2. Kap. Erscheinung der zweiten Frau; ihre Anklage.
1. Nachdem sie diese Worte gesprochen hatte, schloss sich der Himmel; ich zitterte am ganzen Leibe und war betrübt. Und ich sprach bei mir selbst: Wenn mir dies zur Sünde angerechnet wird, wie werde ich das Heil erlangen können? oder wie werde ich Gott versöhnen für meine Sünden, die ich durch die Tat vollführt habe? oder mit welchen Worten soll ich mich an den Herrn wenden, auf dass er mir gnädig sei? 2. Als ich dies in meinem Herzen erwog und überdachte, sah ich vor mir einen großen, leuchtenden Sitz aus schneeweißer Wolle. Und es kam eine bejahrte Frau in prächtigem Gewande, ein Buch in den Händen haltend, setzte sich allein nieder und grüßte mich: „Sei gegrüßt, Hermas.“ Voll Betrübnis sprach ich unter Tränen: „Sei gegrüßt, S. 181 Herrin.“ 3. Und sie sprach zu mir: „Warum bist du traurig, Hermas, du, der Langmütige und Friedliebende, der allzeit Lachende, warum siehst du so niedergeschlagen aus und warum bist du nicht munter?“ Ich antwortete ihr: „Wegen einer überaus guten Frau, die sagte, ich hätte wider sie gesündigt.“ 4. Sie entgegnete: „Keinesfalls gibt es bei dem Diener Gottes ein solches Tun. Vielmehr stieg lediglich in deinem Herzen (der Gedanke) an sie auf. Allerdings ist es so, für die Diener Gottes zieht ein solcher Gedanke Sünde nach sich; sündhaft ist nämlich der Wunsch und verwerflich bei einer ganz lauteren und schon erprobten Seele, wenn sie eine schlimme Tat begehrt, und zumal (wenn es) Hermas (tut), der Enthaltsame, der sich frei hält von jeder schlechten Begierde und der erfüllt ist mit jeglicher reinen Gesinnung und großer Unschuld!