Erster Artikel. Die Menschen werden von den Dämonen angefochten.
a) Dies scheint zuvörderst gegen Gottes Vorsehung zu sein. Denn: I. Daraus würde folgen, daß Gott Dämonen sende, um die Menschen anzufechten; denn ohne daß Gott sie sendet, könnten die Dämonen dies nicht. Gott aber will nicht das Verderben der Seelen, sondern ihr Heil und sendet ihnen deshalb seine heiligen Engel. II. Der Kampf wäre durchaus ungleich. Denn die Dämonen wissen und Vermögen viel; die Menschen aber sind schwach und unwissend. III. Fleisch und Welt sind zudem hinreichend dazu, um den Menschen im Kampfe zu üben. Also bedarf es von keiner Seite her der Anfechtungen durch Dämonen. Auf der anderen Seite sagt der Apostel (Ephes. 6.): „Unser Kampf richtet sich nicht nur gegen Fleisch und Blut; sondern gegen Fürsten und Gewalten, gegen die Leiter dieser Welt der Finsternisse, gegen die geistigen Kräfte der Bosheit, um des Himmelreiches willen.“
b) Ich antworte, betreffs der Anfechtungen sei zweierlei zu berücksichtigen: 1. Die Anfechtung selber; und 2. die Ordnung oder Regelung in den Anfechtungen. Die Anfechtung selber nun geht von der Bosheit der Dämonen aus, die aus Neid den Fortschritt der Menschen zu hindern bestrebt sind und aus Hochmut ähnlich wie Gottes Macht selber wirken wollen. Deshalb bestimmen sie sich Diener und senden sie aus, um die Menschen zu verderben; wie Gott seine Engel zu gewissen Dienstleistungen sendet, um die Menschen zu retten. Die Ordnung und Regelung aber in den Anfechtungen ist von Gott, der sich nach der Richtschnur seiner Weisheit der Übel bedient zum Besten des Ganzen. Dagegen kommt bei den Engeln sowohl der Schutz an sich sowie die Ordnung in demselben von Gott als vom ersten Urheber.
c) I. Die bösen Engel fechten die Menschen an: einmal, indem sie zur Sünde reizen; und dazu werden sie von Gott nicht gesandt, sondern Gott läßt dies in der Weisheit seiner Ratschlüsse zu; — dann, indem sie strafen durch ihre Anfechtungen; und dazu werden sie von Gott gesandt, wie z. B. der Lügengeist gesandt worden ist (3. Regg. ult.), um den König Achab zu strafen. Denn die Strafe geht auf Gott als auf den ersten Urheber zurück. Indessen strafen diese Dämonen, welche Werkzeuge der sühnenden Gerechtigkeit Gottes sind, in anderer Absicht wie die ist, gemäß welcher sie gesandt worden; sie strafen aus Haß oder Neid, während Gott sie sendet auf Grund seiner Gerechtigkeit. II. Damit der Kampf nicht ungleich sei, erhält der Mensch als Beistand die göttliche Gnade und den Schutz der Engel. Deshalb sagte Elisäus(4. Kön. 6.) zu seinem Knechte: „Fürchte nicht; mehrere sind mit uns wie mit jenen.“ III. Der rmenschlichen Ohnmacht genügte wohl zur Übung der Kampf gegen Fleisch und Blut; aber er genügt nicht der Bosheit der Dämonen, welche dieser beiden ersten Feinde sich behufs Anfechtung der Menschen bedient. Dies hat jedoch seinen Grund in der göttlichen Weisheit, welche alles dies zu höherer Herrlichkeit der Auserwählten dienen läßt.
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