Zweiter Artikel. Zukömmlicherweise erstand der Herr aus dem Grabe am dritten Tage.
a) Dagegen spricht: I. Die Glieder sollen dem Haupte gleichförmig sein. Also mußte Christus am jüngsten Tage gleich uns auferstehen. II. Act. 2. sagt Petrus, unmöglich konnte der Herr festgehalten werden vom Tode. Also hätte der Herr auch nicht bis zum dritten Tage warten müssen, da Er doch bis dahin vom Tode festgehalten wurde. Sogleich mußte Er auferstehen. III. Der Tag fängt an mit Sonnenaufgang. Vorher aber war der Herr schon auferstanden; denn nach Joh. 20. kam Maria Magdalena zum Grabe, als es noch finster war, und fand den Stein bereits weggewälzt. Also stand Er nicht am dritten Tage auf. Auf der anderen Seite steht der Text des Evangeliums Matth. 20, 19.
b) Ich antworte, die Auferstehung sei notwendig gewesen zur Befestigung unseres Glaubens. Unser Glaube aber hat zum Gegenstande die Gottheit Christi und seine Menschheit. Damit also unser Glaube an seine Gottheit befestigt würde, mußte Er schnell auferstehen und nicht warten bis zum Ende der Welt. Damit aber unser Glaube an seine Menschheit nicht Schaden nehme, mußte ein gewisser Zwischenraum sein zwischen seinem Tode und seiner Auferstehung; sonst hätte man gemeint, sein Tod sei kein wahrhaftiger gewesen. Zu diesem letzten Zwecke aber genügte die im Grabe, vollbrachte Zeit, da kein Mensch so lange Zeit scheinen kann tot zu sein, ohne daß er einige Lebenszeichen von sich gebe. Zudem ist die Dreizahl die Zahl der Vollendung, weil sie Anfang, Mitte und Schluß in sich enthält (1. de colo Arist.); und es wird ferner dadurch gezeigt, daß Christus, der das Licht der Gerechtigkeit ist, durch das Licht seines Todes zwei Nächte zerstört hat: die der Sünde und der Strafe. Sodann wird dadurch bezeichnet, daß mit Christi Auferstehung die dritte Zeitepoche beginnt; denn die erste war vor dem Gesetze, die zweite unter dem Gesetze, die dritte ist die der Gnade. Endlich fängt damit der dritte Zustand der heiligen an; denn der erste war unter der Figur des Gesetzes, der zweite ist unter dem Glauben, der dritte wird sein der der Herrlichkeit.
c) I. Die Glieder und das Haupt sind mit Bezug auf die Natur gleichförmig; nicht mit Bezug auf die Kraft; — denn hervorragender ist die Kraft des Hauptes wie die der Glieder. Deshalb stand Christus bereits am dritten Tage auf, während die anderen auferstehen werden am Ende der Welt. II. „Festhalten“ will sagen: Zwang. So aber wurde Christus nie vom Tode festgehalten. Er blieb kurze Zeit im Tode, weil Er so wollte und so für unser Heil es als notwendig erachtete. III. Christus erstand von den toten beim Morgengrauen, um zu bezeichnen, daß Er uns zum Lichte der Herrlichkeit geleite; wie Er, als es Abend wurde, gestorben war, um zu bezeichnen, daß Er die Finsternisse der Sünde und der verdienten Strafe zerstöre. Es wird gesagt, Er sei am dritten Tage auferstanden, insoweit man den Tag in seiner natürlichen Bedeutung für die Dauer von Mitternacht an nimmt als die Zeit von vierundzwanzig Stunden. Deshalb sagt Augustin (4. de Trin. 6.): „Die Nacht bis zum Morgengrauen, wo des Herrn Auferstehung sich offenbarte, gehört zum dritten Tage. Denn Gott, der da sprach, daß aus der Finsternis heraus Licht werde, zeigt uns damit an, wie von der Nacht her der Tag beginnt, damit wir durch die Gnade des Neuen Bundes und durch die Teilnahme an der Auferstehung Christi hören: Ihr wäret einst Finsternis; jetzt aber seid ihr Licht im Herrn. Denn wie der erste Tag wegen des kommenden Falles des Menschen begann vom Lichte und endetemit dem Dunkel, so beginnt der neue Tag, wegen der Erneuerung des Menschen, von der Finsternis und geht voran zum Lichte.“ Wenn also der Herr auch in der Mitternacht auferstanden wäre, so könnte man sagen. Er sei am dritten Tage auferstanden; weil mit Mitternacht der Anfang des natürlichen Tages gegeben ist. Da Er aber nun beim Morgengrauen auferstand, kann man auch sagen. Er sei am dritten Tage auferstanden, wenn man „Tag“ nimmt im Gegensatze zur Nacht, nämlich soweit derselbe von der Gegenwart der Sonne her benannt wird; denn die Sonne begann bereits, die Luft zu durchleuchten. Was daher Markus sagt: „beim Aufgange der Sonne,“ ist dahin zu verstehen, daß an den äußersten Teilen des Firmaments bereits das Licht der Sonne sich zu verbreiten begann, nicht als ob die Sonne schon am Firmamente gestanden hätte. Und was Johannes sagt: „als noch Finsternis war“, gilt insoweit als „wenn der Tag beginnt, der Rest des Dunkels um so mehr sich verringert, als das Licht stark wird“ (Aug 3. de cons. Evgl. 24.).
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