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Werke Thomas von Aquin (1225-1274) Summa Theologiae Summe der Theologie
Tertia Pars
Quaestio 69

Zweiter Artikel. Alles der Sünde Geschuldete wird durch die Taufe fortgenommen.

a) Nicht von Allem, was der Sünde geschuldet ist, wird der Mensch in der Taufe befreit. Denn: I. Nach Röm. 43. „ist das was von Gott kommt in schönster Weise geordnet.“ Aber geordneterweise wird die Schuld gesühnt nur durch die Strafe. Also die Strafen der vergangenen Sünden werden durch die Taufe nicht getilgt. II. Die Wirkung eines Sakramentes hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Sakramente selber, da die Sakramente das wirken was sie bezeichnen. Die Abwaschung bei der Taufe aber hat wohl einige Ähnlichkeit mit dem Reinwerden von Flecken; keine aber scheint sie zu haben mit dem Nachlaß der verschuldeten Strafe. Also wird letztere durch die Taufe nicht getilgt. III. Ist die verschuldete Strafe durch die Taufe getilgt, so wäre es z. B. ungerecht, den Räuber aufzuhängen, der vor der Taufe jemanden erschlagen hat. Und so würde jede gesetzliche Zucht aufhören, was unzulässig ist. Auf der anderen Seite sagt Ambrosius zu Röm. 11.: „Die Gnade Gottes tilgt in der Taufe alle Sünde und läßt ohne weiteres alle Strafe nach.“

b) Ich antworte; nach Röm. 6. „sind wir mit Christo in der Taufe gestorben und so glauben wir, daß wir auch mit Ihm leben werden.“ Jedem getauften also wird so die Kraft des Leidens Christi zu eigen als Heilmittel, als ob er selber gelitten hätte und gestorben wäre. Nun ist das Leiden Christi hinreichende Genugthuung für alle Sünden und für alle Strafen aller Menschen. Also wird der getaufte von jeder verschuldeten Strafe befreit, als ob er selber hinreichend genuggethan hätte für seine Sünden.

c) I. Weil die Strafe des Leidens Christi so dem getauften zu eigen wird, als ob er selber jene Strafe ausgehalten hätte, insoweit er ein Glied Christi wird, so bleiben alle begangenen Sünden geordneterweise gesühnt durch das Leiden Christi. II. Das Wasser wäscht nicht nur ab, sondern erquickt auch; und darin ist der Nachlaß aller Strafen der Sünden einbegriffen. III. Bei den bürgerlichen Strafen ist nicht nur die Rücksicht auf den beleidigten Gott maßgebend, sondern auch auf die Menschen, denen Unrecht geschehen und die durch die Sünde geärgert worden sind. Also bleiben für den getauften die durch die letztere Rücksicht gebotenen Strafen; denn es ist gerecht, daß die Menschen nun erbaut werden durch das geduldige Tragen der Strafe, die früher geärgert worden sind durch die Schuld. Jedoch kann ein frommer gläubiger Fürst im besonderen Falle auch solche Strafen nachlassen.

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