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Werke Syrische Dichter Ausgewählte Schriften des Isaak v. Antiochien Ausgewählte Schriften des Isaak v. Antiochien (BKV)
3. Drittes Gedicht über die Menschwerdung des Herrn.

2.

Der eine von ihnen1 fängt an zu behaupten, unser Herr sei ein bloßer Mensch, während der andere2 im Gegensatz zu jenem lehrt, er habe sich nicht mit dem Leibe unserer Menschheit bekleidet. Jener leugnet seine Gottheit, dieser seine Menschwerdung. Jener behaup- S. 142 tet, Christus sei nur Leib, dieser bestreitet, daß er Fleisch geworden ist.

Nachdem nun die Reinheit meiner Zunge durch die Anführung ihrer Reden befleckt worden ist, [130] mögen zur Widerlegung ihrer Lästerungen die wahrhaftigen Zeugen herbeikommen, nämlich Maria, die Mutter Gottes, und mit ihr alle Elemente!3 Sie mögen kommen und der gläubigen Kirche die Wahrheit deutlich kundtun! Maria, aus welcher Christus Fleisch angenommen hat, möge dem Eutyches sein Wehe verkünden, und die Elemente, welche bei seiner Kreuzigung erschüttert wurden, mögen dem Nestorius ins Angesicht speien! [140]

Wenn er nicht Gott war, wer wurde dann vom Vater gesandt? Wenn er nicht Mensch war, wozu war dann Maria notwendig?4 Wenn er nicht Gott war, warum ging er dann durch das Ohr ein? Und wenn er nicht Mensch war, wie konnte ihn dann der Mutterschoß gebären? Wenn er nicht Gott war, wie konnte er die Jungfräulichkeit seiner Mutter in der Geburt bewahren? [150] Und wenn er nicht Mensch war, warum ging er nicht eben da heraus, wo er eingegangen war? Denn als Geist war er durch das Ohr eingegangen, aber Fleisch geworden ging er aus dem Schoße wieder hervor. Seht, da ist es doch klar und offenbar, daß der Geistige leiblich geworden ist! Er brachte nicht etwa einen Leib mit sich, sondern kam, um den Leib zu empfangen. Geistig stieg er herab zu Maria und erschien als Mensch aus ihrem Schoße. [160] „Gott hat seinen Sohn in die Welt gesandt, und er ist geworden aus einem Weibe“5. Er war also bereits Gott, als er ausgesandt wurde und Mensch geworden ist. Als er herabstieg, hat er nichts S. 143 von den körperlosen Engeln angenommen; denn er erniedrigte sich ja auch nicht für sie, so daß sie ihm ihren Reisebedarf hätten mitgeben müssen, sondern er erniedrigte sich und kostete den Tod für den verurteilten Adam; [170] deshalb hat er auch aus Adam Fleisch angenommen und hat in seinem Leibe den Tod gekostet. Gabriel hat keinen Leib, den unser Herr bei seiner Herabkunft hätte annehmen können, und Michael hat keine Glieder, in welchen er am Kreuze hätte leiden können. Durch das Wort des Herrn sind die oberen Scharen erschaffen und durch den Hauch seines Mundes besteht das Heerlager der Himmelsgeister; [180] aber alle diese Scharen der Höhe bestehen aus Feuer und Geist6. Sie hat der Herr durch sein bloßes Wort ins Dasein gerufen, nicht so den Adam; da heißt es: „Und der Herr schuf den Adam aus Erde nach seinem Bilde“7. Aus jenem, der nach seinem Bilde geschaffen wurde, ist er nun auch bei seiner Ankunft Fleisch geworden. Weder im Himmel noch auf Erden, noch im Meere, noch in allen Ecken und Enden [190] findet sich etwas dem Leibe unseres Herrn Ähnliches, ausgenommen bei den Menschen. Wo du auch immer suchen magst, du wirst es nur bei den Menschen ausfindig machen. Da nun unter allen Arten der Geschöpfe nichts ist, was unserem Leibe gliche, so hat sich zwar Gott früher an vielen Orten unter verschiedenen Gestalten herniedergelassen, aber daß er in einem Weibe gewohnt habe, war unerhört, bevor er Fleisch werden wollte. [200] Wenn er die Jungfrau, in deren Schoß er weilte, nur zu einem Durchgangsweg hätte machen wollen, weshalb hätte er sich dann neun Monate lang in einem so engen Kanale einschließen lassen? Wenn er nicht aus ihr Fleisch geworden wäre und sich nicht in ihr mit dem von ihr herrührenden Leibe vereinigt hätte, warum hätte er dann, nachdem er aus ihrem Schoße hervorgegangen war, wiederum von ihrer Milch getrunken? Wenn er seine Glieder nicht von ihr empfangen hätte, so hätte er auch nicht ihre Milch trinken dürfen. [210] Denn S. 144 man entnimmt nicht seinen Leib von der einen und sein Wachstum von einer anderen Seite. Wenn er den Leib mit sich gebracht hätte, als er von seinem Vater herabkam, wie hätte dann der Leib durch das Ohr der Jungfrau eingehen können? Wenn der Leib unseres Herrn nicht in Wahrheit aus uns angenommen wäre, so wäre Maria durch Gewalt gezwungen worden, einen Leib zu tränken, den sie nicht geboren hätte. [220]


  1. Nestorius. ↩

  2. Eutyches. ↩

  3. Maria bezeugt die wahre Menschheit Christi; die Elemente bewiesen seine Gottheit, als sie bei seiner Kreuzigung erschüttert wurden. ↩

  4. Diese und die nachher wiederkehrenden Fragen stimmen großenteils wörtlich überein mit den in der Homilie Ephräms über die Verklärung sich findenden. Es ist hier nicht der Ort, die sich aus dieser Tatsache ergebenden kritischen Folgerungen zu ziehen. ↩

  5. Gal. 4, 4. ↩

  6. Vergl. Ps. 103, 4. ↩

  7. Gen. 1, 27. ↩

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Übersetzungen dieses Werks
Ausgewählte Schriften des Isaak v. Antiochien (BKV)
Kommentare zu diesem Werk
Einleitung über die unter dem Namen Isaaks von Antiochien überlieferten Schriften.

Inhaltsangabe

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