• Start
  • Werke
  • Einführung Anleitung Mitarbeit Sponsoren / Mitarbeiter Copyrights Kontakt Impressum
Bibliothek der Kirchenväter
Suche
DE EN FR
Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Vierzehnte Homilie. Kap. IV, V.12-25.

4.

Es ist also am besten, überhaupt nicht zu sündigen; das nächstbeste aber ist, dass man die Sünden, die man doch begangen hat, auch als solche empfindet und sich dann bessert. Wenn wir dies aber tun, wie können wir da noch zu Gott beten, und um Verzeihung für Sünden bitten, aus denen wir uns gar kein Gewissen machen? Wenn du selbst, der du gefehlt hast, nicht einmal die bloße Tatsache anerkennen willst, dass du gesündigt hast, für welche Fehler bittest du dann Gott um Verzeihung? Für die, die du gar nicht einsehen willst? Wie kannst du aber da die Größe der Wohltat1 schätzen? Bekenne also2 deine Sünden, so wie sie sind, damit du auch weißt, wofür du S. 235Verzeihung erlangst, und du auf diese Weise Dankbarkeit empfindest gegen deinen Wohltäter. Wenn du einen Menschen beleidigt hast, dann gehst du seine Freunde, Nachbarn und selbst seinen Türsteher um Vermittlung an, gibst Geld aus und verlierst eine Menge Zeit mit Versuchen, dich ihm zu nahen und ihn3 zu bitten; und wenn der Beleidigte dich einmal, zweimal, ja hundertmal abgewiesen hat, so verliest du doch den Mut nicht, sondern wirst nur um so beharrlicher und eindringlicher mit deinen Bitten. Wenn wir dagegen Gott beleidigt haben, den Herrn aller Dinge, da sind wir träge und saumselig, erfreuen uns an Schwelgerei und Trinkgelagen, und treiben es in allem so, wie wir es immer getan haben. Wann können wir da Gott versöhnen? Oder wie sollten wir ihn nicht eher noch mehr erzürnen? Viel mehr als die Sünde an sich erregt es seinen Unwillen und Zorn, wenn man die Sünde nicht einmal bereut. Ja wir verdienten, unter die Erde begraben zu werden, keine Sonne mehr zu schauen und keine Luft mehr zu atmen, da wir einen Herrn, der so leicht zu versöhnen ist, dennoch beleidigen, und unsere Beleidigung nicht einmal bereuen. Aber er, selbst wenn er uns zürnt, tut dies nicht aus Hass und Abneigung, sondern nur, um uns wenn auch nur auf diese Weise an sich zu ziehen. Denn wenn er trotz seines Unwillens dir nur immer Gutes erweisen wollte, so würdest du ihn noch mehr missachten.

Um aber das zu vermeiden, wendet er sich für kurze Zeit von dir ab, um dich ganz für sich zu gewinnen. Haben wir also Vertrauen auf seine Liebe und betätigen wir eifrige Bußgesinnung, bevor der Tag kommt, an dem er uns nicht mehr helfen kann. Jetzt liegt unser ganzes Schicksal in unserer Hand; später aber wird der Herr nur noch als Richter über uns entscheiden. „Treten wir also hin vor sein Antlitz und bekennen wir; lasset uns weinen und trauern“4 .Ja, wenn es uns gelingt, von dem Richter vor dem Tage des Gerichtes Verzeihung für unsere Sünden zu erwirken, dann haben wir nicht weiter nötig, uns dem Gericht zu stellen; wenn nicht, so S. 236wird er uns öffentlich vor der ganzen Welt verhören, und wir dürfen nicht länger auf Nachsicht hoffen. Wer immer in diesem Leben sich nicht frei gemacht hat von seinen Sünden, der wird im Jenseits der gebührenden Strafe nicht entrinnen können. So wie bei uns die Gefangenen mit Ketten beladen vor Gericht geführt werden, so werden auch alle die Seelen nach ihrem Hinscheiden, mit den verschiedenartigen Ketten ihrer Sünden beladen, vor den schrecklichen Richterstuhl gebracht. Unser irdisches Leben ist ja ohnehin nichts anderes als ein Gefängnis. Wenn wir einen Kerker betreten, so sehen wir alle mit Ketten beladen. Gerade so ist es auch hier; denn wenn wir von dem äußerlich Wahrnehmbaren absehen, und in das Leben und in die Seele eines jeden einzelnen hineinblicken könnten, wir würden sie mit noch schlimmeren als bloß mit eisernen Ketten gefesselt sehen, zumal, wenn du in die Seelen der Reichen Zutritt bekämest; denn je mehr diese besitzen, um so mehr Fesseln tragen sie. Wenn du also einen5 Gefangenen siehst, wie er am Halse und an den Händen ja oft auch an den Füßen in Eisen geschmiedet ist, so bemitleidest du ihn darob gar sehr. In gleicher Weise sollst du aber auch den Reichen, den du mit unermeßlichem Besitz ausgestattet siehst, nicht deshalb für reich, sondern im Gegenteil eben deswegen für arm und elend halten. Er hat ja nicht bloß diese Ketten zu tragen, sondern hat auch noch einen bösen Wächter neben sich. Das ist der ungeordnete Hunger nach Reichtum. Der lässt ihn nicht aus diesem Gefängnis entkommen, sondern sorgt auch noch für hunderterlei andere Ketten, Wächter, Tore und Riegel, ja er wirft ihn ins innerste Verließ, und redet ihm sogar noch zu, an seinen Ketten sich zu freuen, damit ihm ja alle Aussicht entschwindet, je aus seiner unglücklichen Lage befreit zu werden. Ja, wenn du im Geiste eine solche Seele entblößt sehen könntest, du würde sie nicht bloß mit Ketten beladen, sondern auch mit Schmutz und Unrat bedeckt und voll von Ungeziefer finden. Die Freuden der Sinnenlust sind ja nicht besser als dies, höchstens noch abscheulicher; denn sie beschmutzen nicht bloß den Leib, S. 237sondern auch die Seele, und bringen über beide tausenderlei Krankheiten und Plagen. Aus all diesen Gründen wollen wir also zum Erretter unserer Seelen flehen, damit er unsere Fesseln zerreiße, diesen unheilvollen Wächter von uns treibe, uns von dem Gewicht dieser eisernen Ketten befreie und so unseren Geist leichter mache als die Schwingen eines Vogels. Indem wir ihn aber darum bitten, wollen auch wir unsererseits tun, was sich gehört, d.h. Eifer zeigen, Einsicht und guten Mut. Auf diese Weise werden wir auch in kurzer Zeit von den Fehlern, die uns anhaften, befreit werden und sehen können, in welcher Lage wir früher waren, und werden uns die Freiheit zurückerobern, die uns gebührt. Dies alles mögen wir erlangen durch die Gnade und Liebe unseres Herrn Jesus Christus, dem Ehre und Macht sei in alle Ewigkeit. Amen!


  1. der Verzeihung ↩

  2. Gott ↩

  3. um Verzeihung ↩

  4. Ps 94,2.6 ↩

  5. wirklichen ↩

pattern
  Drucken   Fehler melden
  • Text anzeigen
  • Bibliographische Angabe
  • Scans dieser Version
Download
  • docxDOCX (1.04 MB)
  • epubEPUB (1.01 MB)
  • pdfPDF (3.23 MB)
  • rtfRTF (3.18 MB)
Übersetzungen dieses Werks
Commentaire sur l'Evangile selon Saint Matthieu vergleichen
Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)

Inhaltsangabe

Theologische Fakultät, Patristik und Geschichte der alten Kirche
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Impressum
Datenschutzerklärung