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Werke Thomas von Aquin (1225-1274) Summa Theologiae Summe der Theologie
Tertia Pars
Quaestio 29

Zweiter Artikel. Zwischen Joseph und Maria bestand eine wahre Ehe.

a) Dies wird bestritten. Denn: I. Hieronymus schreibt (cont. Helv. 2.): „Joseph war vielmehr der
Hüter wie der Mann Marias.“ II. Zu Matth. 1. (Jacob. genuit) schreibt der nämliche: „Wenn du
den Namen Mann hörst, so denke nicht an eine Heirat; verlobte werden
von der Schrift oft Eheleute genannt.“ III. Matth. 1, 19. wird gelesen, Joseph wollte Maria heimlich entlassen, nämlich die Hochzeit aufschieben, wie Remigius erklärt. Also war
noch keine wahre Ehe geschlossen worden. Auf der anderen Seite schreibt Augustin (2. de cons. Evang.): „Es war nicht statthaft für den Evangelisten, deshalb etwa den heiligen Joseph nicht als den Mann Marias bezeichnen zu wollen, weil Maria als Jungfrau Christum geboren hat. Denn dadurch wird den Eheleuten ein überaus hohes Beispiel gegeben, daß, wenn sie auch infolge gegenseitiger Zustimmung sich enthalten, dennoch eine wahre und wirkliche Ehe bestehen bleibe; die geschlechtliche Verbindung wird dazu nicht erfordert.“

b) Ich antworte, eine Ehe werde deshalb als eine wahre bezeichnet, weil sie ihre Vollendung erreicht. Nun besteht für jegliches Ding eine doppelte Vollendung: Die erste ist jene, wodurch das Ding auf Grund seiner Wesensform auf die entsprechende Gattungsstufe gestellt wird, also z. B. Stein ist und nicht Pflanze; — die zweite ist jene, welche im Thätigsein oder in dem der Wesensform entsprechenden Wirken besteht; wodurch nämlich das betreffende Ding seinen Zweck erreicht. Die Wesensform der Ehe nun besteht darin, daß untrennbar zwei verbunden sind und jeder der beiden gehalten ist, dem anderen Teile Treue zu bewahren. Der Zweck der Ehe aber ist zuerst die Erzeugung und dann die Erziehung von Nachkommenschaft. Zum Ersteren gelangt man durch das geschlechtliche Zusammenleben; zum Zweiten durch andere Thätigkeiten, in denen Mann und Frau sich behufs der Erziehung der Nachkommenschaft einigen. Danach nun war, was den erstgenannten Punkt betrifft, die Ehe zwischen Maria und Joseph eine wahre und wirkliche. Denn jeder von beiden Teilen stimmte bei zu der unauflöslichen Verbindung, wenn auch nicht ausdrücklich zum geschlechtlichen Zusammenleben; sondern da nur unter der Bedingung, wenn dies Gott gefalle. Deshalb nennt der Engel Maria die Frau des Joseph: „Fürchte nicht, anzunehmen Maria, Deine Frau“ (Matth. 1, 20.), wozu Augustin (1. de nupt. et conc. 2.) bemerkt: „Frau wird sie genannt auf Grund der Treue in der ehelichen Verlobung; obgleich er sie weder geschlechtlich erkannt hatte noch erkennen sollte.“ Mit Rücksicht aber auf den zweiten Punkt war diese Ehe nicht vollendet durch die fleischliche Vermischung. Deshalb sagt Ambrosius (l. c.): „Es stoße dichnicht, daß häufig die Schrift von Maria als von der Frau des Joseph spricht; denn nicht wird dadurch der Verlust der Jungfrauschaft erklärt, sondern ein Zeugnis für die Wahrhaftigkeit dieser Ehe abgegeben.“ Mit Rücksicht aber auf die Erziehung hatte diese Ehe ebenfalls ihre Vollendung. Deshalb sagt Augustin (l. c.): „Alles, was die Ehe an Gutem hat, ist hier erfüllt: die Treue, der Sproß, das Sakrament: Der Sprosse ist Jesus selbst; die Treue, weil keiner von beiden Teilen einen Ehebruch begangen hat; das Sakrament, weil keinerlei Trennung da vorkam. Nur das ehelich fleischliche Zusammenleben war da nicht.“

c) I. Hieronymus nimmt hier „Mann“ im Sinne des vollendeten fleischlichen Zusammenlebens. II. Ebenso. III. Darauf antwortet Chrysostomus (hom. 1. in op. imp.): „Die seligste Jungfrau war in der Weise verlobt, daß sie auch im selben Hause wohnte. Denn wie, sobald die Frau im Hause des Mannes empfängt, dies als Folge des ehelichen Zusammenlebens gilt; so gilt es als verdächtig, wenn sie außerhalb des Hauses empfängt.“ Also wäre für den guten Ruf Marias nicht hinreichend gesorgt gewesen, wenn sie nicht mit Joseph im selben Hause gewohnt hätte. Somit ist der Ausdruck, „da er sie nicht bloßstellen wollte,“ mehr davon zu verstehen, daß er sie nicht in das öffentliche Gerede bringen als dahin, daß er sie veranlassen wollte, das Haus zu verlassen. Deshalb fügt der Evangelist hinzu: „Er wollte sie heimlich entlassen.“ Obgleich jedoch sie beide zusammenlebten, weil die eheliche Verlobung schon geschehen war; so war doch noch nicht feierlich die Hochzeit gefeiert worden und ein geschlechtliches Zusammenleben noch nicht gestattet. Darum sagt Chrysostomus (4. in Matth.): „Der Evangelist sagt nicht: Bevor sie in das Haus des verlobten geführt wurde; denn da war sie schon. Die Gewohnheit nämlich bestand bei den Alten, daß die verlobten Bräute in den Häusern ihres Bräutigams wohnten.“ Und deshalb sagt auch der Engel zu Joseph: „Fürchte nicht, Maria Deine Frau bei Dir zu behalten;“ d. h. die feierliche Hochzeit mit ihr zu feiern. Andere jedoch sagen, sie hätten noch nicht im Hause zusammengewohnt. Jedoch das Erste entspricht besser dem Evangelium.

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