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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistula ad Romanos commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
ELFTE HOMILIE: Kap. V, V. 12—21 und Kap. VI, V. 1—4.

4.

Nachdem der Apostel die unaussprechliche Liebe Gottes zu uns Menschen behandelt hat, wendet er sich wieder der Frage nach dem Grund und der Wurzel von Tod und von Leben zu. Welches ist die Wurzel des Todes? — Die Sünde. — Darum sagt er:

V. 21: „Damit, gleichwie die Sünde herrschte zum Tode, so auch die Gnade herrsche durch die Gerechtigkeit zum ewigen Leben durch Jesus Christus, unsern Herrn.“

— Damit weist der Apostel der Sünde die Rolle einer Herrscherin zu, dem Tod dagegen die eines Kriegsmannes, der unter ihrem Kommando steht und von ihr mit Waffen ausgerüstet ist. Wenn nun die Sünde dem Tode die Waffen gegeben hat, so ist klar, daß die Gerechtigkeit, welche die Sünde hinwegnimmt und uns aus Gnade zuteil geworden ist, dem Tod nicht bloß seine Waffen wegnimmt, sondern auch ihn selbst aus dem Wege schafft und die ganze Herrschaft der Sünde abtut. Die Herrschaft der Gerechtigkeit ist ja viel größer als die der Sünde; sie ist nicht durch einen Menschen oder durch den Teufel in die Welt gebracht, sondern durch Gott und die Gnade; sie führt unser Leben einem besseren Ziele, einem unendlichen Gute zu. Sie hat nämlich kein Ende, und daraus magst du auch erkennen, daß sie der Herrschaft der Sünde über ist. Diese, die Sünde, hat uns des gegenwärtigen Lebens beraubt, jene, die Gnade, hat uns nicht bloß das gegenwärtige, sondern auch das unsterbliche, ewige Leben als Geschenk mitgebracht. Der Vermittler aber alles dessen für uns ist Christus. Sei also ohne Sorge wegen des Lebens, wenn du gerechtfertigt bist. Die Gerechtigkeit (die du hast), ist ja mehr als das Leben; denn sie ist die Mutter desselben.

Kap. VI, V. 1: „Was nun? Sollen wir verharren in der Sünde? Das sei ferne!“

— Der Apostel geht nun wieder zur sittlichen Mahnrede über. Er führt sie aber nicht als ein eigenes Stück der Abhandlung ein, um nicht von manchen als lästig oder S. b180 gar feindselig empfunden zu werden, sondern läßt sie als Folge der (vorgetragenen) Glaubenslehren erscheinen. Er bedient sich so einer abwechselnden Darstellungsform, damit die Zuhörer nicht gegen die vorgetragenen Wahrheiten eingenommen werden. In diesem Sinne sagt er auch: „Ich habe auch stellenweise etwas schärfer geschrieben“ 1. Hätte er diese Vorsicht nicht gebraucht, so wäre er ihnen um so mehr als zu grob vorgekommen. — Der Apostel hat bisher die Größe der Gnade aus der Größe der Sünden, die sie geheilt hat, nachgewiesen Das könnte nun von unverständigen Leuten als eine Aufforderung, weiter zu sündigen, aufgefaßt werden. Wenn die Gnade, könnten sie sagen, gerade dann mehr in Erscheinung tritt, wenn wir viel sündigen, so wollen wir nicht aufhören, zu sündigen, damit sich die Gnade in noch größerer Fülle erweise. Beachte, wie der Apostel diesen Einwand widerlegt, damit man ihn gar nicht ausspreche oder nur in Gedanken fasse. Zunächst durch eine abwehrende Verneinung: „Das sei ferne!“ Er tut dies gewöhnlich gegenüber von ganz unsinnigen Behauptungen. Dann aber bringt er eine unwidersprechliche Schlußfolgerung. Wie lautet sie?

