigung des Liebenden hervor, gemäß welchem Eindrucke gesagt wird, der geliebte Gegenstand sei im Liebenden, wie auch der erkannte Gegenstand durch das Wort im Erkennenden ist. Liebt und begreift nun jemand erkennend Sich selbst, so besteht er in und für sich selber nicht nur deshalb, weil sein Sein, oder weil er selber mit sich identisch ist, sondern auch insofern er als erkannter Gegenstand in sich als einem Erkennenden ist und insofern er als geliebter Gegenstand in sich als einem Liebenden ist. Von feiten der Vernunft nun sind Namen gefunden worden, um die Beziehung des Erkennenden zum Erkannten zu bezeichnen; wie z. B. einsehen, verstehen, erkennen; — und andere Namen sind vorhanden, welche ihrer Natur nach das Hervorgehen der geistigen Auffassung, des „Wortes“ ausdrücken; wie „sprechen“, „Wort“ etc. Sonach wird in Gott das Erkennen oder Einsehen, weil es keine Beziehung ausdrückt zwischen dem Princip des „Wortes“ und dem „Worte“, nur vom Wesen allein ausgesagt. „Wort“ aber wird in persönlicher Bedeutung gebraucht; weil es das bezeichnet, was aus- oder hervorgeht. „Sprechen“ wird vom bekanntmachenden Begriffe, von der Notion, gebraucht, weil es die Beziehung einschließt zwischen dem Princip des „Wortes“ und dem „Worte“ selber. Für alle Einzelheiten sind da naturgemäße Bezeichnungen vorhanden. Von seiten des Willens aber besteht nur der Ausdruck „lieben“, der die Beziehung des Liebenden zum geliebten Gegenstande kennzeichnet. Besondere Namen, welche etwa bezeichnen die Beziehung des vom geliebten Gegenstande im Liebenden gemachten Eindruckes oder der speciell entsprechenden Neigung, welche im Liebenden deshalb hervorgeht, weil er liebt, zum Princip, von dem sie ausgeht; oder umgekehrt, welche die Beziehung bezeichnen vom Princip aus zu diesem Eindrucke oder zu dieser Neigung; — solche besondere Namen existieren nicht. Und deshalb wenden wir auf all dies den Ausdruck „Liebe“ an; wie wenn wir etwa das „Wort“ nennen würden das „aufgefaßte Verstehen“ oder „die gezeugte Weisheit“. So nun also wird, insoweit darin nicht die Beziehung des Liebenden zum geliebten Gegenstande ausgedrückt werden soll, der Name „Liebe“ vom Wesen Gottes gebraucht, gleichwie Erkennen, Verständnis. Wollen wir aber mit diesem Worte die Beziehung aubdrücken, welche besteht zwischen dem, was nach Weise der Liebe ausgeht, und seinem Princip und umgekehrt; so zwar, daß unter „Liebe“ verstanden wird die „ausgehende“ Liebe und unter „Lieben“ verstanden wird „Hauchen, die ausgehende Liebe“; so ist „Liebe“ der Name für die Person und „Lieben“ ist das den entsprechenden dem Bekanntmachen dienenden Begriff bezeichnende Wort, wie „zeugen“ oder „sprechen“.
c) I. Augustin spricht von der Liebe, wie sie dem Wesen Gottes zugeeignet wird. II. Erkennen, Wollen, Lieben sind Thätigkeiten, welche im Thatigseienden bleiben; so aber daß sie in letzterem die Beziehung zu einem Gegenstande einschließen. Sonach ist die Liebe etwas, was im Liebenden bleibt und seine Vollendung ist; sowie das „Wort“ etwas ist, was im Erkennenden, im „Sprechenden“ bleibt und ebenfalls seine Vollendung ist. Bei beiden Thätigkeiten aber besteht noch eine Beziehung zu der vom Worte ausgedrückten oder zur geliebten Sache. Zu Gott aber ist das „Wort“ oder die „Liebe“ noch weit mehr. Denn beides besteht in Ihm für sich; es ist da also keinerlei Beziehung mehr zu etwas Äußerlichem. Wenn demgemäß gesagt wird, daß der heilige Geist die Liebe des Vaters ist zum Sohne hin oder zu etwas Anderem, so wird damit nichts bezeichnet, was in ein anderes Sein übergeht; sondern allein die Beziehung zur geliebten Sache, gleichwie im Worte eingeschlossen ist die Beziehung zu dem durch das Wort ausgedrückten Sein. III. Der heilige Geist wird, insoweit Er Liebe ist, als das Band zwischen Vater und Sohn bezeichnet. Denn der Vater liebt mit seiner einigen Liebe Sich und den Sohn; und so ist auch das Umgekehrte der Fall. Also schließt der heilige Geist als Liebe in Sich ein die Beziehung zwischen Vater und Sohn und umgekehrt des Liebenden zum geliebten Gegenstande. Dadurch aber eben daß der Vater und der Sohn sich wechselseitig lieben, ist es bedingt, daß die wechselseitige Liebe, die der heilige Geist ist, von einem jeden der beiden ausgeht. Dem Ursprünge nach also ist der heilige Geist die dritte Person in Gott; der eben erwähnten Beziehung nach ist Er das vermittelnde Band beider, von beiden ausgehend. IV. Der „Sohn“ erkennt wohl, aber von Ihm geht kein „Wort“ aus; weil Ihm das Erkennen nur zukommt als dem hervorgehenden Worte und nicht anders. Ebenso liebt der heilige Geist als hervorgehende Liebe, nicht als Liebe, von welcher Liebe hervorgeht.
