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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistulam ad Philippenses Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Philipper (BKV)
Elfte (Zehnte) Homilie. *Phil. III, 1—7.*

5.

Fliehen wir also nicht die Armut wie ein Übel; denn sie verhilft uns ins Himmelreich; und jagen wir hinwiederum nicht dem Reichtum nach, als ob er ein Gut wäre; denn er stürzt die Unbehutsamen ins Verderben: sondern überall laßt uns den Blick zu Gott erheben und von den Gaben, die er uns verliehen hat, von der Kraft des Körpers, von dem Reichtum an Geld, überhaupt von allem den rechten Gebrauch machen! Wäre es doch ungereimt, wollten wir, die wir ihm das Dasein verdanken, diese Gaben einem anderen Dienste als dem unseres Schöpfers weihen. — Er hat dir die Augen geschaffen; so gebrauche sie in seinem Dienste, nicht in dem des Teufels! Wie kannst du sie ihm aber weihen? Dadurch, daß du seine Schöpfung betrachtest, und ihn lobst und verherrlichst, und deinen Blick von den Frauen abwendest. — Er hat dir (ferner) die Hände geschaffen; bediene dich derselben für ihn, nicht für den Teufel, indem du sie nicht zu Raub und Übervorteilung ausstreckst, sondern zur Erfüllung der göttlichen Gebote, zur Übung der Wohltätigkeit, zum Gebete und um den Gefallenen die helfende Hand zu reichen. — Er hat dir Ohren geschaffen; schenke sie ihm und nicht verweichlichender Musik und schändlichen Reden! Denn die Schrift sagt: „Alle deine Gespräche seien auf das Gesetz des Allerhöchsten gerichtet1!“ Und wiederum: „Halte dich zur Gesellschaft der klugen Alten, und findest du einen Weisen, so schließe dich ihm an2!“ — Er hat dir den Mund geschaffen; dieser lasse sich nichts S. 164 zu Schulden kommen, was ihm mißfällig ist, sondern singe Psalmen, Lobgesänge und geistliche Lieder3, „damit es“, wie der Apostel sagt4, „Wohltat gewähre den Hörenden“; zur Erbauung, nicht zur Zerstörung; zum Segnen, nicht zum Schmähen; nicht zu feindseligen Nachstellungen, sondern zum geraden Gegenteil davon. — Er hat dir Füße geschaffen, nicht damit du dem Bösen nachlaufest, sondern dem Guten. — Er hat dir den Magen geschaffen, nicht damit du ihn zum Platzen anfüllest, sondern damit du im Essen Vernunft walten lassest. — Er hat dir den Zeugungstrieb eingepflanzt, aber nicht zu Unzucht und Ehebruch. — Er hat dir die Vernunft gegeben, nicht zum Lästern, nicht zum Schimpfen, sondern um wahrhaftig zu sein. — Er hat auch die irdischen Güter gegeben, damit wir davon den rechten Gebrauch machen, und die Stärke, damit wir uns auch ihrer in der rechten Weise bedienen. — Er hat die Künste geschaffen, damit das Leben bestehe, nicht damit wir uns von den geistlichen Dingen abwenden; nicht damit wir uns mit den gemeinen Künsten abgeben, sondern mit den notwendigen; damit wir uns gegenseitig unterstützen, nicht damit wir einander nachstellen. — Er hat das Obdach gegeben, lediglich zu dem Zwecke, damit es dem Regen wehre, nicht damit es in Gold prange, während der Arme vom Hunger aufgerieben wird. — Er hat die Kleider gegeben, damit wir unsere Blöße bedecken, nicht damit wir Aufsehen erregen; nicht damit diese von Gold strotzen, während Christus5 in seiner Nacktheit zugrunde geht. — Er hat die Wohnung gegeben, nicht damit du allein sie innehabest, sondern damit du auch andere beherbergest. — Er hat die Erde gegeben, nicht damit du den größten Teil für dich wegnehmest und Gottes Gaben an Dirnen, Tänzer, Schauspieler, Flötenbläser und Zithervirtuosen verschwendest, sondern damit du den Hungrigen und Bedürftigen davon mitteilest. — Er hat dir das Meer gegeben zur Schifffahrt, zur Erleichterung des Verkehrs, nicht damit du S. 165 seine Tiefen vorwitzig durchforschest und Perlen und dergleichen von da, heraufholest und daraus ein förmliches Geschäft machest. —

