7. Kap. Die Weissagungen Christi.
Es gebührt sich, diesen Berichten die wahrheitsgemäße Prophezeiung unseres Erlösers beizufügen, in S. 113 welcher er eben diese Ereignisse also voraussagte:1 „Wehe den Schwangeren und den Säugenden in jenen Tagen! Betet jedoch, daß eure Flucht nicht im Winter oder an einem Sabbate geschehe! Denn es wird alsdann eine große Trübsal sein, wie sie von Anfang der Welt bis jetzt nicht war und auch nicht sein wird.“ Nach dem Geschichtschreiber (Josephus)2 waren es derer welche durch Hunger und Schwert zugrunde gingen im ganzen eine Million. Die Aufständischen und Räuber, welche die Belagerung überlebten und nach derselben sich gegenseitig anzeigten, seien hingerichtet worden. Die größten und schönsten Jünglinge habe man für den Triumph aufbewahrt. Von der übrigen Masse seien die, welche über siebzehn Jahre alt waren, gefesselt nach Ägypten zu den öffentlichen Arbeiten abtransportiert worden; die meisten aber habe man unter die Provinzen verteilt, wo sie in den Theatern durch Schwert oder wilde Tiere den Tod finden sollten. Die, welche unter siebzehn Jahren waren, seien gefangen abgeführt und verkauft worden. Von diesen allein habe sich die Gesamtzahl auf 90 000 belaufen. Diese Ereignisse traten in der genannten Weise ein im zweiten Jahre der Regierung des Vespasian, und zwar entsprechend den Weissagungen unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus, welcher in göttlicher Kraft diese Ereignisse als bereits gegenwärtig geschaut, darüber geweint und geklagt hatte. Denn so berichten die Schriften der heiligen Evangelisten, welche getreu seine Worte aufbewahrt haben. An Jerusalem selbst wandte er sich einmal mit den Worten:3 „Wenn doch wenigstens du an diesem Tage erkannt hättest, was dir zum Frieden gereicht! Nun aber ist es vor deinen Augen verschlossen. Denn es werden Tage über dich kommen, da werden dich deine Feinde mit einem Walle umgeben, dich rings- S. 114 um einschließen, von allen Seiten einengen und dich und deine Kinder dem Erdboden gleichmachen.“ Ein andermal sagte er über das Volk:4 „Große Not wird auf der Erde sein und Erbitterung über dieses Volk. Sie werden durch den Mund des Schwertes fallen und werden unter alle Völker in Gefangenschaft geführt werden. Und Jerusalem wird von den Heiden niedergetreten werden, bis daß sich erfüllen die Zeiten der Heiden:“ Wiederum erklärt er:5 „Wenn ihr sehet, daß Jerusalem von Heeren umzingelt ist, dann wisset, daß seine Verwüstung naht!“ Wenn jemand die Worte unseres Erlösers mit dem vergleicht, was der Geschichtschreiber (Josephus) sonst noch über den ganzen Krieg berichtet, sollte er nicht voll Bewunderung bekennen, daß das Vorherwissen und Prophezeien unseres Erlösers wahrhaft göttlich ist und die natürlichen Kräfte wunderbar übersteigt? Nichts dürfte den Berichten über das Schicksal beizufügen sein, von welchem das ganze Volk heimgesucht wurde nach dem lauten Verlangen der Judenmasse, den Räuber und Mörder vom Tode freizusprechen und den Urheber des Lebens von ihr zu nehmen. Doch ist es wohl am Platze, noch als Beweis der barmherzigen und allgütigen Vorsehung zu erwähnen, daß diese noch volle vierzig Jahre nach dem an Christus verübten Frevel mit der Vernichtung des jüdischen Volkes zurückhielt; während dieser Zeit lebten noch die meisten Apostel und Jünger, auch Jakobus, der erste Bischof der Stadt, welcher der Bruder des Herrn genannt wurde, und weilten in Jerusalem selbst, wo sie gewissermaßen die festeste Schutzwehr bildeten. Solange zeigte die göttliche Vorsehung ihre Langmut, um ihnen Zeit zur Bereuung ihrer Verbrechen zu lassen, auf daß sie noch Verzeihung und Rettung fänden. Außer dieser Langmut schenkte die Vorsehung aber auch noch wunderbare Zeichen, welche das den Reuelosen drohende Schicksal andeuten sollten. Da diese auch von S. 115 dem genannten Geschichtschreiber einer Erwähnung gewürdigt werden, will ich sie den Lesern meiner Schrift nicht vorenthalten.