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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Sechsunddreißigste Homilie. Kap. XI, V.1-6

3.

Christus selbst hat es ja bezeugt, dass Johannes der größte unter den Propheten war. Dass aber die Propheten vom Leiden des Herrn wussten, steht außer Zweifel. So sagt ja Isaias: "Wie ein Schaf ward er zur Schlachtbank geführt, und stumm blieb er, wie ein Lamm unter der Hand des Scherers"1 . Und an einer früheren Stelle sagte er: "Es wird leben die Wurzel des Jesse, und auf den, der sich erheben wird, um zu herrschen über die Völker, auf den werden die Völker ihre Hoffnung setzen"2 . Dann kommt er auf das Leiden zu sprechen und auf die Herrlichkeit, die es im Gefolge haben sollte: "Und seine Ruhe wird Ehre sein"3 . Aber nicht nur, dass er gekreuzigt würde, hat Isaias vorhergesagt, sondern auch in wessen Gesellschaft: "Denn er wurde unter die Verbrecher gezählt"4 , heißt es; und nicht bloß das, sondern auch dass er sich nicht verteidigen würde: "Denn dieser", sagt er, "öffnet seinen Mund nicht"5 ; ebenso, dass er ungerecht verurteilt würde: "Denn in seiner Erniedrigung ward sein Gericht hinweggenommen"6 .Auch David sagt schon vor ihm S. d530 dasselbe und beschreibt die Gerichtsszene mit den Worten: "Warum knirschten die Nationen und sannen die Völker auf Eitles? Es standen da die Könige der Erde, und die Fürsten versammelten sich wider den Herrn und wider seinen Christus"7 . An einer anderen Stelle spricht er sogar von der Todesart des Kreuzes, indem er sagt: "Sie durchbohrten meine Hände und meine Füße"8 . Auch das, was die Soldaten gegen den Herrn sich erlaubten, fügt er ganz genau hinzu: "Denn", sagt er, "sie verteilen unter sich meine Kleider, und über mein Gewand warfen sie das Los"9 . Und an einer anderen Stelle sagte er sogar voraus, dass sie ihm Essig brächten: "Denn sie gaben mir Galle zur Speise und in meinem Durst gaben sie mir Essig zu trinken"10 .

Außerdem haben die Propheten auch schon so viele Jahre vorher von dem Gericht und der Verurteilung geredet, von denen, die mit dem Herrn gekreuzigt würden, von der Verteilung der Kleider und dass über sie das Los geworfen würde, und von vielen anderen Dingen; es ist ja nicht nötig, dass ich jetzt alles aufzähle, um nicht die Rede zu sehr in die Länge zu ziehen. Und da hätte Johannes, der größte von all diesen Propheten, von all dem nichts gewusst? Wie ist so etwas denkbar? Warum hat er aber nicht gesagt; bist du derjenige, der in den Hades hinabsteigen wird, sondern einfach: "der da kommen wird"? Indes, was noch viel lächerlicher wäre als dies, ist die Behauptung, Johannes habe dies gesagt, um dann selbst in die Unterwelt zu gehen und Christum zu verkünden. Diesen Leuten ist es wohl an der Zeit zu antworten: "Brüder, werdet keine Kinder in eurem Denken, sondern seid Kinder gegenüber dem Bösen"11 . Das jetzige Leben ist eben die Zeit des guten Wandels; nach dem Tode dagegen harren auf uns Gericht und Strafe. "Denn", heißt es, "wer wird dich in der Unterwelt bekennen?"12 . Inwiefern wurden also S. d531 "die ehernen Tore zermalmt und die eisernen Türpfosten zerbrochen"13 ? Das geschah durch seinen Leib. Damals ward ja zum erstenmal ein unsterblicher Leib gesehen, der die Tyrannei des Todes brach. Im übrigen beweist dies aber nur, dass die Macht des Todes vernichtet wurde, nicht aber, dass die Sünden derer, die vor Christi Ankunft starben, hinweggenommen wurden. Wäre dem nicht so und hätte der Herr auch die Menschen, die schon früher gestorben waren, samt und sonders aus der Unterwelt befreit, wie konnte es dann heißen: "Es wird erträglicher sein für das Land von Sodoma und Gomorrha"14 ? Damit ist doch gesagt, dass auch sie bestraft werden, etwas milder zwar, aber doch, dass sie bestraft werden. Allerdings sind sie auch hienieden schon sehr schwer bestraft worden, aber gleichwohl wird auch das sie nicht retten. Wenn es aber schon ihnen nichts hilft, dann noch weniger jenen, die gar nichts zu leiden hatten.

