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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Vierzigste Homilie. Kap. XII, V.9-24.

2.

Ein so großes Übel ist der Neid. Er steht nicht S. d579 bloß mit den fremden, sondern auch mit den eigenen Hausgenossen in ewigem Krieg. Markus sagt hier, die Pharisäer hätten diese Beratung mit den Herodianern abgehalten. Was tut nun der Herr in seiner Milde und Sanftmut? Er ging fort, als er dies erfuhr.

V.15: „Jesus aber erkannte ihre Ratschläge und zog sich darum von dort zurück.“

Wo sind nun diejenigen, die da sagen, es sollten1 Wunder geschehen? Durch diesen Vorfall hat ja der Herr gezeigt, dass ein böswilliges Gemüt sich auch dadurch nicht überzeugen lässt, und hat zugleich zu erkennen gegeben, dass auch die Vorwürfe gegen seine Jünger unberechtigt waren. Indes verdient auch die Tatsache Beachtung, dass die Pharisäer am allermeisten ob der Wohltaten ergrimmten, die der Herr anderen erwies; sobald sie einen sahen, der von Krankheiten oder Sünden befreit ward, so ergingen sie sich in Anklagen und wilden Schmähungen. Als er das hurerische Weib retten wollte, da verleumdeten sie ihn; ebenso als er mit Zöllnern aß; und jetzt wieder, da sie die geheilte Hand sahen. Du aber erwäge, wie der Herr keineswegs von der Sorge für Kranke ablässt und doch zugleich den Neid der anderen zu besänftigen sucht.

„Und es folgten ihm große Scharen Volkes und er heilte sie alle.“

V.16: „Und er drohte den Geheilten, dass sie ihn niemand offenbaren sollten.“

Die Menge des Volkes hat dem Herrn überall ihre Bewunderung gezollt und ist ihm nachgefolgt; nur Pharisäer ließen von ihrer Bosheit nicht ab. Damit du aber bei solchen Vorkommnissen nicht in Verwirrung geratest ob der sinnlosen Wut der Pharisäer, so erwähnt der Herr auch den Propheten, der all dies vorausgesagt hat. So bis ins Kleinste genau waren eben die Propheten, dass sie auch diese Dinge nicht übergingen; sie verkündeten sogar seine Gänge und Wanderungen vorher, sowie die Absicht, mit der er all dies tat. Du sollst eben daraus erkennen, dass sie alles im Heiligen Geiste geschrieben. Denn wenn es schon unmöglich ist, die S. d580 geheimen Gedanken der Menschen zu erkennen, dann war es noch viel unmöglicher, die Absichten Christi zu erkennen, ohne dass der Heilige Geist sie offenbarte. Was sagt aber der Prophet? Der Herr fuhr fort:

V.17: „Auf dass erfüllt würde das Wort des Propheten Isaias, der da sprach:

V.18: Siehe, mein Sohn, den ich auserwählt habe, mein Geliebter, an dem ich mein Wohlgefallen fand. Ich werde ihm meinen Geist verleihen und er wird den Völkern das Urteil verkünden.

V.19: Er wird keinen Streit erregen, er wird keinen Lärm machen und niemand wird seine Stimme auf den Straßen hören.

V.20: Das gekrümmte Rohr wird er nicht vollends zerbrechen und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen, bis dass er seinem Gericht den Sieg verschafft2 .

V.21: Und auf seinen Namen werden die Völker ihre Hoffnung setzen.“

Mit diesen Worten preist der Prophet die Milde und unaussprechliche Macht Christi und eröffnet zugleich für die Heiden ein Eingangstor, groß und weit, verkündet auch den Juden das Unheil, das über sie kommen sollte und bezeugt endlich die Übereinstimmung des Herrn mit seinem Vater. „Denn“, heißt es, „sieh da meinen Sohn, den ich auserwählt, mein Geliebter, an dem ich mein Wohlgefallen fand.“ Wenn aber der Vater ihn auserwählt hat, so wird er auch nicht im Gegensatz zu ihm das Gesetz aufheben und sich nicht als Feind des Gesetzgebers zeigen, sondern in Gedanken und Werken mit ihm übereinstimmen. Sodann preist der Prophet seine Sanftmut und sagt: „Er wird keinen Streit erregen, er wird keinen Lärm machen.“ Er selbst hatte ja die Absicht, unter den Juden zu heilen; nachdem sie ihn aber zurückgewiesen, so setzt er auch dem keinen Widerstand entgegen. Um sodann des Herrn Macht und der anderen Schwäche zu zeigen, heißt es weiter: „Ein gekrümmtes Rohr wird er nicht zerbrechen.“ Ihm wäre es ja ein Leichtes gewesen, alle seine Feinde wie ein S. d581 Rohr zu zerbrechen; ja, sie waren schon kein unversehrtes Rohr mehr, sondern bereits gekrümmt. „Und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.“ Hier stellt uns der Prophet einerseits den flammenden Zorn der Pharisäer vor Augen, andererseits die Macht des Herrn, die genügt hätte, um ihren Zorn zunichte zu machen und mit Leichtigkeit auszulöschen. Darin liegt ein Beweis für seine große Sanftmut. Wie aber? Wird dies immer so sein? Wird er bis ans Ende diese Menschen ertragen, die ihm nachstellen und wider ihn rasen? Keineswegs; sondern wenn erst einmal seine Aufgabe erfüllt ist, dann wird auch das andere geschehen. Das hat er ja mit den Worten kundgetan; „Bis dass sein Gericht den Sieg erlangt.“ „Und auf seinen Namen werden die Völker ihre Hoffnung setzen.“ So sagt auch der hl. Paulus: „Seid bereit, jeden Ungehorsam zu strafen, nachdem euer eigener Gehorsam vollkommen geworden“3 .

Was bedeutet aber das Wort: „Bis sein Gericht den Sieg erlangt“? Das heißt, wenn er alles erfüllt haben wird, was an ihm liegt, dann wird er auch mit dem Gerichte kommen, und zwar mit gründlichem Gericht. Dann wird es jenen schlimm ergehen, wenn sein Siegeszeichen in strahlendem Glanz vor ihnen steht und seine Urteilssprüche zu Recht bestehen werden und jenen keine Ausflucht und keine anmaßende Widerrede mehr bleibt. Der Herr wusste eben, dass mit dem Ausdruck „Gericht“ die Gerechtigkeit bezeichnet wurde. Doch beschränkt sich seine Tätigkeit nicht bloß darauf, die Untreuen zu bestrafen, er wird auch den ganzen Erdkreis an sich ziehen: „Und auf seinen Namen werden die Völker ihr Hoffen setzen.“Und damit du dann wissest, dass auch dies der Absicht des Vaters entsprach, so hat der Prophet schon zu Beginn dies zugleich mit dem Vorausgehenden verheißen und sagte:„Mein Geliebter, an dem ich mein Wohlgefallen fand.“ Es ist ja klar, dass der Geliebte hierin nach der Absicht des Geliebten handelt4 .

S. d582

V.22: „Damals brachten sie einen Besessenen zu ihm, der blind und stumm war, und er heilte ihn, so dass der, der vorher blind und stumm war, reden und sehen konnte.“


  1. auch jetzt noch ↩

  2. Jes 42,13 ↩

  3. 2 Kor 10,6 ↩

  4. Jes 42,14 ↩

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