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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Neunzehnte Homilie. Kap. VI, V.1-15.

7.

Gott kann dich nicht bloß von den drohenden Übeln befreien, er kann dir auch Ehre und Ruhm verschaffen. Denn, wie einerseits seine Macht groß ist, so ist seine Ehre unaussprechlich, und alles ist in ihm unbegrenzt und ohne Ende. Siehst du da, wie er von allen Seiten den Streiter salbt1 und ihm Mut einflößt? Dann will er auch noch, wie schon gesagt, zeigen, dass er mehr als alles andere Groll und Feindschaft verabscheut und hasst, und dass ihm unter allen Tugenden diejenige am liebsten ist, die diesem Laster gerade entgegengesetzt ist. Deshalb kommt er alsbald nach dem Gebet wieder auf eben diese Tugend zu sprechen, und sucht den Zuhörer sowohl durch die2 festgesetzte Strafe, wie auch durch den vorausbestimmten Lohn zur Beobachtung dieses Gebotes anzuleiten.

V.14: "Denn", sagt er, "wenn ihr den Menschen verzeihet, so wird auch euer himmlischer Vater euch verzeihen.

S. 359

V.15: Wenn ihr nicht verzeihet, wird auch er euch nicht verzeihen."

Deshalb erwähnt Christus nochmals den Himmel und den Vater, um auch damit den Zuhörer zu beschämen, der trotz eines solchen Vaters sich unmenschlich zeigen wollte, der für den Himmel berufen, eine irdische und weltliche Gesinnung hegte. Wir müssen ja nicht bloß durch die Gnade Kinder Gottes werden, sondern auch durch die guten Werke. Nichts macht uns aber Gott so ähnlich, als sich gegen die Bösen und Missetäter versöhnlich zeigen, wie übrigens der Herr schon früher darlegte, da er sagte, die Sonne gehe über die Bösen wie über die Guten auf. Deshalb heißt uns Christus bei jedem einzelnen Satz das Gebet im Plural verrichten: "Vater unser", sagte er; und: "Dein Wille geschehe, wie im Himmel also auch auf Erden"; "gib uns unser Brot"; "vergib uns unsere Schulden"; führe uns nicht in Versuchung"; "erlöse uns"; durchweg sollen wir dieses Kollektivwort gebrauchen, damit wir auch keine Spur von Zorn gegen den Nächsten mehr in uns tragen. Welche Strafe werden also nicht diejenigen verdienen, die nach all dem nicht nur selbst nicht verzeihen, sondern sogar noch Gott zur Rache gegen ihre Feinde aufrufen; die diesem Gebot direkt zuwiderhandeln, und dies, während Gott alles tut und ins Werk setzt, damit wir nur ja gegeneinander keine Feindschaft hegten? Die Liebe ist ja die Wurzel alles Guten; wer also das beseitigt, was die Liebe verletzt, der einigt und verbindet uns all miteinander. Es gibt ja niemand, gar niemand, sei es Vater, oder Mutter, oder Freund, oder wer immer, der uns so liebte, wie Gott unser Schöpfer. Das sehen wir auch noch besonders deutlich an dem vielen Guten, das Er uns täglich tut und an den Geboten, die Er uns gibt. Wenn du mir aber von Trübsalen redest, von Schmerzen und von Unbilden des Lebens, so bedenke nur, wie oft und schwer du Gott Tag um Tag beleidigst; dann wirst du dich nicht mehr wundern, und käme auch noch viel Schlimmeres über dich. Verwundere dich und staune vielmehr dann, wenn dir etwas Gutes widerfährt!

S. 360 Jetzt schauen wir immer nur auf die Widerwärtigkeiten, die uns zustoßen; an die Beleidigungen, die wir Gott tagtäglich zufügen, denken wir nicht; nur deshalb sind wir unzufrieden. Ja, wenn wir auch nur die Sünden eines einzigen Tages einmal genau überdächten, so würden wir klar erkennen, welche Strafe wir eigentlich verdient hätten. Ich will da einmal die Sünden, die ein jeder von uns auf dem Gewissen hat, übergehen, und nur von denen reden, die wir heute begangen, obwohl ich ja nicht weiß, worin ein jeder gesündigt hat. Aber gleichwohl ist die Zahl der Sünden so groß, dass selbst der, der sie nicht alle genau kennt, doch aus den übrigen noch eine gute Anzahl zusammenbringt. Oder wer von uns war nicht heute schon beim Gebete zerstreut? Wer trug sich nicht mit hochmütigen Gedanken? Wer frönte nicht dem Ehrgeiz? Wer hat nicht böse von seinem Nächsten geredet, hat keine böse Begierde aufkommen lassen? Wer hat nicht unkeusche Blicke geworfen, Groll und Feindschaft gehegt und sein Herz in Unmut kochen lassen? Wenn wir aber schon in der Kirche und in so kurzer Zeit uns so viele Sünden zuschulden kommen lassen, wie werden wir erst sein, wenn wir wieder draußen sind? Wenn solche Stürme im Hafen uns umtosen, werden wir da uns selbst noch erkennen, wenn wir in das offene Meer der Sünden gelangt sind, ich meine den öffentlichen Markt, die politischen Streitigkeiten, die häuslichen Sorgen? Gleichwohl hat uns Gott zur Erlangung des Nachlasses von so großen und so vielen Sünden einen ebenso kurzen als bequemen Weg angegeben, der uns nicht die geringste Mühe verursacht. Oder welcher Anstrengung bedarf es, um dem Beleidiger zu verzeihen? Eine Mühe kostet es vielmehr, nicht zu verzeihen und die Feindschaft beizubehalten. Lässt man hingegen von seinem Zorne ab, so erlangt man große Seelenruhe, und wenn einer nur will, so bringt er dies leicht zustande.


  1. die Ringkämpfer salbten sich vor dem Kampfe immer ein ↩

  2. für das entgegengesetzte Laster ↩

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Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)

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