Nun denn, fragst du, ist da den Menschen, die vor seiner Ankunft lebten, nicht ein Unrecht geschehen? Keineswegs; es war ja die Möglichkeit vorhanden, dass damals auch solche gerettet wurden, die Christum nicht bekannt hatten. Denn nicht das wurde von ihnen verlangt, sondern nur, dass sie keinen Götzendienst trieben und den wahren Gott erkennten. "Denn", heißt es, "der Herr, dein Gott, ist ein Herr"15 . Darum fanden ja auch die Makkabäer Bewunderung, weil sie ihre Leiden um der Beobachtung des Gesetzes willen erduldeten; ebenso die drei Jünglinge und viele andere Juden, die ein tadelloses Leben führten, entsprechend diesem Grade ihrer Erkenntnis; von ihnen allein ward nichts weiteres verlangt. Damals genügte es eben zum Heile, wie ich schon gesagt habe, dass man den einen Gott erkannte. Jetzt ist es nicht mehr so; jetzt muss man auch Christum kennen und bekennen. Deshalb sagte auch der Herr: "Wäre ich nicht gekommen, und hätte ich nicht zu ihnen geredet, so hätten sie keine Sünde; jetzt aber haben sie S. d532 keine Entschuldigung für ihre Sünde"16 . Das gleiche gilt auch von unserem Lebenswandel. Damals war verloren, wer einen Mord beging; jetzt ist dies schon der Fall, wenn jemand zürnt. Damals war es strafbar, die Ehe zu brechen und mit der Frau eines anderen Umgang zu pflegen, jetzt sind dies schon unkeusche Blicke. Wie nämlich die Erkenntnis wuchs, so wurden auch an das Leben höhere Anforderungen gestellt. Es bedurfte also des Vorläufers durchaus nicht in der Unterwelt. Denn sonst, wenn die Ungläubigen nach dem Tode noch durch den Glauben gerettet werden könnten, ginge nie jemand verloren. Da würden sich alle bekehren und Christum anbeten. Dass dies wahr ist, kannst du vom hl. Paulus hören, der da sagt: "Jede Zunge wird bekennen und jedes Knie wird sich beugen im Himmel und auf Erden und unter der Erde"17 , und: "Als letzter Feind wird der Tod vernichtet werden"18 . Es wird ihnen also im Gegenteil eine solche Unterwerfung nichts nützen; denn sie ist nicht der Ausfluss des guten Willens, sondern entspringt nur gleichsam dem Zwange der Umstände.


  1. Jes 53,7 ↩

  2. Jes 11,10 ↩

  3. ebd ↩

  4. ebd 53,12 ↩

  5. ebd 53,7 ↩

  6. ebd 53,8 ↩

  7. Ps 2,12 ↩

  8. ebd 21,17 ↩

  9. ebd 21,19 ↩

  10. ebd 68,22 ↩

  11. 1 Kor 14,20 ↩

  12. Ps 6,6 ↩

  13. Ps 106,16; Jes 45,2 ↩

  14. Lk 10,12 ↩

  15. Dtn 6,4 ↩

  16. Joh 15,22 ↩

  17. Phil 2,11 ↩

  18. 1 Kor 15,26 ↩

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