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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistulam i ad Timotheum argumentum et homiliae 1-18 Homilien über den I. Brief an Timotheus (BKV)
Zwölfte Homilie.

I.

Kap. IV.

1. Der Geist aber sagt es ausdrücklich, daß in den letzten Zeiten Einige vom Glauben abfallen werden, indem sie Truggeistern und Teufelslehren Gehör geben; 2. welche in ihrer Heuchelei Lügen sprechen und in ihrem Gewissen gebrandmarkt sind; 3. welche verbieten, zu heiraten und Speisen zu genießen, die Gott geschaffen zum Genusse mit dankbarem Herzen für die Gläubigen und für die Kenner der Wahrheit; 4. weil jedes Geschöpf Gottes gut ist und keines verwerflich, wenn es mit Danksagung genossen wird.

S. 143 5. Denn es wird geheiligt durch Gottes Wort und Gebet.

I. Gleichwie Diejenigen, die am Glauben festhalten, sich auf einen festen Anker stützen, so vermögen die dem Glauben Entfremdeten nirgends sicheren Fuß zu fassen, sondern ziellos auf den Wogen hin- und hertreibend sinken sie schließlich in den Abgrund des Verderbens selber hinab. Und Dieß hat der Apostel bereits angedeutet, wenn er sagt, daß schon „Viele am Glauben Schiffbruch gelitten haben“. Und jetzt spricht er: „Der Geist aber sagt es ausdrücklich, daß in den letzten Zeiten Einige vom Glauben abfallen werden, indem sie Truggeistern Gehör geben.“ Die Manichäer, Enkratiten, Marcionisten und die ganze Bruthöhle meint er mit den Worten, daß „in den letzten Zeiten Einige vom Glauben abfallen werden“. Man sieht, daß nur der Abfall vom Glauben an all diesem Unheil schuld ist. Was heißt „ausdrücklich“ (ῥητῶς)? Es ist so viel wie „klar“, „deutlich“, „bestimmt“, so daß die Sache ausser Zweifel steht. Wundere dich nicht, will er sagen, wenn heutzutage Einige vom Glauben abfallen und mit dem Judenthum liebäugeln. Es wird eine Zeit kommen, wo Leute, die fest am Glauben gehangen, es noch ärger treiben und ihre verderbliche Moral nicht bloß auf Enthaltsamkeit von gewissen Speisen, sondern auch auf die Enthaltsamkeit von der Ehe und dergleichen ausdehnen. Der Apostel spricht hier nicht von den Juden. Denn wie könnte dann der Ausdruck „in den letzten Zeiten“ und: „Einige werden vom Glauben abfallen“ dastehen? Die Manichäer meint er und jene Sektenführer. „Truggeister“ nennt er sie. Sehr treffend. Vom Teufel inspirirt redeten sie ja solche Dinge.

Was heißt: „Welche in ihrer Heuchelei Lügen sprechen“? Ihre Lügen sprechen sie aus nicht in Folge von Unkenntniß und Unwissenheit, sondern mit heuchlerischem Sinne, gegen ihr besseres Wissen. „Im Gewissen ge- S. 144 brandmarkt,“ d. h. sie führen einen schlechten Lebenswandel.

Aber warum spricht der Apostel bloß von diesen Häretikern? Christus hat auch über Andere prophezeit, indem er sagt: „Es müssen Ärgernisse kommen.“1 Und in anderer Weise hat er auf eben solche Leute prophetisch hingedeutet mit dem Gleichniß vom Säen des Weizens und Aufsprossen des Unkrautes. Indeß du sollst mir da bloß die Prophetengabe des Paulus bewundern! Vor der Zeit nämlich, wo Das eintreten sollte, hat er auch diese Zeit selber bezeichnet. Wundere dich also nicht, wenn heutzutage, wo das Glaubensleben erst in seinen Anfängen steht, Einige den Versuch machen, solche verderbliche Lehren einzuschmuggeln, da zu einer Zeit, wenn der Glaube im Laufe der Jahrhunderte sich befestigt hat, Einige vom Glauben abfallen werden.

„Welche verbieten, zu heiraten und Speisen zu genießen.“ Warum nennt der Apostel nicht auch die anderen Häresien? Er hat sie ebenfalls angedeutet, indem er von „Truggeistern und Teufelslehren“ spricht. Aber bloß angedeutet; er wollte nämlich solche Ideen noch nicht in die Herzen der Menschen streuen. Aber den Gedanken, der bereits Leben gewonnen, hat er offen besprochen, nämlich das Verbot gewisser Speisen.

