Erster Artikel. Alle Sünden nimmt die Taufe hinweg.
a) Dagegen spricht Folgendes: I. Die Taufe ist eine geistige Wiedererzeugung, welche entgegengesetzt ist dem fleischlichen Erzeugtwerden. Durch die fleischliche Erzeugung aber wird nur die Erbsünde mitgeteilt. Also wird auch diese nur durch die Taufe fortgenommen.II. Die Buße ist eine genügende Ursache für den Nachlaß der persönlichen Sünden. Bei den erwachsenen aber wird für die Taufe als Vorerfordernis die Buße verlangt, nach Act. 2.: „Thuet Buße und lasset euch taufen.“ Also trägt die Taufe nichts bei zur Nachlassung der persönlich begangenen Sünden. IV. Für verschiedene Krankheiten bestehen verschiedene Heilmittel, wie Hieronymus sagt zu Mark. 9. (hoc genus): „Nicht ist dasselbe Heilmittel gut für das Auge, welches der Ferse dient.“ Eine andere Art Sünde aber sind die persönlich begangenen, und eine andere Art die Erbsünde. Also ist die Taufe nicht gleichermaßen ein Heilmittel für beide. Auf der anderen Seite steht bei Ezech. 36.: „Ausgießen werde ich über euch reines Wasser und ihr werdet gereinigt werden von allen eueren Flecken.“
b) Ich antworte, „wer getauft ist, sei im Tode Christi getauft, … damit er abgestorben sei der Sünde, lebe aber Gott in Christo dem Herrn“ (Röm. 6.). Also stirbt der Mensch durch die Taufe ab dem alten Leben der Sünde und fängt an das neue Leben der Gnade. Da nun alle Sünde zum alten Leben gehört, so werden mit der Taufe alle Sünden getilgt.
c) I. Nach Röm. 5, 16. erstreckt sich die Kraft Christi weiter wie die Sünde Adams: „Wenn das Fleisch zeugt,“ so Augustin (1. de peccat. mer. et rem. 15.), „wird bloß die Erbsünde weiter fortgepflanzt; zeugt der Geist aber in der Wiedergeburt, so wird nicht nur die Erbsünde, sondern alle Sünden werden nachgelassen.“ II. Keiner Sünde Nachlaß vollzieht sich außer kraft des Leidens Christi, wonach Hebr. 9. gesagt wird: „Ohne das Vergießen von Blut ist kein Nachlaß.“ Die Willensbewegung also im reuigen genügt nicht ohne den Glauben an die Kraft des Leidens Christi und den Vorsatz, an dieser Kraft teilzuhaben, sei es durch die Taufe sei es durch die Unterwerfung unter die Schlüsselgewalt der Kirche. Wenn also ein erwachsener reuig zur Taufe herantritt, erlangt er zwar den Nachlaß der Sünden durch das Verlangen nach der Taufe, vollkommener aber durch den wirklichen Empfang derselben. III. Die Taufe wirkt in der Kraft des Leidens Christi, das da eine allumfassend wirkende Medizin ist.
