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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistula ad Romanos commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
ZEHNTE HOMILIE: Kap. IV, V. 23—25 und Kap. V, V. 1-11.

3.

Niemand, der ein rechtes Leben geführt hat, ist ohne Hoffnung auf eine zukünftige Vergeltung; dagegen wünschen viele von denen, die ein träges Leben führen, von ihrem bösen Gewissen gefoltert, daß es kein Gericht und keine Vergeltung gäbe. Was also? Sind jene (zukünftigen) Güter nur Gegenstand von Hoffnungen? Allerdings; aber nicht von gewöhnlichen menschlichen Hoffnungen, die trügerisch sind und den Hoffenden zuschanden werden lassen, weil der, auf den sie gesetzt sind, entweder stirbt, oder wenn er lebt, seinen Sinn ändert. Nicht so steht es mit unserer Hoffnung, sondern diese ist fest begründet und schwankt nicht. Denn der, dessen Versprechungen sie gilt, lebt immerwährend; wir aber, die wir das Versprochene genießen sollen, werden, wenn wir auch sterben, wieder auferstehen. Gar nichts kann uns zuschanden werden lassen, als hatten wir uns eitlen und schwanken Hoffnun- S. b161 gen hingegeben. — Durch solche Worte benimmt der Apostel seinen Zuhörern ganz und gar jede Bedenklichkeit. Er bleibt aber dabei nicht stehen, sondern bringt die Rede wieder auf die zukünftigen Güter im Jenseits; denn er weiß wohl, daß die schwächeren Seelen zwar die gegenwärtigen suchen, aber doch auch in ihnen ihr Genüge nicht finden. Die Hoffnung auf die zukünftigen Güter stützt er durch den Hinweis auf die bereits empfangenen. Damit nämlich nicht jemand sagen könne: „Was aber, wenn Gott uns nichts schenken will? Daß er es kann, daß er ewig ist und lebt, wissen wir alle; woher aber wissen wir, daß er (uns Gnade gewähren) will?“ — Aus dem, was uns bereits zuteil geworden ist. — Und was ist das? — Die Liebe, die er gegen uns bewiesen hat. — Du fragst, was er uns getan hat? — Er hat uns den Hl. Geist gegeben. Darum fügt er den Worten: „Die Hoffnung läßt nicht zuschanden werden“ gleich das als Beweis bei:

„Da die Liebe Gottes in unsere Herzen ausgegossen ist.“ Er sagt nicht: „Sie ist uns geschenkt“, sondern: „sie ist ausgegossen“. Damit bringt er Gottes Freigebigkeit zum Ausdruck. Das größte Gut, das es gibt, hat er uns geschenkt; nicht den Himmel oder die Erde oder das Meer, sondern was kostbarer ist als alles das, was aus Menschen Engel macht und Gotteskinder und Brüder Christi. — Und das ist? — Der Hl. Geist. — Wollte Gott uns nicht nach der Arbeit eine reiche Krone schenken, so hätte er uns nicht vor derselben so hohe Güter geschenkt. Nun offenbart er aber die Glut seiner Liebe dadurch, daß er uns nicht hie und da und mit Kleinigkeiten beschenkte, sondern die Quelle alles Guten selbst über uns ergoß, und das bevor wir noch in den Kampf getreten waren. Solltest du (des Siegespreises) nicht ganz würdig sein, verzage nicht! Du hast eine mächtige Fürsprecherin bei deinem Richter — seine Liebe. Darum verlegt der Apostel die ganze Begründung für den Satz: „Die Hoffnung läßt nicht zuschanden werden“ nicht in unsere guten Werke, sondern in die Liebe Gottes.

Nachdem der Apostel von der Gabe des Hl. Geistes S. b162 gesprochen hat, geht er wieder über auf den Kreuzestod Christi, indem er spricht:

V. 6: „Und ist ja Christus, da wir noch schwach waren, zur bestimmten Zeit für (uns) Sünder gestorben.“

V. 7: „Sonst stirbt kaum jemand für einen Gerechten; für den Guten zu sterben, dürfte sich vielleicht noch jemand entschließen.“

V. 8: „Gott aber erweist seine Liebe zu uns (dadurch).“

Der Sinn dieser Worte ist folgender: Wenn schon jemand es nicht leicht über sich bringt, für einen tugendhaften Menschen zu sterben, dann mache dir eine Vorstellung von der Liebe deines Herrn (zu dir), wenn er nicht für Tugendhafte, sondern für Sünder und Feinde sich kreuzigen ließ. Dasselbe sagt er auch im folgenden:

„Wenn, da wir Sünder waren,“

V. 9: „Christus für uns gestorben ist, so werden wir um so mehr nun, da wir durch sein Blut gerechtfertigt sind, errettet werden durch ihn vom Zorne.“

V. 10: „Denn wenn wir, da wir noch Feinde waren, versöhnt wurden mit Gott durch den Tod seines Sohnes, um wieviel mehr werden wir, nachdem wir versöhnt sind, gerettet werden in seinem Leben.“

Diese Worte scheinen eine reine Wiederholung (des vorher Gesagten) zu sein; sie sind es aber nicht, wenn man näher zusieht. — Schau an: Der Apostel will seine Zuhörer zum Glauben an die zukünftigen Dinge bringen; er geht (zu diesem Zwecke) zuerst aus von der Auffassung des Gerechten (über denselben Gegenstand), indem er sagt, dieser sei voll überzeugt gewesen, daß

