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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Fünfte Homilie. Kap. I, V.22-25.

5.

Damit will ich aber nicht sagen, dass wir die Heiligen nicht anrufen sollen, sondern nur, dass wir nicht gleichgültig werden sollen und uns nicht gehen lassen, dass wir nicht einschlafen und nicht ausschließlich anderen die Sorge um unser Seelenheil überlassen dürfen. Denn wenn der Herr sagt:„Macht euch Freunde“, so bleibt er dabei nicht stehen, sondern fügt hinzu „vom ungerechten Mammon“1 , damit auch da die Sache dein eigenes Verdienst werde; denn er wollte damit nichts anderes andeuten als das Almosengeben. Und dabei muss man sich noch verwundern, dass er nicht einmal große Anforderungen stellt, wenn wir nur von dem Unrecht lassen wollen. Er sagt nur gleichsam: Hast du dein Geld auf unrechte Weise erworben? Verwende es zu guten Zwecken! Hast du ungerechtes Gut zusammengerafft? Teile es auf gerechte Weise aus. Und doch! Was soll da für eine Tugend dabei sein, wenn man mit S. 95solchem Gelde Almosen gibt? Gleichwohl geht Gott in seiner Liebe soweit, dass er sogar damit zufrieden ist; wenn wir nur wenigstens das tun, verspricht er uns schon großen Lohn. Wir freilich sind schon so verhärtet, dass wir nicht einmal von unserem ungerechten Besitz etwas hergeben wollen; und wenn wir tausendfach unrecht Gut erworben haben, so glauben wir doch unserer Pflicht schon vollauf genügt zu haben, wenn wir auch nur einen noch so geringen Teil davon opfern. Hast du denn nicht gehört, wie Paulus sagt: „Wer sparsam säet, wird auch sparsam ernten“2 . Warum bist du also so karg? Ist denn das Almosen ein bloßer Aufwand? ist es eine einfache Auslage? Nein, ein Gewinn ist es und ein gutes Geschäft. Wo aber ein Geschäft ist, da ist auch Erwerb; wo eine Aussaat ist, da ist auch eine Ernte. Wenn nun du ein fettes, fruchtbares Land bebauen wolltest, auf dem man gar viel anpflanzen kann, so würdest du allen vorrätigen Samen ausstreuen, und sogar noch bei anderen entlehnen, und würdest alle Sparsamkeit in dieser Beziehung für Verlust ansehen. Da du nun aber für den Himmel anbauen sollst, wo es keine schlechte Witterung gibt, wo alle Aussaat mit reichlichem Gewinn zurückkommt, da zögerst du und zauderst und denkst nicht, dass hier Sparsamkeit Verlust ist und Verschwendung Gewinn.

Streue also aus, damit du nichts verlierest, behalte nicht, damit du bewahrest; wirf es von dir, damit du es behaltest; gib aus, damit du einnehmest. Und wenn schon jemand diese zeitlichen Güter behüten muss, behüte sie wenigstens du nicht; du würdest alles verlieren: übergib dein Eigentum viel lieber Gott; ihm raubt es niemand. Betreib wenigstens du keine weltlichen Geschäfte, du verstehst doch keinen Gewinn zu machen. Leihe dem, der dir mehr Zins gibt, als dein Kapital beträgt. Leihe da, wo kein Neid ist, kein Streit, keine Hinterlist, keine Gefahr. Leihe dem, der nichts benötigt, und es doch um deinetwillen bedarf; dem, der alle Menschen nährt, der hungert, damit du nicht zu S. 96darben brauchst, der arm ist, damit du reich würdest. Leihe dahin, wo es keinen Tod gibt, wo man das Leben für den Tod erntet. Diese Zinsen verschaffen dir den Himmel, jene die Hölle; denn die einen sind die Frucht des Wuchers, die anderen die der Frömmigkeit; diese entspringen der Hartherzigkeit, jene der Liebe. Welche Entschuldigung können wir also vorbringen, wenn wir die Möglichkeit haben, Gewinn zu machen, in vollkommener Sicherheit, zu einer Zeit, die uns am gelegensten ist, in aller Freiheit, ohne Spott, ohne Furcht und Gefahr, wir aber Gewinn Gewinn sein lassen und nur jenen schändlichen, niedrigen, verführerischen, betrügerischen Dingen nachgehen, die uns nur ein gewaltiges Höllenfeuer eintragen?

Es gibt in der Tat nichts Schändlicheres, nichts Hartherzigeres als irdische Wucherzinsen. Wer die betreibt, der macht mit fremden Elend sein Geschäft, zieht Nutzen aus dem Unglück seines Nächsten, lässt sich einen Liebesdienst bezahlen, gerade als hätte er Angst, man möchte ihn für barmherzig halten, macht unter dem Scheine der Liebe das Unglück nur noch größer, stürzt in Armut, dadurch dass er hilft, stößt den anderen zurück, dadurch dass er ihm die Hand reicht, und während er ihn in den Hafen aufzunehmen scheint, überantwortet er ihn dem Schiffbruch, den Klippen, Riffen und Felsen. Aber was willst du dann, dass wir tun sollen, fragst du? Sollen wir das Geld, das wir zusammengespart haben und das uns Zinsen trägt, einem anderen geben, damit er damit wirtschafte, ohne für uns einen Lohn zu verlangen? Nein, durchaus nicht; das sage ich nicht; im Gegenteil, ich will, dass du recht hohe Zinsen nehmest, keine alltäglichen und niedrigen, sondern viel höhere; ich will, dass du statt des Goldes den Himmel als Zins annehmest. Was verurteilst du also dich selber zur Armut, indem du am Irdischen klebst, dem Niedrigen nachjagst, statt dem Großen? Das tut nur der, der nicht weiß, wo der wirkliche Reichtum zu finden ist. Wenn Gott dir für ein bißchen Geld die Güter des Himmels verheißt, und du erwiderst ihm: Nein, gib mir nicht den Himmel, sondern statt des Himmels das vergängliche Gold, so kann eben das nur einer sagen, der arm S. 97bleiben will. Wer dagegen nach wirklichem Reichtum und Wohlstand verlangt, der wird das Bleibende dem Vergänglichen, die Einnahme den Ausgaben, den Reichtum der Armut, das Unvergängliche dem Vergänglichen vorziehen. Dann wird ihm auch das andere zufallen. Denn wer die Erde dem Himmel vorzieht, wird auch jene vollständig verlieren; wer aber diesen über jene stellt, wird beide in reichlichster Fülle zu genießen bekommen. Damit also das auch bei uns zutreffe, wollen wir alle irdischen Güter verachten, und den zukünftigen den Vorrang geben. Dann werden wir der einen wie der anderen teilhaft werden, durch die Gnade und Liebe unseres Herrn Jesus Christus, dem Ehre und Macht sei von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen!


  1. Lk 16,9 ↩

  2. 2 Kor 9,6 ↩

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