Zwölfter Artikel Die Taufe der wahnsinnigen und ihrer Vernunft nicht mächtigen.
a) Solche dürfen nicht getauft werden. Denn: I. Zur Taufe gehört die entsprechende Absicht im Empfänger, welche bei den genannten nicht besteht. II. Nur kraft seiner Vernunft überragt der Mensch die Tiere. Die genannten Menschen aber haben thatsächlich nicht den Gebrauch der Vernunft und oft wird ein solcher, wie bei den Kindern dies der Fall ist, gar nicht mehr erwartet. Also dürfen sie nicht getauft werden. III. Mehr ist in den wahnwitzigen die Vernunft gebunden wie bei den schlafenden. Denen aber, die schlafen, pflegt man nicht die Taufe zu spenden. Auf der anderen Seite erzählt Augustin (4. de Conf. 43.) von seinem Freunde, der „in Verzweiflung fiel und so, ohne daß er es wußte, getauft ward.“ Trotzdem aber hatte die Taufe in demselben ihre wirksame Kraft. Also kann man denen, die des Gebrauches der Vernunft entbehren, manchmal die Taufe spenden.
b) Ich antworte: Manche sind in der Weise stumpfsinnig von ihrer Geburt an, daß in ihnen keinerlei Gebrauch der Vernunft erscheint; solche scheinen wie die Kinder behandelt werden zu müssen und können im Glauben der Kirche getauft werden. Andere sind in Wahnsinn erst verfallen; diese sind nach der Verfassung in der Seele zu beurteilen, die sie vor diesim Unglücke hatten. Besaßen sie vorher den Willen, die Taufe zu erhalten, so muß man sie taufen; mögen sie auch thatsächlich widersprechen. Ist in ihnen vorher ein solcher Wille nicht in Erscheinung getreten, so soll man sie nicht taufen. Andere aber mögen von der Geburt an zwar wahnsinnig sein, können jedoch lichtvolle Angenblicke haben, wo sie der Vernunft mächtig sind. Verlangen sie also das Sakrament in solch lichten Augenblicken; so kann es ihnen gespendet werden, auch wenn der Wahnsinn wieder Meister geworden ist, falls nämlich Todesgefahr droht. Sonst ist es besser zu warten, bis wieder ein lichter Augenblick kommt. Erscheint aber in diesen lichten Augenblicken bei ihnen keinerlei Spur eines Willens für den Empfang der Taufe, so dürfen sie gar nicht getauft werden. Endlich giebt es deren, die wohl keine ganz gesunde Vernunft haben, jedoch so viel nachdenken können, daß sie erkennen, was zu ihrem Heile notwendig ist und die so die Kraft des Sakramentes sich in etwa vergegenwärtigen. Und von diesen gilt dasselbe wie von denen, die bei gesundem Verstände sind; nur mit ihrem Willen dürfen sie getauft werden, nicht gegen ihren Willen.
c) I. Die seit der Geburt den Gebrauch der Vernunft nicht haben, werden getauft wie die Kinder kraft der Absicht der Kirche; sie glauben und bereuen ebenso kraft des Glaubens und der Wirksamkeit der Kirche (Art. 9.). Die anderen werden kraft der Absicht getauft, die sie hatten, als sie bei Vernunft waren. II. Nur infolge äußerlichen Gehindertseins von seiten des körperlichen Organs entbehren die wahnsinnigen des Gebrauches der Vernunft; nicht weil ihnen die vernünftige Seele fehlt wie den Tieren. III. Wenn bei den schlafenden Todesgefahr droht, können sie getauft werden, falls im wachenden Zustande in ihnen der Wille erschien, die Taufe zu empfangen; wie Augustin (l. c.) von seinem Freunde erzählt, der in Todesgefahr war und ohne sein Wissen getauft wurde.
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