V. 2: „Denn da wir der Sünde gestorben sind, wie sollten wir noch in ihr leben wollen?“

— Welchen Sinn hat dieses „wir sind gestorben“? Entweder heißt es, daß wir alle infolge und mit Rücksicht auf die Sünde unser Todesurteil empfangen haben, oder daß wir für sie tot geworden sind, erleuchtet durch den Glauben. Diese Deutung ist wahrscheinlicher; sie erhellt nämlich aus dem folgenden Zusammenhange. Was heißt „tot geworden sein für die Sünde“? Ihr nicht mehr Untertan sein. Das hat die einfache Taufe bewirkt: sie hat uns tot gemacht für die Sünde. Wir müssen uns in Zukunft eifrig und beständig bestreben, ihr nicht zu gehorchen, mag sie uns auch tausendfältig befehlen, sondern unbeweglich zu bleiben wie ein Toter. Allerdings sagt der Apostel an einer anderen Stelle S. b181 auch: „Die Sünde ist gestorben.“ Dort will er nämlich nahelegen, daß die Tugend leicht zu üben sei; darum spricht er diesen Satz aus. Hier jedoch geht seine Absicht dahin, den Zuhörer aufzurütteln; darum bezieht er den Tod auf ihn selbst. — Da das Gesagte etwas unklar ist, erklärt es der Apostel nochmals, indem er eine bewegliche Anredeform gebraucht:

V. 3: „Oder wisset ihr nicht, meine Bruder, daß wir, so viele wir ihrer auf Christus getauft sind, auf seinen Tod getauft sind; begraben sind wir also mit ihm durch die Taufe zum Tode.“

— Was heißt: „Wir sind auf seinen Tod getauft“? Daß wir sterben wie er. Ein Kreuz ist nämlich die Taufe. Was für Christus das Kreuz und das Grab war, das ist für uns die Taufe, wenn auch nicht in derselben Beziehung. Er starb nämlich und wurde begraben dem Fleische nach, wir erfahren beides in bezug auf die Sünde. Darum sagt er nicht: „Zusammengepflanzt im Tode“, sondern: „in Ähnlichkeit des Todes.“ Das eine wie das andere ist ein Tod, nur nicht in bezug auf dasselbe; der Tod Christi war ein solcher in bezug auf das Fleisch, der unsrige ist ein solcher in bezug auf die Sünde. Wie jener ein wahrer und wirklicher Tod war, so ist es auch dieser. Aber wenn auch der unsrige ein wahrer und wirklicher ist, so müssen wir auch von unserer Seite dabei mitwirken. Darum fährt der Apostel fort:

„Damit, gleichwie Christus auferweckt worden ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, so auch wir wandeln in Neuheit des Lebens.“

— Diese Stelle enthält neben der Ermahnung zu einem guten Leben auch einen Hinweis auf die Auferstehung. Wieso? — Glaubst du, will der Apostel sagen, daß Christus gestorben und auferstanden ist? Wohlan, dann glaube an dasselbe auch bei dir! Denn du bist ihm darin ähnlich. Auch bei dir gibt es ein Kreuz und ein Grab. Wenn du mit ihm Tod und Grab gemeinsam hast, so um so mehr auch Auferstehung und Leben. Ist das größere Übel abgetan, die Sünde, dann brauchst du S. b182 wegen des kleineren, der Hinwegnahme des Todes, keinen Zweifel mehr zu haben.

Paulus überläßt es dem Verständnis seiner Zuhörer, diese Gedanken aus dem Gesagten zu erschließen. Er verlangt von uns mit Beziehung auf die zukünftige eine andere Auferstehung, nämlich eine neue Lebensführung, eine Auferstehung schon im gegenwärtigen Leben, die in einem Umwandel der Sitten besteht. Wenn nämlich der Unkeusche keusch, der Geizige barmherzig, der Grobe sanftmütig wird, so findet schon hier auf Erden eine Auferstehung statt, die eine Vorläuferin der zukünftigen ist. — Wieso ist das eine Auferstehung? — Weil die Sünde ertötet ist, die Gerechtigkeit ihre Auferstehung feiert, das alte Leben verschwindet und dafür ein neues, engelgleiches an seine Stelle tritt. Wenn du von einem neuen Leben hörst, so denk an eine bedeutende Umänderung, einen bemerklichen Wandel.


  1. Röm. 15, 15. ↩

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