Wozu sind also die Perlen da? fragt man. Beantworte du mir eine Gegenfrage: Wozu sind diese gewöhnlichen Steine6 da? Wenn jene durch ihren Wert kostbar sind, sind es diese nicht mehr noch durch ihre Verwendbarkeit? Denn diese kann man doch zum Bauen benützen, jene aber zu nichts; auch sind diese dauerhafter als jene. — Aber, entgegnet man, jene gereichen zur Zierde. Inwiefern? Das Ganze beruht lediglich auf Einbildung. Sind sie etwa weißer? Jedenfalls sind sie nicht weißer als blendend weißer Marmor, ja sie kommen diesem nicht einmal gleich. Oder sind sie dauerhafter? Auch das wird man nicht behaupten können. Oder brauchbarer? Oder größer? Auch das nicht. Warum also bewundert man sie, wenn nicht aus reiner Einbildung? Denn wenn sie weder schöner sind — denn wir können leicht glänzendere und weißere finden — noch brauchbarer, noch dauerhafter: warum werden sie so sehr bewundert? Nicht aus purer Einbildung? — Wozu also hat Gott (die Perlen) gegeben? Nicht er hat gegeben, sondern du hast etwas Besonderes dahinter gesucht. — Wie also, fragt man, warum spricht sogar die Heilige Schrift davon mit Bewunderung? Sie richtet sich in ihrer Ausdrucksweise lediglich nach deiner Einbildung. Denn auch der Lehrer geht im Verkehr mit dem Kinde häufig auf die Liebhaberei desselben ein, wenn er es gewinnen und lenken will. — Warum haschest du nach schönen Kleidern? Mit Gewand und Schuhen hat Gott dich bekleidet. Wo aber hätten diese Dinge einen Sinn? „Wünschenswerter“, sagt die Schrift, „als Gold und Edelgestein sind die Gerichte Gottes7.“ Diese Dinge, Geliebte, können unmöglich nützlich sein; denn wären sie nützlich, so hätte Gott nicht befohlen, sie zu verachten. Die Heilige Schrift drückt sich eben unserer Anschauungsweise entsprechend S. 166 aus. Und darin zeigt sich die Menschenfreundlichkeit Gottes. — Wozu also, höre ich fragen, hat Gott den Purpur und anderes dergleichen gegeben? Das sind (nur) Produkte der göttlichen Gabe. Denn er hat auch bloß das Getreide gegeben; du aber bereitest vieles daraus: Kuchen und allerhand verschiedenes, sehr wohlschmeckendes Backwerk. Genußsucht und Eitelkeit haben dies alles ausgeklügelt; es ist dir eingefallen, diese Dinge allen andern vorzuziehen. Denn wenn irgendein Fremder oder weltunerfahrener Bauer deine Bewunderung sähe und dich fragte, warum du diese Dinge so hoch schätzest, was könntest du ihm erwidern? Etwa daß sie schön zum Anschauen seien? Gewiß nicht.

Geben wir also dieses Vorurteil auf! Halten wir uns an die wirklich echten Güter! Denn diese sind es nicht, sondern sie gehen einfach bloß vorüber, gleich einem vorüberströmenden Flusse. Darum laßt uns, ich bitte euch, auf den Felsen uns stellen8, damit wir nicht so leicht den festen Halt verlieren, sondern der zukünftigen Güter teilhaftig werden; durch die Gnade und Menschenfreundlichkeit unseres Herrn Jesus Christus, mit welchem dem Vater gleichwie dem Hl. Geiste Herrlichkeit, Macht und Ehre sei, jetzt und allezeit und in alle Ewigkeit. Amen.


  1. Ekkli, 9, 23. ↩

  2. Ebd. 6, 35. 36. ↩

  3. Vgl. Kol. 3, 16. ↩

  4. Vgl. Eph. 4, 29 f. ↩

  5. D. h. der Arme. ↩

  6. Das griechische λίδος vereinigt in sieh die drei Bedeutungen: „Stein, Edelstein, Perle“. ↩

  7. Ps. 18, 11. ↩

  8. Vgl. Matth. 7, 24 ff. ↩

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