Vierter Artikel. Auch durch das „zuwenig“ oder durch Mangel kann man mit Rücksicht auf das Spiel sündigen.
a) Das scheint nicht. Denn: I. Keine Sünde wird dem Büßer aufgelegt. Augustin aber sagt (de vera et falsa poenit. 15.): „Der büßende soll sich der Spiele und der weltlichen Schaustücke enthalten, wenn er die Gnade vollkommenen Nachlasses erlangen will.“ II. Keine Sünde empfiehlt die Heiligen. Jerem. 15. aber heißt es: „Ich nahm nicht teil an der Versammlung der spielenden;“ und Job 3.: „Niemals habe ich mich unter die spielenden gemengt.“ Also ist im gänzlichen Enthalten vom Spielen keine Sünde. III. Andronicus bestimmt die Tugend der Strenge dahin, daß der betreffende weder angenehme, ergötzliche Unterhaltung bietet noch solche annimmt. Also ist der Mangel im Spielen vielmehr eine Tugend. Auf der anderen Seite steht Aristoteles 2 ethic. 7.
b) Ich antworte, Alles, was gegen die Vernunft im Menschen ist, sei fehlerhaft. Gegen die Vernunft aber ist es, daß jemand den anderen zur Last fällt, indem er nichts Angenehmes bietet und die angenehme Unterhaltung der anderen hindert. Deshalb sagt Seneca (de 4 virt.): „Benimm dich in aller Weisheit, daß dich niemand für rauh und schroff halte, und niemand dich verachte.“ Solche aber, die ganz des Spiels ermangeln, bieten den anderen nichts Angenehmes dar und sind ihnen lästig, weil sie deren maßvolle Spiele nicht mit Wohlgefallen betrachten. Und deshalb sind sie fehlerhaft. Aristoteles nennt sie schroff und roh. Weil nun das Spiel nur nützlich ist, insofern es Erholung und Ruhe gewährt; diese aber nicht an und für sich gesucht werden, sondern um von neuem frisch thätig zu sein, deshalb ist (10 Ethic. 6.) das „zuwenig“ im Spielen nicht so fehlerhaft wie das „zuviel“. Deshalb sagt (9 Ethic. 10.) Aristoteles: „Wenige Freunde muß man haben, um sich mit ihnen zu vergnügen. Denn ein wenig Vergnügen ist genügend für das Leben, ist wie etwa eine Würze desselben; genügt ja doch auch wenig Salz für die Speise.“
c) I. Daß die büßenden nicht spielen sollen, ist nicht fehlerhaft; denn eben gemäß der Vernunft, als Sündenstrafe, wird ihnen die Freude des Spielens untersagt. II. Jeremias spricht von der Trauer jener Zeit, wo das Spielen nicht hinpaßte; deshalb fügt er hinzu: „Allein saß ich, denn mit Bitterkeit hast du mich erfüllt.“ Tob. 3. gehört zum Übermaße im Spielen; denn es folgt: „Mit denen, die im Leichtsinne einhergehen, bin ich nicht gewandelt.“ III. Die Strenge als Tugend schließt nur die überflüssigen Ergötzungen aus; deshalb gehört sie zur Tugend der Freundschaft oder zur Eutrapelie. Andronicus definiert sie hier, insoweit sie mit der Mäßigkeit übereinkommt im Zügeln der Ergötzlichkeiten.
