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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Achtzigste Homilie. Kap.XXVI,V.6-16.

3.

Nicht nur die anderen folgen diesem Grundsatze, sondern auch Johannes, der sonst immer nur das Erhabenere berichtet. Er erzählt auch besonders ausführlich die Schmähungen und Beschimpfungen, die man dem Herrn antat. Nun siehe, wie groß die Schlechtigkeit des Judas ist, da er aus freien Stücken ans Werk ging, da er es um Geld und zwar um so wenig tut. Lukas erwähnt, er habe mit den Hauptleuten ein Übereinkommen getroffen. Da sich die Juden öfters empört hatten, stellten die Römer Männer auf, denen die Aufrechterhaltung der Ordnung oblag. Die Selbständigkeit der Juden sollte ja schließlich nach den Propheten verloren gehen. Zu diesen Hauptleuten also begab sich Judas und sagte:

V.15: „Was wollt ihr mir geben und ich werde ihn euch überantworten? Sie aber setzten ihm dreißig Silberlinge aus.

V.16: Und von da an suchte er eine günstige Gelegenheit, um ihn zu über liefern.“

Aus Furcht vor dem Volke trachtete Judas, den Herrn zu ergreifen, wenn er irgendwo allein wäre. Welch eine Torheit! Wie hatte ihn doch die Geldgier so ganz verblendet! Er hatte oft gesehen, wie Christus durch die Menge hindurchschritt, ohne dass man ihn ergreifen konnte. So viele Beweise seiner Gottheit und Macht hatte Jesus gegeben, und Judas hofft ihn zu fangen, und zwar trotz der vielen drohenden und doch milden Worte, die er zu ihm gesprochen, um ihn von seinen S. d1146 bösen Plänen abzubringen. Ja, selbst beim Abendmahle hatte der Herr diese Sorge nicht vergessen; bis zum letzten Tage redete er mit ihm darüber. Aber es fruchtete nichts bei ihm. Trotzdem ließ sich der Herr nicht abhalten.

Diese Handlungsweise des Herrn wollen auch wir beherzigen und wollen nichts unversucht lassen, um die Sünder und Nachlässigen zu ermahnen, zu belehren, zu ermuntern, anzuspornen, ihnen zu raten, selbst wenn wir nichts ausrichten sollten. Auch Christus wusste ja voraus, dass der Verräter unverbesserlich war; aber gleichwohl hört er nicht auf, das Seinige zu tun; er mahnt, droht, spricht Wehe über ihn, aber niemals offen und vor anderen, sondern im geheimen. Ja, im Augenblicke des Verrates lässt er sich von ihm sogar küssen; allein auch das macht keinen Eindruck auf Judas. Ein so großes Laster ist die Geldgier. Sie machte Judas zum Verräter und Gottesräuber. Höret es alle, ihr Habsüchtigen, die ihr an derselben Krankheit wie Judas leidet; höret es und hütet euch vor dieser Leidenschaft. Wenn der Gefährte Christi, der Wunder gewirkt und eine so ausgezeichnete Schule durchgemacht hatte, in einen so fürchterlichen Abgrund stürzte, weil er diese Seuche nicht mied, um wieviel mehr werdet ihr, wenn ihr nicht auf die Schrift höret, wenn ihr nicht fortwährend auf der Hut seid, Knechte dieser Leidenschaft werden, da ihr mit Leib und Seele am Irdischen klebet? Täglich war Judas in der Gesellschaft dessen, der nicht hatte, wohin er sein Haupt legen konnte, täglich erhielt er in Wort und Beispiel die Lehre, man solle weder Gold noch Silber, noch zwei Kleider besitzen, und dennoch nahm er es sich nicht zu Herzen. Wie magst da du erwarten, diesem Laster zu entrinnen, da du keine so sorgfältige Behandlung findest und keinen besonderen Eifer entfaltest? Fürchterlich, ja fürchterlich ist dieses wilde Tier. Und doch kannst du, wofern du nur willst, leicht darüber Herr werden. Diese Begierde liegt ja nicht in der Natur begründet. Beweis dafür sind alle jene, die sich davon frei gehalten haben. Was aber in der Natur liegt, haben alle gemeinsam. Diese Leidenschaft hat einzig darin ihren Ursprung, dass man sie vernachlässigt, S. d1147 daraus entsteht sie, darin wächst sie. Hat sie einmal jemanden erfasst, der Neigung dazu hat, so bringt sie es dahin, dass er gegen die Gesetze seiner Natur lebt. Wenn solche Leute ihre Stammesgenossen, ihre Freunde, ihre Brüder, ihre Verwandten, kurz niemand mehr kennen und dazu sich selbst nicht, so heißt das doch gegen die Natur leben. Es ist also klar, dass die Schlechtigkeit überhaupt und besonders das Laster der Habsucht, in deren Schlingen Judas zum Verräter wurde, etwas Naturwidriges ist.

Wie konnte er aber so weit sinken, fragst du, da er doch von Christus zum Apostel berufen worden war? Die Berufung Gottes zwingt und nötigt keinen, wider Willen die Tugend zu wählen, sondern mahnt und rät nur, lässt nichts unversucht und tut alles, um dem Menschen die Tugendhaftigkeit nahe zu legen; wenn sich ein oder der andere nicht daran kehrt, so wird er nicht gezwungen. Willst du aber die Gründe kennen lernen, warum Judas gefallen ist, so wirst du finden, dass es die Geldgier war, die ihn ins Verderben geführt hat. Und wie geriet er denn in die Fesseln dieser Leidenschaft? Weil er nachlässig wurde. Aus dieser Quelle erklären sich alle Wandlungen dieser Art, gleichwie aus dem Eifer die umgekehrten. Wie viele Gewalttätige sind jetzt sanfter als Schafe! wie viele Wollüstige sind später enthaltsam geworden! wie viele, die vordem habsüchtig waren, geben jetzt sogar ihren eigenen Besitz hin! Und aus der Nachlässgkeit ist hin wiederum das Gegenteil hervorgegangen. So z.B. lebte Giezi in der Nähe eines heiligen Mannes und dennoch stürzte ihn eben diese Seuche ins Verderben. Diese Leidenschaft ist eben die allerschlimmste; sie macht die Menschen zu Grabschändern und Mördern, sie facht Kriege und Streit an, überhaupt jegliches Unheil hat in ihr seinen Ursprung. Ein Habgieriger ist ganz unbrauchbar, sei es im Kriegsdienste, sei es im bürgerlichen Leben, ja nicht allein in der Öffentlichkeit, sondern auch in seinem Privatleben. Wenn er heiratet, nimmt er sich nicht etwa ein tüchtiges Weib, sondern das allernichtsnutzigste; wenn er ein Haus kauft, wählt er nicht ein solches, das einem Freien geziemt, sondern das am meisten Ertrag abwerfen kann; S. d1148 wenn er Sklaven oder sonst etwas erwerben will, greift er nach dem Schlechtesten. Doch was rede ich von Kriegsdienst, von Staatsgeschäften und Familienangelegenheiten? Wäre er selbst ein König, er wäre doch der allerelendeste Wicht, ein Schandfleck der Welt, der allerärmste Mensch. Er wird gesinnt sein, wie einer aus dem niederen Volke, und nicht etwa das Eigentum aller anderen wie das seinige betrachten, sondern sich nur für einen aus der Gesamtheit halten und wähnen, er besitze weniger als alle anderen, selbst wenn er sich deren Eigentum aneignet. Der Maßstab für sein Vermögen ist nur seine Begierde nach dem, was er nicht besitzt, und so erachtet er das Seinige im Vergleich mit dem der übrigen für nichts.

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