„Gott mächtig genug ist, zu erfüllen, was er verheißen hat.“

— Dann geht er aus von der bereits geschenkten Gnadengabe, dann von den Trübsalen; auch sie seien geeignet, uns zur Hoffnung zu führen; und wiederum vom Hl. Geiste, den wir empfangen haben; schließlich beweist er dasselbe ausgehend vom Tode (Christi) und unserer früheren Sündhaftigkeit. Es scheint, wie gesagt, damit ein und dasselbe gesagt zu sein; es lassen sich aber zwei und drei und mehr Dinge darin finden: Erstens, daß S. b163 (Christus) gestorben ist; zweitens, daß er für Sünder gestorben ist; drittens, daß er uns versöhnt, erlöst, gerechtfertigt, unsterblich gemacht, daß er uns zu Söhnen und Erben erhoben hat. Man muß also, will der Apostel sagen, um sich im Glauben zu befestigen, nicht an den Tod (Christi) allein denken, sondern auch an das, was uns durch diesen Tod zuteil geworden ist. Schon das allein, daß er für uns, die wir in einem solchen Zustand waren, gestorben ist, war der höchste Erweis von Liebe; wenn es aber klar wird, daß er in seinem Tode uns noch beschenkt, so reich beschenkt, uns, solche unwürdige Menschen beschenkt, dann offenbart das ein Übermaß (von Liebe) und muß den Schwachgläubigsten zum Glauben bringen. Denn kein anderer ist es ja, der uns retten soll, als der, welcher uns, da wir noch Sünder waren, so geliebt hat, daß er sich selbst dahingab. Begreifst du jetzt, was für eine Beweiskraft für die Hoffnung auf die zukünftigen Dinge diese Stelle hat? Vorher waren zwei Dinge in bezug auf unsere Erlösung schwer begreiflich: Sünder zu sein und (doch) durch den Tod unseres Herrn erlöst werden zu sollen. Das war schwer glaublich, bevor es Tatsache geworden war, und bedurfte großer Liebe, daß es Tatsache wurde. Jetzt, wo beides verwirklicht ist, ist das übrige leichter geworden. Wir sind ja Gottes Freunde geworden, und eines (Sühne-) Todes bedarf es nicht mehr. Wenn Gott mit uns als Feinden so schonend verfuhr, daß er seines Sohnes nicht schonte, wie sollte er nicht auf unserer Seite stehen, nachdem wir seine Freunde geworden sind und es nicht mehr gilt, den Sohn dahinzugehen? Daß einer (einen andern) oft nicht rettet, kommt daher, daß er es entweder nicht will, oder, wenn er es will, nicht kann. Keines von beiden läßt sich von Gott sagen, nachdem er seinen Sohn dahingegeben hat. (Dadurch hat er gezeigt, daß er uns retten will.) Daß er es auch kann, hat er dadurch gezeigt, daß er uns als Sünder gerechtfertigt hat. Was kann uns also noch eis Hindernis sein, die zukünftigen Güter zu erlangen? Gar nichts.

Weiter: Damit du dich nicht schämst und nicht errötest, wenn du Worte hörst wie: „Sünder“, „Feinde“, S. b164 „Schwachmütige“, „Gottlose“, höre, was der Apostel ferner sagt:

V. 11: „Doch nicht allein dies, sondern wir rühmen uns auch in Gott durch unseren Herrn Jesus Christus, durch welchen wir nun die Versöhnung erlangt haben.“

— Was soll heißen: „Doch nicht allein dies“? — Wir sind nicht allein gerettet worden, will der Apostel sagen, sondern wir können uns auch noch rühmen, und zwar gerade dessen, weswegen man glauben könnte, daß wir uns vor Scham verkriechen sollten. Gerade daß wir bei einem solchen Sündenleben gerettet worden sind, ist doch das beste Zeichen dafür, daß wir von unserem Retter — (Gott) — sehr innig geliebt werden. Nicht durch Engel oder Erzengel, sondern durch seinen Eingeborenen hat er uns gerettet. Die Tatsache allein, daß er uns gerettet hat, ferner daß er uns bei einem solchen (Sünden-) Zustande gerettet hat, und noch dazu, daß er es durch seinen Eingeborenen getan hat, und nicht bloß das, sondern daß er es durch das Blut dieses seines Eingeborenen getan hat, das alles flicht uns unzählige Ruhmeskränze. Es gibt keinen gleich triftigen Grund, sich zu rühmen und voll Zuversicht zu sein, als (das Bewußtsein), von Gott geliebt zu werden und ihn, der uns liebt, wiederzulieben. Das ist es, was die Engel so herrlich macht, die Herrschaften und die Mächte, das ist erhabener als Königswürde; darum setzt dies auch Paulus über die königliche Würde; darum preise ich selig die körperlosen Mächte, daß sie ihn (Gott) lieben und in allem gehorchen. Von da kommt es, daß sie auch der Prophet bewundert, wenn er spricht: „Die ihr gewaltig an Kraft, vollziehet seinen Willen.“ 1. Von da kommt es, daß auch die Seraphim Isaias feiert, indem er ihre große Tugend daraus erweist, daß sie jenem Throne der Herrlichkeit näherstehen, ein Zeichen der größten Liebe.


  1. Ps. 102, 20. ↩

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