69.
1. Das Wollen erweist sich aber als eine Bewegung, der eine Zustimmung zu einer Annahme vorausgeht.1 Denn bei jedem, der eine Handlung beginnen will, ist zuerst die Kenntnis der Handlung vorhanden, und dann erst kommt das Wollen.
2. Wir müssen auch hierbei noch an folgendem festhalten: Da nämlich das Erlernen dem Handeln zeitlich vorangeht (denn von Natur erlernt der Handelnde zuerst das, was er tun will) und die Kenntnis aus dem Lernen, das Tun aus dem Wollen entsteht und auf das Wissen das Wollen folgt, das dem Tun vorangeht, so dürfte die Kenntnis Anfang und Ursache jeder vernünftigen Handlung sein, so daß sie allein mit Recht als das kennzeichnende Wesen jeder vernünftigen Seele bezeichnet werden kann.
3. Denn in der Tat ist das Wollen gewissermaßen eine Erkenntnis, die sich mit Rücksicht auf die vorhandenen Umstände bewegt, die Erkenntnis dagegen gerade dies, nämlich die Eigenschaft der Seele, eines oder mehreres von dem Vorhandenen zu sehen, wenn sie aber zur Vollkommenheit gelangt ist, alles Vorhandene zu sehen.
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Vgl. Chrysippos Fr. mor. 462 v. Arnim. ↩