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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Zweiundfünfzigste Homilie. Kap. XV, V.21-31.

3.

Erwäge nun, wie es kam, dass das Weib ihr Ziel erreichte, indes die Apostel keine Erhörung fanden und nichts ausrichteten. Etwas so Großes ist es eben um die Beharrlichkeit im Gebet. Gott will, dass wir lieber selbst in unseren eigenen Bedürfnissen ihn bitten, als dass andere es für uns tun. Die Apostel hatten allerdings den Vorrang vor ihr; aber das Weib bekundete um so größere Beharrlichkeit. Durch den Ausgang der Sache rechtfertigte sich aber der Herr auch den Jüngern gegenüber wegen des Aufschubes und zeigte, dass er gut daran getan hatte, ihre Bitte zu erhören.

V.29: „Und nachdem Jesus von dort weggegangen war, kam er an den See von Galiläa, und er stieg auf den Berg hinaus und setzte sich dort nieder.

V.30: Und es kamen zu ihm zahlreiche Scharen Volkes; sie hatten Lahme bei sich, Blinde, Bresthafte und Taubstumme; und sie legten sie vor ihm nieder und er heilte sie.

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V.31: Darüber erstaunten die Scharen, als sie Stumme redend, Lahme gehend, Blinde sehend gewahrten; und sie lobpriesen den Gott Israels.“

Christus geht bald umher, bald setzt er sich und erwartet die Kranken und führt die Lahmen auf den Berg. Sie berühren jetzt schon nicht mehr den Saum seines Kleides, sondern steigen eine Stufe höher hinan und werfen sich ihm zu Füßen; sie bekunden damit auf zweifache Weise ihren Glauben, dadurch, dass sie trotz ihrer Lähmung auf den Berg hinaufgehen, und dadurch, dass sie nichts anderes wollen, als nur sich ihm zu Füßen werfen. Es war ein sehr wunderbares und auffallendes Schauspiel, dass diejenigen, die man sonst tragen musste, nun umhergingen und die Blinden keines Führers mehr bedurften. Das Staunen der Leute wurde erregt sowohl durch die Menge der Geheilten, als durch die Leichtigkeit, mit der Jesus heilte. Siehst du auch, dass er dem Weibe erst nach so langem Zögern half, diesen Leuten hier aber sofort? Nicht etwa, als ob diese besser gewesen wären als jenes Weib, sondern weil sie stärker im Glauben war als diese. Bei ihr zögert und zaudert er, um ihre Beharrlichkeit ins Licht zu stellen; diesen gewährt er sofort die Hilfe, um den ungläubigen Juden den Mund zu schließen und ihnen jegliche Entschuldigung zu benehmen. Je größere Wohltaten jemand empfängt, desto größerer Strafe macht er sich schuldig, wenn er undankbar ist und durch die Gunstbezeugung nicht besser wird. Eben deshalb werden die Reichen, wenn sie böse sind, strenger gestraft als die Armen, da sie trotz ihres Reichtums nicht besser geworden sind.

Wende mir da nur nicht ein, dass sie ja Almosen gaben. Denn wenn sie es nicht nach Maßgabe ihres Vermögens taten, so entgehen sie der Strafe doch nicht. Man muss eben das Almosen nicht nach der Größe der Gabe, sondern nach der guten Meinung beurteilen, die man dabei hat. Wenn aber schon solche bestraft werden, um wieviel mehr erst diejenigen, die nach Überflüssigem verlangen, die drei- und vierstöckige Häuser S. d747 bauen und dabei sich nicht um die Hungernden kümmern, die nur auf Gelderwerb bedacht sind, aber nicht darauf, Almosen zu geben? Weil wir aber nun doch schon einmal auf das Almosen zu sprechen kamen, so wollen wir heute die Rede über die Nächstenliebe, die ich vor drei Tagen unvollendet ließ1 , wieder aufnehmen. Erinnert euch, dass ich damals von der übertriebenen Sorgfalt für die Fußbekleidung sprach, von jenem eitlen Tand und der läppischen Torheit der jungen Leute, und wie ich damals vom Almosen auf jene tadelnswerten Dinge zu sprechen kam. Was war es also, wovon wir damals handelten? Dass das Almosengeben eine Kunst ist, deren Werkstätte der Himmel und deren Lehrer nicht ein Mensch, sondern Gott ist. Dann untersuchten wir, was eigentlich Kunst sei und was nicht, und kamen so auf gewisse törichte und schlechte Künste zu sprechen, wobei wir auch die Schuhmacherkunst erwähnten. Habt ihr euch wieder erinnert? Nun gut, so wollen wir heute den damaligen Gegenstand wieder aufgreifen und beweisen, dass das Almosengeben eine Kunst und zwar die beste aller Künste ist.

Wenn es nämlich zum Begriff der Kunst gehört, etwas Nützliches zu schaffen, und wenn es nichts Nützlicheres gibt als das Almosengeben, so ist es klar, dass auch dies eine Kunst ist, und zwar die beste aller Künste. Denn diese Kunst verfertigt uns keine Schuhe, webt uns keine Gewänder und baut uns keine Häuser aus Lehm, dafür vermittelt sie uns das ewige Leben, entreißt uns den Händen des Todes, verleiht uns Herrlichkeit im anderen Leben und baut uns die Wohnungen im Himmel und jene Gezelte, die für die Ewigkeit dauern. Das Almosen macht, dass unsere Lampen nicht erlöschen und dass wir nicht mit schmutzigen Gewändern bei der Hochzeit erscheinen; es reinigt sie vielmehr und macht sie weißer als Schnee. „Wenn eure Sünden wären wie Scharlach, sie sollen doch weiß werden wie Schnee“2 . Das Almosen lässt uns nicht dahin kommen, wohin jener Reiche gekommen war, und macht, dass wir nicht die S. d748 schrecklichen Worte wie er hören müssen, sondern führt uns in den Schoß Abrahams. Von den weltlichen Künsten leisteten jede für sich etwas Gutes; z.B. der Landbau liefert Nahrung, die Webekunst Kleidung; aber genau besehen ist keine einzige imstande, für sich allein ihre Aufgabe zu erfüllen.


  1. siehe Hom 49,5 ↩

  2. Jes 1,18 ↩

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