8. Kap. Des Origenes kühne Tat.
Origenes, der in dieser Zeit an der Katechetenschule zu Alexandrien wirkte, vollzog eine Tat, die zwar noch unreifen jugendlichen Sinn verriet, aber zugleich auch ein herrliches Zeugnis von seinem Glauben und seiner Enthaltsamkeit gab. Er faßte das Wort1 „Es gibt Verschnittene, die sich um des Himmelreiches willen selbst verschnitten haben“ allzu wörtlich und unbesonnen auf. In dem Glauben, das Heilandswort zu erfüllen, und zugleich in der Absicht, damit jedem Verdachte und schändlicher Verleumdung, wie sie von heidnischer Seite wider ihn, den noch jugendlichen christlichen Lehrer von Männern und Frauen, erhoben werden könnten, den Boden zu entziehen, ließ er sich dazu hinreißen, dieses Herrenwort in die Tat umzusetzen. Dabei war er sorglich bedacht, daß dies der großen Zahl seiner Schüler verborgen bliebe. Indessen gelang es ihm bei allem Willen nicht, eine solche Tat zu verheimlichen. Als später Demetrius, der dortige Bischof, davon erfuhr, zollte er ihm ob der kühnen Tat größte Bewunderung, lobte seinen Eifer und die Echtheit seines Glaubens, ermunterte ihn, mutig zu sein, und forderte ihn auf, sich nun erst recht dem Unterrichte zu widmen. So dachte Demetrius damals. Doch als er bald darauf sah, welche Erfolge Origenes hatte und wie er groß, berühmt und allgemein geachtet wurde, überkam ihn menschliche Schwäche, und er suchte in einem Schreiben an die Bischöfe des Erdkreises die Tat des Origenes als äußerst töricht hinzustellen. Er tat dies, nachdem die angesehensten und berühmtesten Bischöfe von Pa- S. 273 lästina, die von Cäsarea und Jerusalem, Origenes die Hand zur Priesterweihe aufgelegt hatten, weil sie ihn des Priesteramtes und der höchsten Ehre für würdig erachteten. Da Origenes zu großem Ansehen gelangt war und bei allen Menschen aller Orte einen Namen und ob seiner Tugend und Weisheit nicht geringen Ruhm erworben hatte, erhob Demetrius in Ermangelung irgendwelchen anderen Anklagegrundes gegen ihn bittere Vorwürfe wegen der vor Jahren von ihm begangenen jugendlichen Tat und wagte es, seine Anklage auch auf jene auszudehnen, welche ihn zum Priester erhoben. Dies geschah allerdings erst später. Damals2 jedoch übte Origenes in Alexandrien gegenüber allen, die zu ihm kamen, Tag und Nacht das Werk göttlicher Unterweisung unbehelligt aus, seine ganze Zeit unverdrossen der Theologie und seinen Schülern widmend.
Nachdem Severus achtzehn Jahre regiert hatte, folgte ihm sein Sohn Antoninus,3 Damals wurde Alexander, auf den wir soeben als Bischof von Jerusalem hingewiesen haben, und der unter der Zahl derer war, welche sich in der Verfolgung mutig gezeigt und nach den im Bekenntnisse bestandenen Kämpfen durch Gottes Vorsehung am Leben geblieben waren, infolge seines herrlichen Bekenntnisses für Christus mit der erwähnten Bischofswürde betraut, obwohl Narcissus, sein Vorgänger, noch am Leben war.
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