Vierter Artikel. Die Zeit, welche Christus im Grabe zugebracht.
a) Christus war nicht bloß einen Tag und zwei Nächte im Grabe. Denn: I. Matth. 12. sagt Er selbst: „Wie Jonas war im Bauche des Fisches drei Tage und drei Nächte, so wird der Menschensohn sein im Herzen der Erde drei Tage und drei Nächte.“ II. Gregor sagt (hom. pasch. 21. in Evgl.): „Wie in der Mitternacht Samson die Thore Gazas davontrug, so hat Christus in der Mitternacht die Thore der Hölle davongetragen, indem Er auferstand.“ Also war Er nicht zwei ganze Nächte im Grabe. III. Durch den Tod Christi hat das Licht Gewalt bekommen über die Finsternisse. Also hätte Christus zwei Tage vielmehr im Grabe bleiben sollen und eine Nacht. Auf der anderen Seite sagt Augustin (4. de Trin. 6): „Vom Abende des Begrabenwerdens bis zur Morgenröte der Auferstehung sind sechsunddreißig Stunden verflossen d. i. eine ganze Nacht mit einem ganzen Tage und einer ganzen Nacht.“
b) Ich antworte; die Zeit daß Jesus im Grabe blieb, stelle vor die Wirkung seines Todes. Nun sind wir durch den Tod Christi befreit worden von einem doppelten Tode: dem der Seele und dem des Leibes; und das wird bezeichnet durch die zwei Nächte, die Er im Grabe zubrachte. Sein Tod selber, der nicht aus der Sünde, sondern aus der heiligen Liebe kam, hat nicht den Charakter der Nacht, sondern des Tages; und dies wird bezeichnet durch den ganzen Tag, den Er im Grabe zubrachte.
c) I. Augustin sagt (3. de cons. EvgI.): „Manche, welche die Redeweise der Schrift nicht verstehen, wollten als Nacht anrechnen jene drei Stunden, in denen „Finsternisse waren über der ganzen Erde;“ und als Tag rechnen sie jene anderen drei Stunden, in welchen der Herr nach seinem Tode am Kreuze hing, wo das Licht wieder leuchtete bis zum Sonnenuntergange. Darauf käme die Nacht des folgenden Sabbath und wenn mit dieser der Tag des Sabbath gezählt wird, so wären zwei Tage und zwei Nächte. Dann folgt die Nacht des folgenden Sonntags, in welcher der Herr auferstand. Es werden sich auch da noch immer nicht drei Tage und drei Nächte ergeben. Es bleibt also übrig, daß wir auf die Redeweise der Schrift achten, wonach unter dem Teile das Ganze verstanden wird.“ Und so würde der erste Tag sein (wenn wir Tag und Nacht im natürlichen Verständnisse als einen Tag nehmen) der letzte Teil des Freitag; der zweite Tag ist ganz mit vierundzwanzig Stunden von Tag und Nacht; und die folgende Nacht gehört zum dritten Tage. „Denn wie die ersten Tage wegen des zukünftigen Abfallens des Menschen vom Lichte, vom Tage aus gerechnet werden bis zur Nacht hin; so fangen diese an, von der Finsternis aus gerechnet zu werden und enden im Tage, im Lichte“ (Aug. 4. de Trin. 6.). II. Nach Augustin (l. c.) stand Christus bei der ersten Morgenröte auf, wo etwas Licht erscheint und doch noch viel Finsternis von der Nacht her übrig bleibt. Daher heißt es Joh. 20. von den Frauen: „Als noch Finsternis war, kamen sie zum Grabe.“ Und mit Rücksicht darauf sagtGregor, Christus sei um Mitternacht auferstanden; d. h. nicht gerade in der Mitte der Nacht genau, sondern als noch es Nacht war; — denn jenes Morgengrauen kann Tag genannt werden oder auch Nacht, da es mit Beidem etwas gemein hat. III. Das Licht hat soweit vorgewaltet im Tode Christi, daß es das Dunkel zweier Nächte, nämlich unseres doppelten Todes entfernte.
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