9. Kap. Die Zeit des Pilatus.
Der erwähnte Geschichtschreiber berichtet1 ebenfalls über die Thronbesteigung des Archelaus nach Herodes. Er erzählt, daß Archelaus auf Grund des Testamentes seines Vaters Herodes sowie infolge einer Bestimmung des Kaisers Augustus die Herrschaft über die Juden erhalten und nach zehn Jahren wieder verloren habe,2 worauf seine Brüder Philippus, der junge Herodes und Lysanias die Tetrarchien verwalteten.3
Im achtzehnten Buche seiner „Altertümer“4 berichtet S. 47 Josephus, daß Judäa dem Pontius Pilatus übertragen worden sei im zwölften Jahre der Regierung des Tiberius, welcher, nachdem Augustus 57 Jahre regiert hatte, und die Alleinherrschaft übernommen habe; Pilatus sei volle zehn Jahre, fast bis zum Tode des Tiberius im Amte geblieben.5 Damit ist offenbar das vor kurzem erst herausgegebene Machwerk von Erinnerungen an unsern Erlöser erledigt,6 worin zunächst schon die chronologischen Angaben die Verfasser Lügen strafen. In das vierte Konsulat des Tiberius, d. i. in das siebte Jahr seiner Regierung, wird hier das verlegt, was über das Leiden des Heilandes frech erdichtet wird. Doch zu dieser Zeit war Pilatus in Judäa nachweisbar noch gar nicht am Ruder, sofern man dem Zeugnis des Josephus Glauben schenken darf, welcher in der erwähnten Schrift ausdrücklich erklärt, daß Pilatus im zwölften Jahre der Regierung des Tiberius von diesem zum Prokurator über Judäa bestellt wurde.
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Altert. 17, 188. 189. 195. 317—319. 342—344; Jüd. Krieg 1, 668 f.; 2, 93 f. 111. 167. ↩
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Im Jahre 6 n. Chr. wurde eine jüdische Abordnung in Rom gegen Archelaus vorstellig, worauf Augustus ihn nach Vienna in Gallien verbannte. ↩
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Vgl. Luk. 3, 1. ↩
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18, 32. 33. 35. 89. ↩
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Vitellius, der Legat von Syrien, suspendierte ihn auf Grund der gegen ihn erhobenen Anklagen vom Amte. ↩
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Es wird hier an die heidnischen, zur Zeit des Maximinus entstandenen Pilatusakten erinnert (vgl. unten Kirchengesch. IX 5. 7). Von den christlichen Pilatusakten scheint Eusebius nichts zu wissen. Denn er verweist nirgends auf sie, obwohl der Stoff derselben zu ihrer Erwähnung in Kirchengesch. II 2 geradezu herausgefordert hätte. Nach Laqueur S. 122 f. hat Eusebius die Bekämpfung der Pilatusakten erst später dem ersten Buch eingefügt. ↩