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Werke Gregor von Nyssa (335-394) Dialogus de anima et resurrectione Gespräch mit Makrina über Seele und Auferstehung (BKV)
§12. Die Affekte der Seele nach dem Tode.

3.

Wenn nun die Seele nach Ablegung all der verschiedenen natürlichen Affekte Gottähnlichkeit erreicht hat und die Begierde hinter sich lassend dahin gelangt ist, wohin sie sich durch die Begierde gezogen fühlte, so hat sie keinen Platz mehr weder für die Hoffnung noch für die Erinnerung; denn was sie hoffte, besitzt sie nun, und durch den Genuß alles Guten ganz in Anspruch genommen, schließt sie die Erinnerung aus den Gedanken aus. Und auf diese Weise, nach den besonderen Eigenschaften der göttlichen Natur gestaltet, lebt sie das höhere S. 294 göttliche Leben, so daß keiner von den anderen Affekten übrigbleibt als nur der der Liebe, welcher mit dem Schönen in unzertrennlichem Zusammenhang steht; denn die Liebe ist innere Hinneigung zu dem, was gefällt. Wenn also die Seele, nachdem sie einfach, einförmig und gottähnlich geworden, jenes wahrhaft einfache und immaterielle Gut gefunden hat, das allein in Wirklichkeit liebenswürdig und begehrenswert ist, so verbindet und vereinigt sie sich mit ihm vermöge des Affektes der Liebe mit all ihrer Kraft, indem sie sich nach dem gestaltet, den sie nunmehr für immer erfaßt und gefunden hat, und durch Verähnlichung mit dem Guten das wird, was jener schon ist, an dem sie jetzt teilnehmen darf. Und da in Gott, weil er keinen Mangel empfindet, auch keine Begierde ist, so dürfte folgerichtig auch die Seele, weil sie ebenfalls keinen Mangel mehr leidet, die Begierde sowohl als Affekt wie als Anlage aus sich entfernt haben, weil ja Begierde nur da Platz hat, wo man das Ersehnte noch nicht besitzt. Zu dieser Ansicht führt uns auch der göttliche Apostel; denn er verkündigte: Alle unsere Bestrebungen in diesem Leben, selbst die höheren, würden einmal zur Ruhe kommen und aufhören; einzig die Liebe habe kein Ende. Er sagt nämlich: „Die Weissagungen werden schweigen und die Wissenschaften ruhen; aber die Liebe endet nie“ (1 Kor. 13, 8), d. h. sie bleibt immer dieselbe. Aber auch da, wo er „Glaube und Hoffnung bei der Liebe verbleiben“ läßt (nämlich hienieden, 1 Kor. 13, 13), stellt er wiederum letztere mit Recht über die zwei ersteren. Denn die Hoffnung regt sich nur so lange, als der Genuß des Gehofften noch fern ist; desgleichen kann der Glaube die Hoffnung bloß so lange stärken, solange das Gehoffte sich unserem Blicke noch nicht zeigt. Dies spricht er in den Worten aus: „Der Glaube ist eine Grundfeste für das, was man hofft“ (Hebr. 11, 1). Wenn aber das Gehoffte in unseren Besitz gelangt ist, dann bleibt von allen Affekten nur noch die Kraft der Liebe in Tätigkeit, weil sie nichts findet, was an ihre Stelle treten könnte. Daher nimmt sie den ersten Platz ein sowohl unter den Tugendübungen als auch unter den Gesetzesvorschriften.“§ 13. Die Läuterung der Seele vor und nach dem Tode.

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Übersetzungen dieses Werks
Gespräch mit Makrina über Seele und Auferstehung (BKV)
Kommentare zu diesem Werk
Einleitung zum Gespräch mit Makrina „Über die Seele und die Auferstehung"

Inhaltsangabe

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