„Die Gott geschaffen zum Genusse mit dankbarem Herzen für die Gläubigen und für die Kenner der Wahrheit.“ Warum heißt es nicht auch „für die Ungläubigen“? Wie könnte es so heissen, da dieselben durch ihre Gesetze sich selber davon ausschließen? Wie nun? Ist der Tafelluxus nicht verboten? O ja! Warum, wenn Alles „zum Genusse“ geschaffen ist? Auch S. 145 das Brod hat Gott geschaffen, aber sein unmäßiger Genuß ist verboten; den Wein hat er geschaffen, und sein unmäßiger Genuß ist verboten. Nicht als etwas Unreines gebietet er einen reich besetzten Tisch zu meiden, sondern weil dieser in Folge von Unmäßigkeit die Zügellosigkeit der Seele erzeugt.

„Weil jedes Geschöpf Gottes gut ist und keines verwerflich, wenn es mit Danksagung genossen wird.“ Wenn überhaupt ein Geschöpf Gottes, so ist es gut; denn „Alles war sehr gut“.2 Mit der Bezeichnung „Geschöpf Gottes“ ist auch Alles als genießbar bezeichnet. Und der Apostel destruirt schon im Vorhinein die Häresie Derjenigen, welche von einer ewigen Materie sprechen und behaupten, aus ihr bestehe diese Welt.

Wenn nun das Geschöpf Gottes gut ist, welchen Sinn hat der Vers: „Denn es wird geheiligt durch Gottes Wort und Gebet“? Offenbar ist ja Das etwas Unreines, was erst geheiligt werden soll? Nein, nicht so, sondern der Apostel wendet sich hier gegen Diejenigen, welche einige Speisen für gemein3 halten. Er stellt also zwei Hauptpunkte auf: erstens, daß kein Geschöpf Gottes unrein ist, und zweitens, daß, wenn es auch unrein wäre, du ein Mittel dagegen hast. Mache das Kreuzzeichen darüber, danke, preise Gott, — und alle Unreinheit ist verduftet. Können wir also, frägt man, auch die Götzenopfer auf solche Weise rein machen? Falls du nicht wüßtest, daß es ein Götzenopfer ist, allerdings; weißt du es aber bereits, dann bist du unrein; nicht weil es ein Götzenopfer ist, sondern weil du trotz des Verbotes, mit den Dämonen in keine Gemeinschaft zu treten, damit doch eine solche eingegangen hast. Also ist auch jenes Opfer nicht von Natur S. 146 unrein, sondern durch deine Gesinnung und deinen Ungehorsam.

Wie aber? Ist das Schweinefleisch nicht unrein? Keineswegs! Es ist überhaupt Nichts unrein, wenn es mit Danksagung genossen wird und mit dem Zeichen des Kreuzes. Unrein ist bloß die Gesinnung, das Unterlassen des Dankes gegen Gott.

6. Wenn du Dieses den Brüdern vorträgst, dann wirst du ein guter Diener Jesu Christi sein, aufgezogen in den Worten des Glaubens und der guten Lehre, die du befolgt hast.

Was meint der Apostel damit? Er meint das eben Gesagte, daß es sich um ein großes Geheimniß handle, daß die Enthaltsamkeit von solchen Speisen etwas Teuflisches sei, daß die Speisen durch Gottes Wort und Gebet geheiligt werden. „Aufgezogen in den Worten des Glaubens und der guten Lehre, die du befolgt hast.“ 7. Die profanen Altweiberfabeln weise ab! Übe dich vielmehr als Kämpfer in der Gottseligkeit!

Wenn du Dieß den Brüdern „vorträgst“ (ὑποτιθέμενος), heißt es. Man sieht nirgends ein Pochen auf die Autorität, sondern ein nachgiebiges Auftreten. Wenn du „vorträgst“, sagt der Apostel, nicht: Wenn du „aufträgst“, wenn du „verkündest“, nein, wenn du „vorträgst“, d. h. trage Das in Form eines Rathes vor, und komme mit den Worten des Glaubens! „Aufgezogen.“ Damit ist die ununterbrochene Beschäftigung mit diesen Dingen angedeutet.

S. 147


  1. Matth. 18, 10. ↩

  2. Gen. 1, 31. ↩

  3. Κοινά. Dieß Wort ist hier so viel wie „unrein“. ↩

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Homilien über den I. Brief an Timotheus (BKV)

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