Vierter Artikel. Der Strafort der Dämonen.
a) Die uns umgebende Luft ist nicht der Strafort für die Dämonen. Denn: I. Die geistige Natur haftet nicht am Orte. Die Natur aber der Dämonen ist geistig. II. Die Sünde des Menschen ist minder groß wie die des Teufels; er wird aber dafür in der Hölle bestraft; also bei weitem mehr der Teufel. . III. Die Dämonen leiden unter dem Feuer; dies aber ist nicht in der Luft. Auf der anderen Seite sagt Augustin (3. sup. Gen. ad litt. 10.): „Die uns umgebende dunkle Luft ist für die Dämonen wie ein Kerker bis zum letzten Tage.“
b) Ich antworte, daß die Engel in der Mitte stehen zwischen Gott und den Menschen. Die göttliche Vorsehung aber schließt dies in sich ein, daß sie das Wohl der niedrigeren Gefchöpfe durch die höheren besorgt. Das Wohl des Menschen nun wird von Gott gefördert: 1. Dadurch daß der Mensch zum Guten angetrieben, und 2. dadurch daß er vom Übel abgehalten wird; und das thut Gott schicklicherweise durch die guten Engel. Dann wird das Wohl des Menschen jedoch auch mittelbar gefördert, nämlich durch die Übung im Kampfe mit den Gegnern; und das besorgt Gott durch die bösen Engel, indem dadurch sogleich dargethan wird, wie die Natur selber der Teufel in der Hand Gottes noch zu etwas nützen kann. So nun wird dem Teufel ein doppelter Strafort geschuldet: einer auf Grund ihrer Schuld; der andere auf Grund der Übung der Auserwählten. Der Schuld gebührt die Hölle; der Übung der Auserwählten kommt die uns umgebende trübe Luft als Strafort für die Dämonen zu. Da nun die Menschen bis zum letzten Tage um ihr Heil kämpfen, so stehen ihnen die guten Engel hier auf Erden bei und die bösen bekämpfen sie bis zum Gerichte. Das hindert aber nicht, daß schon jetzt einige der Teufel ihre Wirksamkeit betreffs der Menschen in der Hölle ausüben, indem sie jene quälen, die sie verführt haben; sowie einige Engel zum Troste der Guten im Himmel thätig sind. Nach dem Gerichte aber werden alle Engel im Himmel sein und alle Teufel in der Hölle.
c) I. Ein Ort ist für die Seele oder für die Engel nicht deshalb ein Strafort, weil derselbe die Natur durch seinen Einfluß ändert; sondern weil er mit Trauer den Willen dadurch erfüllt, daß der Engel und die Seele auffaßt, sie seien nicht in einem ihrem Willen zukömmlichen Orte. II. Nach der natürlichen Ordnung hat die eine Seele keinen Vorrang vor der anderen; die Dämonen aber haben gemäß der Natur einen Vorrang ünd einen Einfluß auf die Menfchen. III. Einige meinten, die fühlbare Strafe der Dämonen und der Seelen sowie auch die Seligkeit der Heiligen werde aufgeschoben bis zum letzten Tage. Das ist aber gegen den Apostel (2. Kor. 5.): „Wenn unsere irdische Behausung aufgelöst wird, dann haben wir ein Heim im Himmel.“ Andere aber geben dies bei den Seelen zu, nicht aber bei den Dämonen. Jedoch ist es besser zu sagen, dasselbe Gericht gelte für die Bösen wie für die Guten; seien es Engel oder Seelen. Denn der Himmel gilt als zugehörig zur Herrlichkeit der Engel. Jedoch wird diese Herrlichkeit dadurch nicht vermindert, daß sie zu unserem Beistande gesandt werden; sie wissen nämlich, ihnen gehöre als ihr eigenster Ort der Himmel, gleichwie die Ehre des Bischofs nicht vermindert wird, wenn er nicht thatsächlich auf seinem Throne sitzt. Ähnlich wird die Strafe der Dämonen nicht vermindert dadurch, daß sie in dieser trüben Luft sind; denn sie wissen, daß sie für immer an die Hölle als an den ihnen gebührenden Platz gebunden sind. Deshalb sagt die Glosse zu Jak. 3.: „Sie tragen mit sich Höllenflammen, wohin auch immer sie gehen.“ Und das ist nicht gegen ihre Bitte, der Herr möge sie nicht in den Abgrund senden (Luk. 8.); denn sie erachteten es für eine Qual, an einem Orte zu sein, wo sie den Menschen nicht schaden könnten. Deshalb baten sie (Matth. 8.) den Herrn, Er möchte sie nicht aus der Gegend heraustreiben.
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