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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Fünfundsiebtigste Homilie. Kap. XXIV,V.1-15.

3.

Gerade hierin muss man namentlich die Macht Christi und den Mut seiner Jünger bewundern, dass sie zu einer Zeit predigten, da man alles Jüdische bekämpfte, da man in den Juden insbesondere Aufrührer sah, da der Kaiser alle miteinander zu vernichten befohlen hatte. Man könnte die Lage der Jünger vergleichen mit einem Sturme zur See. Gewaltig tobt das Meer, Finsternis bedeckt den Gesichtskreis, Schiffbruch folgt auf Schiffbruch, alle die Fahrtgenossen oben bekämpfen sich, aus der Tiefe steigen Untiere empor, um im Verein mit den Wogen die Leute zu verschlingen, Blitze fahren nieder, Seeräuber tauchen auf, und selbst die Menschen S. d1074 im Schiffe feinden einander an. Da sollen nun Leute, die nichts von der Schiffahrt verstehen und das Meer nicht einmal gesehen haben, das Ruder ergreifen, steuern, Seekrieg führen, und mit einem einzigen Boote, auf dem noch, wie gesagt, alles in Verwirrung ist, eine zahllose Flotte, die mit gewaltiger Ausrüstung anrückt, überwinden und in den Grund bohren. Von den Heiden wurden nämlich die Apostel als Juden gehasst, von den Juden als Feinde des Gesetzes gesteinigt, nirgends konnten sie Fuß fassen. Über all stießen sie auf Klippen, Abgründe, Anfeindungen, in den Städten, auf dem Lande, in den Häusern; alles führte Krieg gegen sie: Feldherren, Beamte, einfache Bürger, ganze Völker und Gemeinden; es war ein Wirrwarr, der jeder Darstellung spottet. Die Römer, welche die Herrschaft führten, hassten die Juden gar sehr, weil sie ihnen allerlei Schwierigkeiten bereitet hatten. Aber selbst dieser Umstand schadete der Predigt nicht; im Gegenteil, während Jerusalem erstürmt und verbrannt wurde und unsägliches Elend über die Einwohner kam, gaben die Apostel, die aus derselben Stadt stammten, ganz neue Lebenssatzungen und überwanden sogar die Römer. Welch neue und unerhörte Erscheinung! Ungezählte Tausende von Juden wurden damals von den Römern gefangen genommen, und zwölf Männer, die ohne Waffen und Rüstung gegen sie kämpften, konnten von ihnen nicht besiegt werden. Welche Zunge vermöchte ein solches Wunder zu schildern?

Zwei Erfordernisse müssen einem Lehrer zur Seite stehen, die eigene Glaubwürdigkeit und die Liebe der Schüler. Außerdem muss aber auch die Lehre leicht annehmbar sein und zu einer Zeit vorgetragen werden, in der keine Verwirrung und Unruhe herrscht. Damals war das gerade Gegenteil der Fall. Die Apostel schienen keine Glaubwürdigkeit für sich zu haben und hatten die Leute gegen sich, weil die Lehrer, welche anscheinend glaubwürdig gewesen waren, sie hintergangen hatten. Auch fanden sie keine Liebe, sondern Hass, denn sie bemühten sich, liebgewordene Gewohnheiten, Überlieferungen und Satzungen abzuschaffen. Ihre Gebote waren ferner sehr schwer, während die anderen, die sie abschafften, sehr angenehm waren. Die Apostel und ihre Anhänger S. d1075 liefen viele Gefahren und fanden oft sogar einen gewaltsamen Tod. Endlich brachte auch die Zeitlage viele Schwierigkeiten mit sich, überall tobten Krieg, Aufruhr, Unruhen, so dass auch ohne die erwähnten Übelstände alles hätte darüber und darunter geraten müssen. Soll man da nicht ausrufen: „Wer vermag die Großtaten des Herrn zu erzählen, wer zu verkünden seinen Ruhm?“1 . Wenn schon die eigenen Stammesgenossen dem Moses trotz seiner Wundertaten kein Gehör schenkten, bloß weil sie Lehm und Ziegel brennen mussten, wer hat dann die Leute, die sich täglich schlagen, hinschlachten lassen und unerhörte Leiden ertragen mussten, wer, frage ich, hat sie bewogen, ihr ruhiges Dasein aufzugeben und dieses Leben mit all seinen Gefahren, dem Blutvergießen und den Todesnöten zu wählen, und zwar auf die Predigt von Männern hin, die einem anderen Volke und sogar ihren bitteren Feinden angehörten? Man soll nur einmal, ich sage nicht in ein Volk oder eine Stadt oder eine Gemeinde, sondern in eine kleine Familie jemanden hinein bringen, den alle Familienglieder hassen, und der sie von ihren Lieben, von Vater, Weib und Kindern abwendig machen wollte; würde er nicht alsbald zerrissen werden, ehe er noch den Mund aufgetan? Und wenn nun gar in dieser Familie Zwist und Zank zwischen Mann und Weib herrscht, wird man ihn nicht mit Steinen totwerfen, ehe er noch die Schwelle betreten hat? Wenn er nun auch noch verachtet ist, lästige Anforderungen stellt, die Üppigen zur Tugend ermahnt und überdies gegen eine Mehrzahl überlegener Gegner zu kämpfen hat, liegt es da nicht auf der Hand, dass er unbedingt unterliegen wird? Was indes in einer Familie unmöglich ist, das hat gleichwohl Christus in der ganzen Welt zustande gebracht, indem er trotz Abgründen, Feueröfen, Schluchten und Klippen, trotz Bekämpfung zu Land und zu Meer seine Ärzte in die Welt einführte.

Willst du eine noch eingehendere Belehrung, ich meine über die Seuchen, die Hungersnot, die Erdbeben, die übrigen Schrecknisse, so lies die Geschichte des Josephus hierüber, da wirst du alles genau erfahren. S. d1076 Der Herr sagte deshalb auch zu ihnen: „Werdet nicht verwirrt, denn es muss dieses geschehen“, „Wer ausgeharrt haben wird bis ans Ende, der wird gerettet werden“, „Und es wird dieses Evangelium sicher gepredigt werden auf dem ganzen Erdkreise“. Da nämlich die Apostel aus Furcht vor den erwähnten Schrecknissen ganz niedergeschmettert und verzagt waren, richtet er sie auf durch die Verheißung, dass trotz aller möglichen Ereignisse doch das Evangelium überall auf Erden gepredigt werden müsse, ehe das Ende kommen werde.


  1. Ps 105,2 ↩

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