Erster Artikel. Die Auferstehung ist die Ursache der Auferstehung unserer Leiber.
a) Dem ist entgegen: I. Besteht die hinreichende Ursache, so folgt notwendig die Wirkung. Ist also die Auferstehung des Herrn die hinreichende Ursache der Auferstehung unserer Leiber, so mußten bei seinem Auferstehen alle toten mit auferstehen. II. Die Gerechtigkeit Gottes ist die Ursache für die Auferstehung der toten, damit die Leiber zugleich mit den Seelen bestraft oder belohnt werden, je nachdem sie mit letzteren Gemeinschaft hatten im Verdienste oder in der Sünde (Dionys. de coel. hier. c. ult.; Dam. 4. de orth. fide 28.). Also wären die toten auferstanden, auch ohne die Auferstehung Christi; denn der göttlichen Gerechtigkeit muß genuggethan werden. III. Die Auferstehung Christi ist für die unserer Leiber nicht die Exemplarursache, weil die Auferstehung der toten Gott der Vater wirken wird, nach Joh. 5.: „Wie der Vater die toten auferweckt.“ Gott aber hat eines Exemplars oder Modells außer Sich selbst nicht notwendig, auf das Er blicke. Sie ist nicht die einwirkende Ursache. Denn eine solche wirkt vermittelst geistiger oder körperlicher Berührung. Die Auferstehung Christi aber hat keine körperliche Berührung mit den aufstehenden toten wegen der Entfernung in Zeit und Raum; sie hat keine geistige Ursache, die vermittelst Glaube und Liebe waltet, denn die Sünder werden ebenfalls auferstehen. Die Auferstehung Christi ist endlich nicht die Ursache für die unserer Leiber in der Weise des Verdienstes; denn Er war bei seiner Auferstehung nicht mehr Erdenpilger, in welchem Stande allein man bei Gott verdienen kann. Also ist sie gar nicht entsprechende Ursache. IV. Da der Tod Mangel an Leben ist, so ist Auferstehen nichts Anderes wie den Tod zerstören. Christus aber hat durch seinen Tod unseren Tod zerstört. Also sein Tod ist die Ursache unserer Auferstehung. Auf der anderen Seite sagt zu 1. Kor. 15. (Si Christus praedicatur) die Glosse: „Die Auferstehung Christi ist die wirkende Ursache für die unsrige.“
b) Ich antworte; daß „Jenes, was im Bereiche einer Seinsart an erster maßgebender Stelle steht, die Ursache ist für alles das, was nachher in dieser Seinsart steht“ (2 Metaph.). Im Bereiche des Auferstehens aber ist das Allererste die Auferstehung Christi. Also ist sie die Ursache unseres Auferstehens, wie 1. Kor. 15. es heißt: „Christus, der von den toten auferstand, ist der Erstling der entschlafenen; denn durch einen Menschen ist der Tod gekommen und durch einen Menschen kommt die Auferstehung der toten.“ Und dies ist vollauf begründet. Denn das Princip des menschlichen Lebendigwerdens ist das Wort Gottes, nach Ps. 35.: „Bei Dir ist der Quell des Lebens;“ und Joh. 5.: „Wie der Vater auferweckt die toten, so erweckt der Sohn die toten, die Er will.“ Nun ist das im Bereiche der natürlichen Ordnung der Dinge eingeschlossen, daß eine jede Ursache vorerst einwirkt in das, was ihr näher steht und vermittelst dessen wirkt sie in das Entferntere. So macht das Feuer zuerst warm die es umgebende Luft und vermittelst dieser die weiter abstehenden Körper; und Gott selbst erleuchtet vorerst die Ihm zunächststehenden Substanzen und durch diese die weiter entfernteren. Zuerst also teilt das ewige Wort unsterbliches Leben dem mit Ihm in der Person vereinigten Leibe mit und vermittelst dessen wirkt Es die Auferstehung der anderen.
c) I. Die Gerechtigkeit Gottes ist die Hauptursache der Auferstehung; die Auferstehung Christi ist Ursache in der Weise eines Werkzeuges durch die Kraft des mit ihr verbundenen Wortes, welches wirkt durch den Willen. Also ist nicht notwendig, daß sogleich die Wirkung folge, sondern gemäß dem Willen des Wortes, daß wir während dieses sterblichen, leidensvollen Lebens zuerst Ihm gleichförmig werden im Leiden und Tode und dann teilhaben an der Ähnlichkeit seiner Auferstehung. II. Die Hauptursache, hier die Gerechtigkeit Gottes, ist zwar nicht von vornherein gebunden an dieses Werkzeug gerade; aber da sie einmal vermittelst eines derartigen Werkzeuges wie der Leib Christi ist, wirken will, deshalb ist thatsächlich die Auferstehung des Leibes Christi wirkende Ursache der Auferstehung unserer Leiber. Gott freilich konnte in anderer Weise uns befreien. Da Er aber einmal bestimmt hat, es solle dies geschehen durch das Leiden und Auferstehen des Herrn, ist dieses das einwirkende Werkzeug der Hauptursache. III. Allerdings ist im eigentlichen Sinne die Auferstehung Christi nicht die Ursache für die unsrige in der Weise des Verdienstes; aber sie ist die Exemplarursache und die einwirkende. Sie ist die einwirkende als Werkzeug. Wie nämlich das Andere, was Christus in seinem Leben gethan und gelitten hat, unserem Heile dient kraft der Gottheit; so ist auch das Auferstehen Christi die Ursache des unsrigen kraft der Gottheit, der es eigen ist, tote lebendig zu machen. Diese Kraft nun als stets gegenwärtige erstreckt sich auf alle Zeiten und Orte; und solche Berührung genügt für den Charakter des Einwirkens der Auferstehung Christi. Und wie nun die Hauptursache der Auferstehung die göttliche Gerechtigkeit ist, kraft deren Christus die Gewalt hat zu richten, „weil Er der Menschensohn ist;“ deshalb erstreckt sich die Auferstehung Christi als wirkende Ursache nicht nur auf die guten, sondern auch auf die bösen. Und wie nun das Erste in einem Seinsbereiche immer das Exemplar oder Modell ist für alles Folgende, weil es in diesem Seinsbereiche das Vollkommenste ist; — deshalb ist die Auferstehung Christi als das Erste im Seinsbereiche des Auferstehens auch das Vollkommenste und somit die Exemplarursache für das Auferstehen unserer Leiber. Dies schließt aber kein Moment der Notwendigkeit ein für den Auferweckenden, der eines Modells, worauf er seinen Blick richte, nicht bedarf; sondern für die auferweckten, die einem solchen Modell gleichförmig zu werden haben. Und somit erstreckt sich die Exemplarursächlichkeit des Auferstehens Christi nur auf die guten, die „gleichförmig geworden sind dem Sohne in der Gotteskindschaft“ (Röm. 8.). IV. Gemäß dem Charakter der einwirkenden Ursache, die von der göttlichen Kraft abhängt, ist sowohl der Tod wie auch die Auferstehung Christi die Ursache der Zerstörung des Todes und der Wiedererneuerung des Lebens. Aber gemäß der Exemplarursächlichkeit ist der Tod Christi, vermöge dessen Er vom Leben schied, die Ursache der Zerstörung unseres Todes; die Auferstehung jedoch, vermöge deren Christus das unsterbliche Leben begann, ist Ursache für die Erneuerung unseres Lebens. Das Leiden Christi ist Ursache in der Weise des Verdienens.
