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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Einundsechzigste Homilie. Kap. XVIII, V.21-35.

4.

Bis dahin war dieser Knecht gut und tugendhaft gewesen; er war geständig, versprach seine Schuld zu bezahlen, fiel nieder, flehte, verurteilte seine Fehler und sah ein, wie groß seine Schuld war. Was er aber darauf tat, schloss sich nicht würdig an das Vorausgehende an. Er ging hinaus und sofort, nicht etwa erst nach längerer Zeit, nein sofort, während die Erinnerung an die empfangene Wohltat noch frisch im Gedächtnisse haftete, missbrauchte er die Nachsicht und die Freiheit, die ihm von seinem Herrn geschenkt worden war.

V.28: „Er fand einen seiner Mitknechte, welcher ihm hundert Denare schuldete, und er ergriff und würgte ihn und sagte: Gib mir zurück, was du schuldig bist.“

Siehst du, wie gütig der Herr; siehst du, wie hart der Knecht? Höret es, ihr, die ihr um des Geldes willen ebenso handelt. Wenn man nicht so vorgehen darf, wo es sich um Sünden handelt, wieviel weniger, wenn nur Geld in Frage steht? Was sagt also der Mitknecht?

V.29: „Habe Nachsicht mit mir, und ich werde dir alles zurückbezahlen.“

Der Knecht aber beachtete nicht, dass das dieselben Worte waren, die ihn gerettet hatten[^1676] ; er erkannte den Hafen nicht wieder, durch den er dem Schiffbruch entronnen war. Selbst die Art, wie der Mitknecht bat, S. d887 gemahnte ihn nicht an die Milde seines Herrn; alles das, war ihm infolge seiner Habsucht, Grausamkeit und Unversöhnlichkeit entfallen, und so handelte er schlimmer als ein wildes Tier: Er würgte seinen Mitknecht. Was tust du da, Mensch? Merkst du nicht, dass du dein eigener Ankläger wirst, dass du das Schwert gegen dich selbst richtest, dass du den Rechtsspruch und deine Freisprechung widerrufst? Allein nichts von all dem kam ihm in den Sinn, er dachte nicht an das, was ihm widerfahren, und ließ sich nicht erbitten, dabei wurde er nicht einmal um Nachsicht einer gleichen Summe gebeten. Er selbst hatte wegen einer Schuld von zehntausend Talenten, der Mitknecht nur wegen hundert Denaren gefleht; er vor dem Herrn, dieser nur vor einem Mitknechte; ihm war alles erlassen worden, dieser bat bloß um einen Aufschub. Aber auch diesen mag er nicht zugestehen, sondern:

V.30: „Er warf ihn in das Gefängnis.

V.31: Als aber seine Mitknechte dies sahen, erzählten sie es ihrem Herrn.“

Nicht einmal den Menschen gefiel eine solche Handlungsweise, geschweige denn Gott. Die selber nichts schuldig waren, fühlten Mitleid. Was tut nun der Herr? Er sprach:

V.32: „Du böser Knecht! Deine ganze große Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich gebeten hast,

V.33: musstest nun nicht auch du deines Mitknechtes dich erbarmen, so wie ich mich deiner erbarmt habe?“

Beachte wiederum die Milde des Herrn. Er geht mit ihm ins Gericht und entschuldigt sich dabei, da er zurücknehmen soll, was er ihm geschenkt hatte; und doch hat nicht so sehr er, als vielmehr der Empfänger die Gabe rückgängig gemacht. Daher die Worte: „Jene ganze Schuld habe ich dir nachgelassen, hättest nicht auch du dich deines Mitknechtes erbarmen sollen?“ Mag es dir auch schwer ankommen, du hättest doch auf den Vorteil sehen sollen, den du schon gewonnen und der noch in Aussicht stand. Wenn dir das Gebot auch eine Bürde auflegt, du solltest den Lohn ins Auge S. d888 fassen, nicht den Umstand, dass jener dich beleidigt hat, sondern dass du Gott erzürnt hast und dass er sich durch eine einfache Bitte besänftigen ließ. Wenn es dir trotzdem schwer fällt, dich mit dem Beleidiger auszusöhnen, so bedenke, dass es etwas viel Schlimmeres für dich ist, in die Hölle zu stürzen. Wenn du beides nebeneinander hältst, muss es dir einleuchten, dass das erstere viel leichter ist als letzteres.

Wegen der Schuld von zehntausend Talenten hieß der Herr den Knecht nicht böse, behandelte ihn auch nicht hart, sondern erbarmte sich seiner; als er aber gegen seinen Mitknecht herzlos war, da sprach er: „Du böser Knecht!“ Hören wir darauf, denn auch uns gelten diese Worte, wenn wir habgierig sind. Hören wir es auch, wenn wir unbarmherzig und gefühllos sind, denn die Hartherzigkeit richtet sich nicht gegen die anderen, sondern gegen uns selber. Wenn du das Böse nachtragen willst, so bedenke, dass du es zu deinem, nicht zu fremdem Schaden nachträgst, dass du an deiner eigenen Sünde, nicht an der deines Nebenmenschen festhältst. Alles, was du nämlich ihm antust, tust du als Mensch und im gegenwärtigen Leben; Gott dagegen handelt nicht so; er straft schärfer und seine Strafe trifft im Jenseits.

V.34: „Und erzürnt überantwortete ihn sein Herr den Peinigern, bis er die ganze Schuld zurückbezahlt hätte“,

d.h. auf immer, da er seine Schuld niemals abzutragen imstande sein wird. Da dich die Wohltat nicht besser gemacht, so bleibt nur übrig, dich durch Züchtigung zu bessern. Obschon Gott seiner Gnaden und Gaben nicht bereut, so brachte es doch die Bosheit so weit, dass auch diese Regel umgestoßen wurde. Kann man also etwas Schlimmeres tun als Groll hegen, wenn hierdurch selbst eine so bedeutende Gabe Gottes widerrufen wird? Auch der Herr war voll Grimm, als er den Knecht den Peinigern überantwortete. Zuvor, wie er ihn verkaufen lassen wollte, hatte er nicht im Zorne gesprochen; darum tat er es ja auch nicht, vielmehr offenbarte er darin den höchsten Grad der Liebe. Jetzt hingegen fällt er das Urteil in heftigem Unwillen zur Strafe und Züchtigung. S. d889 Was will also das Gleichnis besagen?

V.35: „So wird auch mein himmlischer Vater euch tun, wenn nicht ein jeder von euch seinem Bruder von Herzen verzeiht.“

Er sagt nicht: euer Vater, sondern: „mein Vater“; denn ein Mensch, der so schlecht und lieblos ist, hat gar kein Recht, Gott seinen Vater zu nennen[^1676] , denn weil er gerade diese Worte gebraucht hatte, hatte ihm der Herr zehntausend Talente nachgesehen.

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