Vierter Artikel Einfaches Wasser ist die Materie der Taufe.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Unser Wasser hier, zumal das Meereswasser, ist nicht einfaches, reines Wasser; viel nämlich von Erdstößen ist damit vermischt. Mit solchem Wasser aber kann gültig getauft werden. Also wird nicht einfaches reines Wasser für die Taufe erfordert. II. Bei der feierlichen Spendung der Taufe wird dem Wasser Chrisma beigemischt; was jedenfalls der Reinheit des Wassers zuwider ist. III. Das aus der Seite Christi fließende Wasser war ein Zeichen der Taufe. Dieses Wasser aber war nicht rein, wie überhaupt in solcher Lage und unter solchen Umständen kein reines Wasser aus dem menschlichen Körper fließen kann; die den Körper zusammensetzenden Elemente sind da nicht thatsächlich rein, sondern können nur rein werden. IV. In Schwefelwassern und ähnlichen kann getauft werden; dies sind aber jedenfalls keine einfachen reinen Wasser. Also ist Solches für die Taufe nicht nötig. V. Rosenwasser wird aus den Rosen gewonnen, wie auch chemische Wasser aus einzelnen Körpern gewonnen werden. Mit solchen Wassern aber kann getauft werden ebensogut wie mit Regenwassern, welche aus Dämpfen heraus gewonnen werden. Also ist nicht einfach reines Wasser für die Taufe erfordert. Auf der anderen Seite ist die der Taufe eigene Materie das Wasser. Der natürlichen Gattung nach aber Wasser ist nur jenes, was man einfach Wasser nennt. Also solches Wasser ist erfordert zur Taufe.
b) Ich antworte, das Wasser könne, sei es durch die Kunst sei es durch die Natur, seine Einfachheit und Reinheit verlieren durch Mischung mit anderen Körpern oder durch Anderswerden, wie wenn es von sich aus faulig wird. Nun ist die Thätigkeit der Kunst mit Rücksicht auf die der Natur eine mehr mangelhafte. Denn letztere verleiht die substantiale Wesensform, wodurch etwas einfach das ist was es ist; während die Kunst nur etwas von außen zum bereits bestehenden Wesen Hinzutretendes herstellt, wie z. B. eine Figur am bestehenden Holze; — es sei denn, daß die Kunst die natürlich wirkende Ursache verbindet mit der entsprechend leidenden oder empfangenden, wie wenn Feuer zum brennbaren Stoffe gelegt wird, in welcher Weise von gewissen Leibern gewisse Tiere erzeugt werden dadurch daß die Leiber in Fäulnis übergehen. Welche Änderung also auch immer am Wasser durch die Kunst vorgenommen worden ist, sei es daß man es mit etwas vermischt sei es daß man ein Anderswerden desselben veranlaßt; — dadurch bleibt die Gattung des Wassers dem Sein nach unberührt. In solchem Wasser also kann getauft werden; es sei denn daß so wenig Wasser in die besagte Mischung eintritt, daß das Zusammengesetzte vielmehr etwas Anderes ist wie Wasser; wie z. B. feuchter Lehm mehr Erde ist wie Wasser; und mit Wasser vermischter Wein mehr Wein wie Wasser. Kommt aber die in Frage stehende Änderung von der Natur, so löst sie bisweilen das Sein der Gattung des Wassers auf. Das geschieht immerdann, wenn das Wasser durch die Natur ein Bestandteil der Substanz eines gemischten Körpers wird, wie z. B. das Wasser, welches durch die Natur in Weinsaft verwandelt worden, Wein ist und nicht mehr der Gattung nach Wasser. Bisweilen aber vollzieht sich kraft der Natur eine Änderung, welche nicht die Gattung auflöst. Das geschieht nun entweder durch einfaches Anderswerden, wie wenn die Sonne das Wasser wärmt; oder durch Mischung, wie wenn das Wasser im Flusse trübe wird wegen des Hinzutretens von Erdstoffen. So dürfen wir also sagen, in jedem Wasser, mag es wie auch immer mannigfachen Wandlungen oder Veränderungen unterlegen haben, könne die Taufe vollzogen werden, wenn nur es der Gattung nach wirklich Wasser bleibt. Geht aber kraft der geschehenen Änderung die Gattung verloren, so kann nicht mehr damit getauft werden
c) I. Jene Veränderung bei unseren Wassern wie auch beim Meerwasser ist keine so große, daß die Gattung des Wassers dabei verloren ginge. Damit kann also getauft werden. II. Die Beimischung von Chrisma löst nicht die Gattung „Wasser“ auf, ebensowenig wie wenn Fleisch ins Wasser geworfen wird, damit es gekocht werde; — es sei denn, des Beigemischten sei so viel, daß die Flüssigkeit mehr hat von der fremden Substanz wie vom Wasser, was aus der Dichtigkeit ersehen werden kann. Wird jedoch aus solcher zu dicht gewordenen Flüssigkeit Wasser eigens herausgepreßt, so kann damit getauft werden; wie ja auch mit dem Wasser, welches aus dem Schmutze herausgepreßt wird, getauft werden kann, jedoch nicht mit dem Kote selber. III. Jenes Wasser war nicht die Flüssigkeit des Phlegma, wie manche meinten. Damit könnte nicht getauft werden ebensowenig wie mit tierischem Blute oder mit Wein oder sonst irgend welcher Flüssigkeit einer Pflanze. Es war dies vielmehr wunderbarerweise reines Wasser, welches vom toten Leibe ausging, ebenso wie das Blut reines Blut war; damit nämlich gegen den Manichäischen Irrtum die Wahrhaftigkeit des Leibes Christi dargethan werde. Durch das Wasser, was da eines der vier Elemente ist, wurde dargethan, Christi Körper sei aus den vier Elementen zusammengesetzt gewesen; und durch das Blut, einem der vier humores, er sei den vier humores zusammengesetzt gewesen. IV. In Schwefelwassern und ähnlichen kann getauft werden. Denn solche Wasser werden nicht, weder durch die Kunst noch durch die Natur, Bestandteile einer anderen gemischten Substanz; sondern es sind dies nur einzelne Veränderungen, welche an solchen Wassern sich vollziehen, weil sie durch fremde Körper hindurchgehen und dabei Wasser bleiben ihrer Substanz nach. V. Rosenwasser ist eine Flüssigkeit, die der Substanz der Rose angehört. Mit ihm kann man sonach nicht taufen. Aus dem gleichen Grunde darf man nicht mit chemischen Wassern oder mit Wein taufen. Das Gleiche gilt nicht vom Regenwasser. Denn dieses wird zum größten Teile aus Dämpfen erzeugt, die wieder vom Wasser kommen. Sehr wenig ist darin von verdampften Flüssigkeiten anderer Gattung. Selbst diese Dämpfe aber werden durch die Kraft der Natur, die stärker ist wie die Kunst, zu wahrem Wasser, was die Kunst nicht thun kann. Sonach behält das Regenwasser keinerlei Eigenheit an sich eines Körpers von anderer Gattung, sondern ist rein Wasser; was man von Rosen und ähnlichen Wassern nicht sagen kann.
