156.
1. Da die Philosophie, wie durch das zuvor Gesagte klargelegt ist, eine ganz ausgezeichnete Fähigkeit des Wahrnehmens erhalten hat, besitzt sie Klugheit.
2. Die verständige Behandlung des geistig Wahrgenommenen zusammen mit Auswahl und Zustimmung heißt Dialektik; diese ist fähig, das über die Wahrheit Gesagte durch Beweis zu bekräftigen und die vorgebrachten Bedenken zu beseitigen.
3. Wer also behauptet, daß die Philosophie nicht mit Gottes Willen hierher gekommen sei, der sagt damit vielleicht zugleich, daß Gott unmöglich alle einzelnen Dinge kennen könne und daß er auch nicht Urheber alles Guten sei, auch wenn jedes davon zu den Einzeldingen gehöre.
4. Es wäre aber überhaupt nichts von dem, was ist, entstanden, wenn Gott es nicht gewollt hätte. Wenn er es aber wollte, so stammt von Gott die Philosophie, wobei er wollte, daß sie so sei, wie sie ist, wegen derer, die auf keine andere als auf diese Weise dazu gebracht werden konnten, sich des Bösen zu enthalten.
5. Denn Gott weiß alles, nicht nur das, was ist, sondern auch das, was sein wird und wie jegliches sein wird; und da er jede einzelne Bewegung voraussieht, „erblickt er und höret er alles“,1 indem er das Innere der Seele unverhüllt sieht, und er hat von Ewigkeit her die Vorstellung von jeder Einzelheit.
6. Und was auf den Theatern und bei der Betrachtung aller einzelnen Teile vermittelst des Anschauens und des Ringsumbeschauens und des Zusammenschauens geschieht, das ist auch bei Gott der Fall.
7. Denn alles zusammen S. b347 und jedes einzelne für sich sieht er mit einem einzigen Blick, jedoch nicht alles so, daß er seine Augen mit einer allem anderen vorangehenden Wirkung darauf richtet.
-
Vgl. Hom. Il. 3,277. ↩