Dritter Artikel. Im Übermaße des Spielens ist Sünde.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Das Spiel entschuldigt sogar von Sünde. Vieles nämlich, was Sünde sein würde, wenn es im Ernste geschähe; ist keine Sünde, insofern es nur Scherz war. Also ist Spielen niemals Sünde. II. Das Übermaß im Spielen läßt sich nicht wie alle Sünden auf eine Hauptsünde als den Quell zurückführen. Also ist es keine Sünde. III. Die Schauspieler scheinen am ersten an einem Übermaße im Spielen zu leiden, da ihr ganzes Leben da seinen Zweck hat. Also wären sie alle im Stande der schweren Sünde; und ebenso jene, die ihnen etwas geben, denn sie wären die Begünstiger solcher Sünde. Das scheint aber falsch; wird ja doch (vit. Patrum 1. 2, cap. 16.) erzählt, wie dem seligen Paphnutius vom Himmel aus offenbart worden sei, ein solcher Schauspieler werde sein Genosse in der ewigen Seligkeit sein. Auf der anderen Seite sagt zu Prov. 14.: „Das Lachen wird mit Weinen sich mischen, und das Ende der Freude ist die Trauer“ die Glosse: „ewige Trauer.“ Also ist im Übermaße von Lachen und Scherzen Todsünde.
b) Ich antworte, das Übermaß im Spielen könne wie in allen anderen durch die Regel der Vernunft lenkbaren Gegenständen darin sein, daß das Spielen die Regel der Vernunft durch das „zuviel“ überschreitet. Dies kann nun 1. stattfinden mit Rücksicht auf den Gegenstand des Spieles, wenn, wie oben Cicero sagte, man schmutzige etc. Worte zum Scherzen benützt oder Werke, die zum Nachteile des Nächsten gereichen; danach ist das Übermaß im Spiele Todsünde; — 2. kann ein solches Übermaß angenommen werden mit Rücksicht auf den Mangel der gebührenden Umstände, wenn man spielt, wann, wo und wie es sich nicht paßt. Dies kann manchmal Todsünde sein wegen der heftigen Neigung zum Spiel, welche jemand der Liebe Gottes vorzieht, so daß er auch gegen das Gebot Gottes oder der Kirche des Spieles pflegt. Todsünde ist solches Spielen in dem Falle nicht, wenn jemand nicht so heftig zum Spielen hingeneigt ist, daß er etwas gegen Gott begehen möchte.
c) I. Manche Sünden sind solche wegen der Absicht allein, wie wenn jemand einem anderen schaden will. Diese Absicht wird nun vom Spiele ausgeschlossen, dessen Zweck ja ist, sich zu ergötzen; und nicht, jemanden zu beleidigen. Also insoweit entschuldigt das Spiel solche Sünden oder vermindert dieselben. Andere Sünden aber sind solche ihrer ganzen Wesensgattung nach, wie Unkeuschheit, Mord; und solche Sünden entschuldigt das Spiel nicht, sondern daraus wird das Spiel selber ein schändliches und schmutziges. II. Übermaß im Spiel ist läppische Freude, also ein Kind der Gaumenlust, nach Exod. 32.: „Es aß das Volk und trank und es erhob sich, um zu spielen.“ III. Das Spiel ist notwendig für den menschlichen Verkehr. Zu allem Derartigen aber können bestimmte Personen dienen, deren entsprechendes Amt ein solches Notwendige zum Gegenstande hat. Der Stand der Schauspieler also, welcher dazu dient, den Menschen eine Erholung zu bieten, ist an sich kein unerlaubter. Solche Personen sind somit auch nicht im Stande der Sünde, insofern sie mit nichts Schmutzigem in Worten und Werken sich beim Spiele befassen und die Umstände des Ortes, der Zeit etc. gebührend einhalten. Nun haben sie zwar mit Rücksicht auf die anderen gemäß ihrem Stande nichts Anderes zu thun als zu spielen; jedoch mit Rücksicht auf ihre eigene Person können sie in ernster und tugendhafter Weise thätig sein, z. B. wenn sie beten, ihre Leidenschaften zügeln, Almosen geben etc. Die also ihnen in maßvoller Weise geben, sündigen nicht; sondern thun nur was gerecht ist, sie gewähren nämlich einen Lohn für die aufgewendete Mühe. Nur wenn sie im Überflusse Schauspielern das Ihrige geben oder dieselben in unerlaubten Spielen unterstützen, dann sündigen sie ebenfalls. Darum sagt Augustin (100. in Joan.): „Seinen Besitz den Schauspielern geben ist nicht Tugend, sondern ein schmähliches Laster.“
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