Dritter Artikel. Christus ist der Erstling der Erstandenen.
a) Dagegen spricht Folgendes: I. Im Alten Testamente haben bereits Elias und Elisäus tote zum Leben erweckt; und Christus hat drei tote vorher auferweckt. II. Nach Matth. 27. „haben sich beim Tode Christi die Gräber geöffnet und, die da entschlafen waren, sind auferstanden.“ III. Wie Christus durch seine Auferstehung die Ursache der unsrigen ist, so ist Er durch die Fülle der Gnade in Ihm die Ursache der Gnade in uns; denn „von seiner Fülle haben wir alle empfangen“ (Joh. 1, 14.). Aber auch vor Christo hatten die Altväter bereits die Gnade. Also kamen ebenso manche früher zur Auferstehung wie Christus. Auf der anderen Seite heißt es 1. Kor. 15.: „Christus stand von den toten auf, der Erstling der entschlafenen;“ „weil Er der Zeit und der Würde nach zuerst auferstand“ (Glosse).
b) Ich antworte, in doppelter Weise fange jemand wieder zu leben an, nachdem er tot war: 1. so, daß Er thatsächlich nicht mehr tot ist; — und 2. so, daß er nicht mehr sterben kann. Und diese letztere ist die wahre Auferstehung; denn so lange jemand lebt und doch der Notwendigkeit zu sterben unterliegt, herrscht über ihn gewissermaßen immerdar der Tod, nach Röm. 8.: „Der Leib ist tot wegen der Sünde.“ Und nach dieser, der vollendeten Auferstehung ist Christus schlechthin als der erste auferstanden; denn Er erlangte zuerst unsterbliches Leben, nach Röm. 6.: „Christus, der da aufgestanden ist von den toten, stirbt nicht mehr.“ In unvollkommener, nach der erstgenannten Weise, wurden manche, auch vor Christo, zum Leben wiedererweckt; so aber, daß sie später doch starben. Sie waren Figuren, Zeichen der Auferstehung Christi.
c) I. Damit beantwortet. II. Da besteht eine doppelte Ansicht: Die einen nehmen an, diese da, die beim Tode des Heilandes auferstanden, seien nicht von neuem gestorben; denn sonst hätten sie von neuem die Qual des Todes aushalten müssen. Deshalb sagt, nach Hieronymus, der Evangelist, „sie seien ausden Gräbern gekommen nach der Auferstehung des Herrn (nicht also gleich beim Tode) nach Jerusalem in die heilige Stadt und seien vielen erschienen.“ Dem widerspricht aber Augustin (ad Evodium ep. 90.): „Ich weiß, einige meinen, diese Leiber der gerechten seien so auferstanden, daß sie nicht mehr sterben sollten und hätten somit dies bereits damals erhalten, was wir für das Ende der Zeiten für uns erhoffen. Doch wie bleibt dann damit bestehen, daß Christus der Erstling sei der entschlafenen; der erste der auferstandenen, wenn so viele Ihm vorangegangen sind? Es wird darauf erwidert, es seien wohl die Gräber geöffnet worden durch das Erdbeben beim Tode Jesu, während Er am Kreuze hing; auferstanden aber seien diese toten erst nachdem Christus auferstanden; der Evangelist fasse nur Beides zusammen. Es bleibt aber dann immer noch die folgende Schwierigkeit. Wie behauptet Petrus nicht von David, sondern von Christo, sein Fleisch habe nicht die Verwesung gesehen, da bei ihnen das Grab Davids war? Denn war in diesem Grabe nicht mehr der Leib Davids, so hatte die Anführung des heiligen Petrus nicht die mindeste beweisende Kraft … Hart aber scheint es zu sagen, David sei nicht unter jenen auferstandenen gewesen, aus dessen Samen der Herr Fleisch angenommen hatte. Schwierig wird zudem auch dies zu erklären sein, was im Hebräerbrief über die alten gerechten gesagt wird: „Damit sie nicht ohne uns die Vollendung erhielten;“ denn sie wären bereits in jener Vollendung, die uns für das Ende als Endzweck verheißen ist.“ Hieronymus scheint ebenfalls nicht ganz sicher zu sein; denn zu Matth. 27. sagt er: „Wie Lazarus auferstand, so standen viele Körper von heiligen auf, damit sie anzeigten, Christus sei auferstanden.“ In jedem Falle erscheinen die Gründe Augustins wirksamer. III. Wie Alles das, was vor Christo war, dessen Ankunft vorbereitete, so ist die Gnade die Vorbereitung für die Herrlichkeit. Deshalb mußte Alles, was in Christo sich auf die Herrlichkeit bezieht sei es der Seele (wie die selige Anschauung), sei es des Leibes (wie die Auferstehung) zuerst der Zeit nach in Christo sein wie im Urheber der Herrlichkeit. Die Gnade aber war zukömmlicherweise zuerst der Zeit nach in denen, welche auf Christum vorbereiteten.
