72. Brief — An Doña Agnes Nieto in Madrid
Valladolid, am 28. Dezember 1574
Aufnahme einer Nonne in das neugestiftete Kloster zu Valladolid.
Jhs
Die Gnade des Heiligen Geistes sei mit Ihnen!
Obwohl ich Ihnen bis jetzt nicht geschrieben, so können Sie doch versichert sein, daß ich Sie in meinen armseligen Gebeten vor unserem Herrn nicht vergessen habe und daß die Freude, die Sie haben, auch mir Freude gemacht hat. Möge es unserem Herrn gefallen, daß Sie diese noch viele Jahre in seinem Dienste genießen! Ich hoffe auch zu Seiner Majestät, sie werde Ihnen dies nicht versagen, wenn es auch Störungen geben sollte. Alle Dinge, die man in diesem elenden Leben Güter nennt, sind in Wahrheit nur Armseligkeiten. Es wird Ihnen zum großen Nutzen sein, die vergangenen Jahre im Dienste Gottes verlebt zu haben; so können Sie alles nach seinem entsprechenden Werte schätzen und das verachten, was so bald ein Ende haben muß.
Fräulein Elisabeth de Córdoba hat vor mehreren Tagen mit der Priorin des hiesigen Klosters sich besprochen. Die Priorin hält sie für eine eifrige Dienerin Gottes. Darum habe auch ich mit ihr zu reden gesucht. Sie sagte mir, sie sei mit Herrn Albornoz nahe verwandt, und dies war die Ursache, warum ich ihren Eintritt ins Kloster wünschte. Weil es aber erst im Werden begriffen ist, und Doña Maria de Mendoza es gestiftet hat, so bedarf sie zu ihrer Aufnahme einiger Aussteuer. Als sie mir sagte, Herr Albornoz habe ihr versprochen, er wolle ihr behilflich sein, damit sie Nonne werden könne, erwiderte ich ihr, daß er nach meiner Meinung es noch lieber tun werde, wenn sie in das hiesige Kloster eintrete. Wollte ich sie auch ohne Aussteuer aufnehmen, so könnte ich dies sowohl wegen Doña Maria als auch wegen der Nonnen wahrhaftig nicht, denn da ihre Zahl [vorschriftsmäßig] eine ganz kleine ist, sehr viele aber um Aufnahme nachsuchen und das Kloster, wie gesagt, in Not ist, so würde ich ein Unrecht gegen die Schwestern begehen, wenn ich ihnen die Aufnahme derer unmöglich machte, die ihnen aus der Not helfen könnten.
Fräulein Elisabeth sagte mir, sie habe ein Gut; allein sie besitzt es nur in der Weise, daß es, wie man sagt, nicht verkauft werden kann. Wenn es halbwegs angeht, so werde ich mein möglichstes tun, und sollte sie auch weniger mitbringen, als wir von anderen haben könnten. Denn ich habe das aufrichtige Verlangen, Ihnen und dem Herrn Albornoz zu dienen, wie ich es schuldig bin. Ich empfehle mich Ihrem Gebete, in dem meinigen, so armselig es auch ist, werde ich tun, was Sie mir anbefohlen haben
Unser Herr belohne Sie für das Bild! Sie bleiben es mir schuldig. Ich bitte Sie, es mir sorgfältig aufzubewahren, bis ich es, wenn ich einmal in einem Kloster einen festeren Wohnsitz als jetzt haben werde, verlange, um mich an ihm zu erfreuen. Erweisen Sie mir die Liebe, mich in Ihren Gebeten nicht zu vergessen! Unser Herr verleihe Ihnen alle geistigen Güter, um die ich zu Ihm für Sie flehe! Amen. Heute ist der Tag der unschuldigen Kinder
Ihre unwürdige Dienerin
Theresia von Jesu, Karmelitin
