65.
1. Und so viel hierüber. Vieler Dinge kundig muß aber der Gnostiker sein,1 und da ja die Griechen nach dem Vorgang des Protagoras lehren, daß es auf jede Rede eine Gegenrede gibt,2 muß er auch die Worte bereit haben, die gegen solche Gründe vorzubringen sich geziemt.3
2. Denn die Schrift sagt: „Wer da viel redet, wird auch vieles dagegen hören.“4 „Wer wird das Gleichnis des Herrn verstehen, als wer weise und verstänig ist und seinen Herrn lieb hat?“5
3. „Mag“ daher ein solcher „gläubig sein, mag er fähig sein, Erkenntnis auszusprechen, mag er weise sein in Unterscheidung von Reden, mag er gewaltig in Werken, mag er heilig sein; denn um so demütiger muß er sein, je größer er zu sein scheint“,6 sagt Clemens in dem Brief an die Korinther.
4. Er ist ein Mann der Art, daß er jenem Gebote gehorcht: „Und reißt die einen aus dem Feuer heraus und habt Mitleid mit denen, die sich in Zweifeln befinden!“7
5. Das Winzermesser ist freilich in erster Lienie dazu bestimmt, die Schößlinge zu beschneiden; aber wir benützen es auch, um Ranken, die sich ineinander verhängt S. b282 haben, zu trennen und Dornen abzuhauen, die mit den Weinreben zusammengewachsen sind, an die man nicht leicht herankommen kann. Das steht aber alles in Beziehung mit dem Zurechtschneiden der Schößlinge.
6. Andererseits ist der Mensch in erster Linie zur Erkenntnis Gottes geschaffen, aber er bestellt auch das Land und treibt Feldmeßkunst und Philosophie, wovon das eine für das Leben, das andere für das richtige Leben, das dritte aber dafür von Bedeutung ist, daß man sich um die Kunst des Beweisens bemüht.
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Vgl. Strom. I 38,7. ↩
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Protagoras Test. 20 Diels, Vorsokr. 5. Aufl. II S. 260,1. ↩
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Ich lese mit Tengblad (xxx) ↩
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Hi 11,2 (Wohl aus 1Clem 30,4). ↩
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Barnabasbrief 6,10; vgl. Strom V 63,6 mit Anm. ↩
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1Clem 48,5 f.; vgl. Strom. I 38,8. Der letzte Satz in Sacra Par. 251 Holl. ↩
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Vgl. Jud. 22 f.; zur Textform vgl. J.B. Mayor, The Epistle of St. Jude and the second Epistle of St. Peter, London 1907 S. CLXXXVIII ff. Eine andere Textform steht Adumbr. in Jud. 22 f. ↩