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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) Orationes Ausgewählte Reden (BKV)
Auf Weihnachten (In diem natalem)

2.

Sollte aber Jemand nach Art rechthaberischer Menschen sich bei dem Gesagten nicht beruhigen wollen, so habe ich noch einen zweiten Grund anzuführen; und was für einen? Ich nehme ihn von der Volkszählung her, die im Evangelium berichtet wird.1 „Es geschah“ — so erzählt nämlich der Evangelist — „in jenen Tagen, daß ein Befehl ausging von dem Kaiser Augustus, den ganzen Erdkreis zu beschreiben. Diese Aufschreibung, die erste, geschah unter dem Statthalter von Syrien, Kyrenius. Und Alle gingen hin, um sich aufschreiben zu lassen, ein Jeder in seine Stadt. Es ging denn auch Joseph von Galiläa aus der Stadt Nazareth hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, welche Bethlehem genannt wird, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war, um sich aufschreiben zu lassen sammt Maria, seinem angetrauten Weibe, die gesegneten Leibes war. Es geschah aber, als sie dort waren, daß erfüllt wurden die Tage, da sie gebären sollte; und sie gebar S. 36 ihren Sohn, den Erstgebornen, und wickelte ihn in Windeln, und legte ihn in eine Krippe, weil für sie in der Herberge kein Platz war.“ Daraus geht hervor, daß der Herr zur Zeit der ersten Volkszählung geboren ward. Wer nun die alten, in Rom aufbewahrten öffentlichen Urkunden lesen will, der kann daraus die Zeit dieser Volkszählung genau erfahren. Aber was geht Das uns an, sagt ihr, da wir doch nicht in Rom sind und auch nicht dahin kommen? Höre nur und sei nicht ungläubig: Wir haben dieses Fest von Leuten überkommen, die es genau wissen und selbst in jener Stadt wohnen. Denn die Römer sind es, die dieses Fest seit langer Zeit und nach einer alten Überlieferung feiern, und die jetzt auch uns die Kunde davon gebracht haben. Der Evangelist hat nämlich nicht umsonst diesen Zeitpunkt angedeutet, sondern einmal, um uns über den Tag der Geburt des Herrn zu unterrichten, und dann auch um das Walten der göttlichen Vorsehung zu zeigen. Denn der Kaiser Augustus hat damals jenen Befehl nicht aus eigener Eingebung und aus eigenem Antrieb gegeben, sondern Gott hat seinen Sinn darauf gelenkt, damit er, wenn auch ohne und gegen seinen Willen, der Menschwerdung des Sohnes Gottes dienstbar würde. Aber was konnte denn diese Schätzung zur Erfüllung des göttlichen Rathschlusses beitragen? Nicht wenig, mein Lieber! nicht ein Geringes, sondern sehr viel, ja sie war nothwendig und von großer Wichtigkeit. Wie so denn? Galiläa ist eine Landschaft in Palästina, und Nazareth eine Stadt in Galiläa. Auch Judäa — so wird es von den Eingebornen genannt — ist eine solche Landschaft, und Bethlehem eine Stadt in Judäa. Nun aber verkündigten alle Propheten, daß der Erlöser nicht von Nazareth, sondern von Bethlehem kommen und hier geboren werden sollte. Denn so steht geschrieben:2 „Und du, Bethlehem im Lande Juda, bist keineswegs die geringste unter den Fürstenstädten Juda’s, S. 37 denn aus dir wird der Herrscher hervorgehen, der mein Volk Israel regieren wird.“ Darum wiesen auch damals die Juden den Herodes, der sie nach dem Geburtsorte des Erlösers fragte, auf dieses Zeugniß hin. Damit hängt auch zusammen, daß Christus von Nathanael sagte: „Siehe, ein wahrer Israelit, in dem kein Falsch ist!“3 Als nämlich Philippus sich gegen Nathanael geäussert hatte: „Wir haben Jesum von Nazareth [den Erlöser] gefunden,“4 da hatte Nathanael zur Antwort gegeben: „Kann denn aus Nazareth etwas Gutes kommen“? Weßhalb hat nun Jesus den Nathanael gelobt? Weil dieser sich durch die Mittheilung des Philippus nicht gleich einnehmen ließ, vielmehr genau wußte und festhielt, daß nicht in Nazareth und nicht in Galiläa der Erlöser sollte geboren werden, sondern in Judäa—wie es denn auch geschehen ist. Während Philippus Das nicht wußte, war es dem schriftkundigen Nathanael wohl bekannt, daß der Messias nicht von Nazareth kommen sollte, und so stimmte denn seine Antwort mit jener alten Weissagung überein; darum sagte der Herr: „Siehe, ein wahrer Israelit, in dem kein Falsch ist!“ Ein anderes Zeugniß: Einige Juden sagten zu Nikodemus: „Forsche nach, und siehe, daß aus Galiläa nimmer ein Prophet erstehet!“5 Und an einer andern Stelle: „Kommt Christus nicht aus der Stadt Bethlehem, wo David war?“6 Es war das allgemeine Urtheil, daß der Erlöser unzweifelhaft von Bethlehem kommen müsse, und nicht aus Galiläa.

Wie es nun aber häufig und bei vielen Leuten der Fall ist, daß sie aus ihrer Heimath ausgewandert und nun in einer andern Stadt ansäßig sind, wo sie nicht herstammen: so hatten auch Joseph und Maria, obgleich Bürger von Bethlehem, diese Stadt verlassen, waren nach Nazareth übergefiedelt und hatten hier ihren Wohnsitz. S. 38 Und doch mußte Christus in Bethlehem geboren werden. Da erging denn jenes Gebot, das Maria und Joseph auch gegen ihre Absicht nach Bethlehem zu reisen nöthigte. So lag es im Plane der göttlichen Vorsehung. Der Befehl des Kaisers Augustus, nach welchem Jeder sich in seiner Vaterstadt mußte anschreiben lassen, zwang sie, von Nazareth sich aufzumachen und sich nach Bethlehem zu begeben, um sich dort aufschreiben zu lassen. Das ist es also, was der Evangelist andeutet, wenn er sagt: „Es ging aber auch Joseph von Galiläa aus der Stadt Nazareth hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, welche Bethlehem genannt wird, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war, um sich aufschreiben zu lassen sammt Maria, seinem angetrauten Weibe, die gesegneten Leibes war. Und es geschah, als sie dort waren, da wurden erfüllt die Tage, daß sie gebären sollte, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgebornen.“7


  1. Luk. 2, 1—7. ↩

  2. [unleserlich, d. Bearb.] ↩

  3. Joh. 1, 47. ↩

  4. Ebd. 1, 45. 46. ↩

  5. Ebd. 7, 52. ↩

  6. Ebd. 7, 42. ↩

  7. Luk. 4—7. ↩

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