18. Kap. Apollonius widerlegt die Irrlehre der Phrygier und erwähnt einige ihrer Führer.
Die sog. kataphrygische Häresie, welche damals noch S. 244 in Phrygien blühte, widerlegte der Kirchenschriftsteller Apollonius. Er verfaßte gegen sie eine eigene Schrift, worin er ihre vorgeblichen Weissagungen Wort für Wort als falsch erklärte und das Leben der häretischen Führer wahrheitsgemäß schilderte. Vernimm seine eigenen Worte über Montanus! „Doch wer dieser neue Lehrer ist, zeigen seine Taten und seine Lehre. Er ist es, der die Trennung der Ehen lehrte, Fastengesetze erließ, Pepuza und Tymion, kleine Städte Phrygiens, als Jerusalem bezeichnete, in der Absicht, daselbst Leute aller Gegenden zu vereinen. Er ist es, der Steuereinnehmer aufstellte, unter dem Titel Opfer Geschenke anzunehmen verstand und den Verkündigern seiner Lehre Lohn auszahlte, auf daß die Predigt seiner Lehre durch Schlemmerei an Kraft gewänne.“ Dies ist sein Urteil über Montanus. Über seine Prophetinnen schreibt er später also: „Wir beweisen nun, daß eben diese Prophetinnen die ersten gewesen sind, die ihre Männer verlassen haben, nachdem sie vom Geiste erfüllt worden waren. Wie sehr haben sie also gelogen, wenn sie Priscilla als Jungfrau bezeichneten!“ Sodann fährt der Schriftsteller fort: „Glaubst du nicht, daß die ganze Schrift es einem Propheten verbietet, Geschenke und Geld anzunehmen? Wenn ich nun sehe, daß die Prophetin Gold, Silber und kostbare Gewänder angenommen hat, soll ich sie da nicht verachten?“ Im weiteren Verlaufe seines Berichtes erzählt er von einem ihrer Bekenner folgendes: „Ferner hat Themison, mit täuschender1 Habsucht angetan, das Zeichen des Bekenntnisses2 nicht ertragen, sich vielmehr mit einer großen Geldsumme vom Kerker losgekauft. Während er doch deswegen hätte Buße tun sollen, wagte er es, sich als Märtyrer zu rühmen, in Nachahmung des Apostels einen katholischen Brief zu verfassen, diejenigen, welche mehr als er selbst den Namen von Gläubigen verdienten, zu belehren, mit nichtssagenden Worten zu fechten und den S. 245 Herrn, die Apostel und die heilige Kirche zu schmähen.“ Über einen anderen Mann wieder, den sie unter die Zahl der von ihnen verehrten Märtyrer rechnen, schreibt er: „Um nicht von mehreren zu sprechen, gebe uns die Prophetin Auskunft über Alexander, der sich als Märtyrer bezeichnet und mit dem sie Schmausereien sich hingibt und den noch viele verehren! Über seine Räubereien und anderen Verbrechen, derentwegen er bestraft worden ist, brauchen wir nicht zu reden; im Archiv sind sie aufbewahrt. Wer nun vergibt dem andern die Sünden? Vergibt der Prophet dem Märtyrer seine Räubereien oder der Märtyrer dem Propheten seine Habsucht? Denn obwohl der Herr gesagt hat3 ‚Ihr sollt weder Gold noch Silber noch zwei Röcke besitzen’, haben sich diese Leute ganz im Gegensatz dazu durch den Erwerb dieser verbotenen Dinge versündigt. Wie wir zeigen werden, haben ihre sog. Propheten und Märtyrer nicht nur von den Reichen, sondern sogar von den Armen, den Waisen und Witwen Schätze gesammelt. Und wenn sie ein gutes Gewissen haben, dann mögen sie vortreten und Rede und Antwort stehen, damit sie, im Falle sie überführt werden, wenigstens für die Zukunft von ihren Sünden ablassen. Es ist notwendig, die Früchte des Propheten zu prüfen; denn an der Frucht wird der Baum erkannt. Damit jedoch die Wißbegierigen die Geschichte Alexanders kennen lernen, so bemerke ich: er wurde von dem Prokonsul Ämilius Frontinus in Ephesus nicht wegen seines Glaubens verurteilt, sondern wegen der Räubereien, die er als bereits Abtrünniger verübt hatte. Die Lüge, er sei um des Namens des Herrn willen verurteilt worden, täuschte die dortigen Gläubigen und erwirkte seine Loskaufung. Doch die eigene Heimatgemeinde nahm ihn nicht auf, weil er Räuber war. Wer über ihn Genaueres erfahren will, dem steht das öffentliche Archiv Asiens zur Verfügung. Auch der Prophet, mit dem er doch viele Jahre verbunden war, will ihn nicht S. 246 mehr kennen. Dadurch daß wir Alexander entlarven, enthüllen wir auch das Wesen des Propheten. Ähnliches könnten wir an vielen zeigen, und wenn sie Mut haben, mögen sie sich der Prüfung unterziehen!“ An einer anderen Stelle seiner Schrift sagt er über die Propheten, auf welche sie stolz sind, noch folgendes: „Wenn sie die Tatsache leugnen, daß ihre Propheten Geschenke angenommen haben, so mögen sie doch wenigstens so viel zugeben, daß, wenn ihnen die Annahme von Geschenken nachgewiesen ist, sie keine Propheten sind! Und hierfür könnten wir tausend Beweise erbringen. Es ist übrigens notwendig, alle Früchte eines Propheten zu prüfen. Sage mir: Färbt sich ein Prophet? Schminkt sich ein Prophet? Liebt ein Prophet den Schmuck? Spielt ein Prophet Brett und Würfel? Leiht ein Prophet auf Zinsen aus? Sie mögen klar es aussprechen, ob so etwas erlaubt ist oder nicht! Ich aber will zeigen, daß es bei ihnen vorgekommen ist.“ Der gleiche Apollonius erzählt in derselben Schrift, daß es zur Zeit der Abfassung seines Werkes gerade vierzig Jahre waren, daß Montanus seine angebliche Prophezeiung begonnen hat. Ferner berichtet er, daß Zoticus, dessen auch der vorerwähnte Schriftsteller gedachte,4 gegen Maximilla sich erhob, die sich in Pepuza als Prophetin ausgab, und den in ihr wirkenden Geist zu widerlegen versuchte, woran er jedoch von ihren Gesinnungsgenossen verhindert wurde. Auch gedenkt Apollonius unter den damaligen Märtyrern eines gewissen Thraseas. Ferner teilt er als Überlieferung mit, der Heiland habe seinen Aposteln befohlen, sie sollten zwölf Jahre Jerusalem nicht verlassen. Er benützt auch Zeugnisse aus der Offenbarung des Johannes und erzählt, derselbe Johannes habe in Ephesus einen Toten in göttlicher Kraft zum Leben erweckt. Noch manches andere erwähnt er, um die Unwahrheit der genannten Sekte treffend und vollständig darzutun. Soweit Apollonius.5 S. 247