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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Sechsundfünfzigste Homilie Kap. XVI, V.28-Kap. XVII, V.9.

6.

Komme mir also nicht mit dem Einwand, derjenige, der sich das Geld ausleiht, freue sich doch und danke für die Anleihe. Denn das tut er nur, weil du so hart bist. Auch Abraham lieferte sein Weib den Barbaren aus, aber keineswegs gern, sondern aus Furcht vor Pharao, um sich gegen Feindseligkeiten sicherzustellen. So handelt auch der Arme; weil du ihm nicht einmal das umsonst gewährst, sieht er sich ob deiner Hartherzigkeit genötigt, dir zu danken. Bei dir aber hat es den Anschein, als ob du noch einen Lohn verlangest dafür, dass du ihm aus seiner Not geholfen hast. Beileibe S. d816 nicht, entgegnest du. Aber wie kannst du so sagen? Wenn du ihn aus einem größeren Elende rettest, verlangst du nichts dafür; wenn du ihm aber eine geringere Hilfe gewährst, legst du eine solche Lieblosigkeit an den Tag? Weißt du nicht, welche Strafe eine solche Handlungsweise nach sich ziehen muss? Hast du nicht gehört, dass dies auch im Alten Bunde geahndet wurde? Wie lautet aber die Ausrede, welche die meisten gebrauchen? Wenn ich Zinsen nehme, so bin ich in der Lage, den Armen zu helfen, sagen sie. Das mag ganz recht sein, mein Lieber; aber solche Opfer will Gott nicht. Deute nicht am Gesetze herum! Es ist besser, den Armen gar nicht zu geben, als auf diesem Wege, dass du gerecht erworbenes Vermögen durch den Gewinn, den du auf schlechte Weise daraus ziehst, oft ungerecht machst; es ist das gerade so, wie wenn jemand einen Schoß, der eine gute Frucht birgt, zwänge, Skorpione zur Welt zu bringen. Doch, ich brauche mich gar nicht auf Gottes Gesetz zu berufen. Nennt ihr nicht selber eine solche Handlungsweise schmutzig? Wenn nun ihr trotz eurer Gewinnsucht so urteilet, dann bedenke, was für ein Urteil Gott über euch fällen wird. Und willst du auch die bürgerlichen Gesetze heranziehen, so wirst du sehen, dass auch sie derartige Geschäfte als die größte Schamlosigkeit brandmarken. Männern, welche Ehrenämter bekleiden und zum großen Rate, der Senat heißt, gehören, ist es nicht gestattet, sich mit solchen Geschäften zu entehren; ja, ein eigenes Gesetz untersagt ihnen solchen Erwerb. Ist es darum nicht schauderhaft, wenn du eine Ehre, welche die römischen Gesetzgeber dem Senate wahrten, nicht auch dem Himmelreiche zuerkennst? Wenn dir vielmehr der Himmel weniger gilt als die Erde und du dich einer solchen Widersinnigkeit nicht einmal schämst? Gäbe es etwas Törichteres, als wenn jemand mit aller Gewalt ohne Erdreich, ohne Regen, ohne Pflug säen wollte? Die Folge davon ist, dass Leute, die sich auf einen derartigen Landbau verlegen, nur Unkraut ernten, das ins Feuer geworfen wird.

Gibt es denn nicht genug Erwerbszweige, die gerecht sind. Landbau, Schaf- und Viehzucht, Handwerke, S. d817 Verwaltung des Vermögens? Wie kannst du so wahnsinnig und töricht sein, Disteln zu bauen? Ja, aber die Früchte der Erde sind so vielen Unfällen ausgesetzt: Hagel, Brand, Regenwetter; so wirfst du ein. Mag sein, aber die Geldgeschäfte noch größeren. Mag beim Landbau alles mögliche eintreten, der Schaden trifft nur den Ertrag; das Kapital, der Acker nämlich, bleibt erhalten. Beim Geldgeschäft jedoch haben oft schon viele das ganze Kapital eingebüßt; sie schweben daher auch, bevor noch ein Unglück eintritt, in beständiger Unruhe. Ein Geldverleiher genießt ja eigentlich nie sein Vermögen, auch wenn die Zinsen einlaufen, hatte er keine Freude an diesem Gewinne, ist vielmehr voll Bedauern, dass die Zinsen das Kapital noch nicht überholt haben. Bevor also noch diese böse Frucht aufgetragen ist, arbeitet er daran, sie zur Welt zu bringen, indem er die Zinsen zum Kapital schlägt und wendet selbst Gewalt an, um diese Schlangenbrut, wenn sie noch unreif ist, vor der Zeit aushacken zu lassen. So nämlich kann man die Zinsen nennen, weil sie weit schlimmer sind als jene Bestien und die Seelen der Unglücklichen zerfleischen und verschlingen. Das ist eben die Fessel der Ungerechtigkeit, das die Kette der ungerechten Abmachungen. Denn sagt man: ich gebe, nicht damit du empfangest, sondern damit du noch mehr zurückgebest. Und doch hat Gott verboten, wiederzunehmen, was man einmal gegeben hat; denn er sagt: „Leihet dar, ohne etwas entgegenzuhoffen“1 . Du aber forderst mehr zurück, als du gegeben hast, ja du zwingst den Empfänger, etwas als seine Schuld an zusehen, was du ihm gar nicht gegeben hast. Allein, anstatt dein Verrmögen zu vergrößern, wie du meinst, schürst du dir nur das ewige Feuer an. Damit uns also so etwas nicht wilderfahre, lasset uns den Schoß, der mit den unheilvollen Zinsen schwanger geht, seiner Bürge entledigen, diese ungerechten Geburtswehen beseitigen, diesen Verderben kreisenden Leib vertilgen und allein dem wahren Gewinn nachgehen. Welcher ist das? Höre, was Paulus sagt: „Es ist aber großer Gewinn die Frömmigkeit mit S. d818 Genügsamkeit“2 . Das also sei allein der Reichtum, mit dem wir uns bereichern wollen, auf dass wir hier den Frieden finden und dort die künftigen Güter erlangen durch die Gnade und Güte unseres Herrn Jesus Christus, dem die Ehre und die Macht gebührt mit dem Vater und dem Heiligen Geiste, jetzt und allezeit und in alle Ewigkeit. Amen!


  1. Lk 6,35 ↩

  2. 1 Tim 6,6 ↩

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