6. Kap. Die Märtyrer am kaiserlichen Hofe.
An Märtyrern, ausgezeichnet und hervorragend unter allen, die je bei Griechen oder Barbaren bewundert und ob ihrer Tapferkeit gerühmt wurden, brachte die Zeit hervor den Dorotheus und die kaiserlichen Diener um ihn. Obwohl diese Männer bei ihren Herren die höchsten Ehren genossen und von ihnen wie die eigenen Kinder behandelt wurden, so achteten sie die Schmähungen und Leiden um der Frömmigkeit willen und die vielfältigen ihretwegen neuerfundenen Todesarten in Wahrheit für größeren Reichtum1 als den Ruhm und die Üppigkeit der Welt. Wir wollen nur das Lebensende eines einzigen aus ihnen erwähnen und es den Lesern überlassen, daraus das Schicksal der übrigen zu erschließen.
In der erwähnten Stadt wurde ein Mann in Gegenwart der genannten Herrscher öffentlich vorgeführt. Als er sich dem Gebote zu opfern widersetzte, erging die Weisung, ihn nackt in die Höhe zu ziehen und am ganzen Körper so lange mit Geißeln zu zerfleischen, bis er nachgeben und, wenn auch unfreiwillig, den Befehl ausführen würde. Da er aber trotz dieser Martern unbeugsam blieb — die Knochen waren bereits sichtbar —, mischten sie sodann Essig mit Salz und gossen ihn in die schwärenden Teile des Körpers. Und da er auch dieser Schmerzen nicht achtete, wurde weiter Rost und Feuer herbeigeschafft, und was von seinem Körper noch übrig war, wie Fleisch, das man zum Essen bereitet, von der Flamme aufgezehrt, nicht auf einmal, auf daß er nicht rasch stürbe, sondern nach und nach. Die Schergen, die ihn auf den Scheiterhaufen gelegt, durften ihn nicht eher wegnehmen, als bis er sich, von den Qualen S. 380 bezwungen, dem Befehle fügen würde. Doch er blieb fest und gab als Sieger mitten unter den Peinen seinen Geist auf. Dies war das Martyrium eines der kaiserlichen Diener. Der Märtyrer verdiente in der Tat seinen Namen; er hieß nämlich Petrus. Die Leiden der übrigen waren nicht geringer, doch wollen wir sie übergehen in Rücksicht auf den Umfang des Buches. Nur das sei berichtet, daß Dorotheus und Gorgonius mit mehreren anderen aus dem kaiserlichen Gesinde nach verschiedenartigen Kämpfen ihr Leben durch den Strick endeten und so herrliche Siegespreise davontrugen.
Um diese Zeit wurde Anthimus, der damals der Kirche von Nikomedien vorstand, wegen seines Zeugnisses für Christus enthauptet. Ihm gesellte sich eine große Anzahl von Märtyrern bei, da eben in jenen Tagen auf unerklärte Weise im kaiserlichen Palaste zu Nikomedien ein Brand ausbrach und sich das falsche Gerücht verbreitete, die Unsrigen hätten ihn gelegt. Daraufhin waren gemäß kaiserlichem Befehle von den dortigen Gläubigen große Massen und ganze Familien teils mit dem Schwerte hingerichtet, teils verbrannt worden. Dabei sollen Männer und Frauen zusammen in einer Art göttlicher und unaussprechlicher Begeisterung auf den Scheiterhaufen gesprungen sein. Eine andere Schar wurde von den Henkern gefesselt und von Kähnen aus in die Meerestiefen geworfen. Auch die kaiserlichen Diener, die nach ihrem Tode mit der gebührenden Ehre der Erde übergeben worden waren, glaubten die vermeintlichen Herrn wieder ausgraben und ins Meer werfen zu sollen, damit sie nicht einige, für Götter sie haltend — das war ihre Meinung —, anbeteten, wenn sie in ihren Gräbern verblieben.
Das hat sich zu Nikomedien ereignet im Anfange der Verfolgung. Als sich aber bald darauf einige in der sog. melitenischen Landschaft und wiederum andere in Syrien gegen die kaiserliche Herrschaft aufzulehnen versuchten, erging ein kaiserlicher Befehl, daß allenthalben S. 381 die Vorsteher der Kirchen in Gefängnisse und Fesseln geworfen werden sollten. Das Schauspiel dessen, was darauf folgte, übersteigt jede Beschreibung. Zahllose Scharen wurden an jeglichem Orte eingekerkert. Die Gefängnisse, ehedem bestimmt für Mörder und Grabschänder, waren nun überall angefüllt mit Bischöfen, Priestern, Diakonen, Lektoren und Exorzisten, so daß dort kein Platz mehr übrig blieb für jene, die wegen Verbrechen verurteilt waren. Als dann auf den ersten Erlaß ein zweiter folgte, welcher den Gefangenen, wenn sie opferten, die Freiheit gewährte, die Hartnäckigen aber mit unzähligen Foltern bedrohte, wer hätte da hinwiederum die Menge derer zählen können, welche in jeder Provinz, vor allem in Afrika, Mauretanien, in der Thebais und in Ägypten den Zeugentod starben? Auch Leute, die aus letzterem Lande in fremde Städte und Provinzen sich begeben hatten, zeichneten sich durch ihre Martyrien aus.
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Vgl. Hebr. 11, 26. ↩