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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistulam ad hebraeos argumentum et homiliae 1-34 Homilien über den Brief an die Hebräer (BKV)
Vierundzwanzigste Homilie.

III.

Seien wir daher jetzt auch Fremdlinge, damit sich Gott nicht schäme, unser Gott zu heissen; denn es gereicht ihm zur Schmach, wenn er böser Menschen Gott genannt wird; und er schämt sich derselben, sowie er verherrlichet wird, wenn er der braven und der guten und der tugendhaften Menschen Gott ist. Denn wir vermeiden es ja, Herren unserer schlechten Knechte zu heissen, und entlassen sie; und wenn Jemand käme und sagte: Jener verübt wahllose Missethaten, ist er etwa dein Knecht? so würden wir alsbald erwiedern: keineswegs und die Schande von uns wälzen. Der Knecht hat nämlich ein nahes Verhältniß zu seinem Herrn, und die Schande jenes fällt mit auf diesen, was noch viel mehr bei Gott der Fall ist. Aber Jene strahlten so hell und waren so voll Vertrauen, daß er sich nicht nur nicht schämte, von ihnen so genannt zu werden, sondern daß er von sich selbst sagte, er sei der „Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs.“1 Seien, Geliebte, auch wir Fremdlinge, auf daß Gott sich unser nicht schäme, ja sich unser nicht schäme und uns nicht in die Hölle stürze! So waren Jene, welche sprachen: „Herr! haben wir nicht geweissagt in deinem Namen? Haben wir nicht viele Wunder gewirkt in deinem Namen?“2 Aber höret, was Christus zu ihnen spricht: „Ich kenne euch nicht.“ So würden auch wohl die Herren der bösen Knechte, wenn diese zu ihnen gelaufen kämen, handeln, um die Schande von sich zu wälzen. „Ich kenne euch nicht,“ sagt er. Wie strafst du nun Diejenigen, die du nicht kennst? „Ich kenne euch nicht“ habe ich in einem andern Sinne gesprochen, d. i. ich verleugne euch und weise euch ab. O daß wir nur nicht diese vernichtende und schaudervolle Stimme vernehmen! Denn wenn Diejenigen, welche Teufel ausgetrieben und geweissagt haben, verleugnet wurden, weil ihr Lebenswandel ihren Worten nicht entsprach, S. 363 um wie viel mehr wird dieses Loos uns treffen? Es ist wahrscheinlich, daß sie später ausarteten und böse wurden, deßhalb auch ihr früheres Tugendleben keinen Nutzen brachte; denn man muß nicht allein glänzend beginnen, sondern noch glänzender enden. Denn sage mir, beeifert sich nicht der Redner, seiner Rede einen glänzenden Schluß zu verleihen, um mit Beifall abzutreten? Sucht nicht der öffentliche Beamte die letzten Handlungen seiner Verwaltung in noch hellerem Glanze erscheinen zu lassen? Ist für den Athleten, wenn seine Schlußthaten nicht besonders hervorstrahlen, und wenn er bis zum Ende gesiegt hätte, aber, nachdem er über Alle Sieger geworden, nun vom Letzten überwunden würde, nicht Alles vergebens? Hat nicht der Steuermann, und wenn er das ganze Meer durchschifft hätte, sein Schiff aber im Hafen zu Grunde ginge, seine ganze frühere Arbeit eingebüßt? Wie verhält es sich aber mit dem Arzte? Hat er, wenn er den Kranken von seinen Leiden befreit hat, denselben aber, da er ihn vollständig heilen will, zu Grunde richtet, nicht Alles verloren? So steht es auch mit der Tugend. Alle, welche mit dem Anfang den darauffolgenden Schluß nicht in Harmonie und Übereinstimmung brachten, sind verunglückt und zu Grunde gegangen. So beschaffen sind Diejenigen, die aus den Schranken der Rennbahn hehr und stolz hervorspringen, dann aber schlaff und weichlich werden; der Kampfpreis geht für sie verloren, und der Herr kennt sie nicht. Hören wir Dieß, die wir von Geldgier brennen; denn darin liegt die größte Gesetzesverletzung! „Denn die Wurzel aller Übel,“ heißt es, „ist die Habsucht.“3 Hören wir es, die wir die vorfindlichen Besitzthümer noch vermehren wollen; hören wir, und stehen wir endlich ab von der Habsucht, damit wir nicht die Worte wie Jene vernehmen! Hören wir sie jetzt und hüten wir uns, damit wir sie nicht einst hören müssen; hören wir sie jetzt mit Furcht, damit wir S. 364 sie alsdann nicht anhören und Strafe leiden! „Weichet von mir,“ heißt es, „ich habe euch niemals gekannt,“4 auch damals nicht, sagt er, als ihr Weissagungen gesprochen und Teufel ausgetrieben habt. Wahrscheinlich deutet er hier auch noch etwas Anderes an, daß sie nämlich auch damals einen schlechten Lebenswandel führten. Im Anfange aber wirkte die Gnade auch durch Unwürdige; denn, wenn sie durch Balaam wirkte, um wie viel mehr durch Unwürdige und Dieß um Derer willen, die Nutzen ziehen sollten. Wenn aber auch Zeichen und Wunder von der Strafe nicht frei zu machen vermögen, um wie viel mehr wird Dieß der Fall sein, wenn auch Einer mit der priesterlichen Würde bekleidet wäre; wenn er auch die höchste Ehre besäße; wenn auch die Gnade der Händeauflegung wirkte, und wenn sie auch zu allem andern um Derer willen, welche der Vorsteher bedürfen, thätig wäre: - auch er wird die Worte vernehmen: ich habe dich niemals gekannt, auch da nicht, als die Gnade in dir wirksam war. Ha! welche Reinheit des Lebens wird dort verlangt! Wie wird sie aus sich selbst im Stande sein, uns ins Himmelreich zu führen? Wie aber läßt sie, wenn sie fehlt, den Menschen zu Grunde gehen, und wirkt er auch unzählige Zeichen und Wunder. Denn Nichts erfreut Gott so wie ein musterhafter Wandel: „Wenn ihr mich liebt,“ heißt es; er sagt nicht: Thut Zeichen, sondern was? „Haltet meine Gebote!“5 Und wieder: „Ich nenne euch Freunde,“ nicht wenn ihr Teufel ausgetrieben habt, sondern: „wenn ihr meine Gebote haltet.“6 Denn Jenes ist eine Frucht der göttlichen Gnade, Dieses aber neben der göttlichen Gnade auch der Erfolg unseres Eifers. Bemühen wir uns, Freunde Gottes zu werden, und bleiben wir nicht seine Feinde! Immer sagen wir Dieses, dazu ermuntern wir fortwährend uns und euch; übrigens fehlt der Erfolg, und darum befällt mich Furcht. Und ich selbst wünschte zu schweigen, um die Gefahr für euch nicht zu S. 365 vermehren; denn Etwas oft hören und es nicht thun heißt den Herrn erzürnen. Aber ich selber fürchte eine andere Gefahr, die des Schweigens, wenn ich nämlich, der ich zum Dienste des Wortes berufen bin, stumm sein wollte. Was werden wir also thun, um Rettung zu finden? Lasset uns mit der Tugend beginnen, so lange wir noch Zeit haben! Wir wollen uns die Tugenden wie die Landleute ihre Feldarbeiten vertheilen. In diesem Monate wollen wir das Schmähen, den Übermuth, den ungerechten Zorn beherrschen und wollen uns selbst ein Gesetz geben und sagen: Heute wollen wir dieses Gute vollbringen. In dem nächsten Monate wollen wir uns in der Geduld ausbilden und in einem weitern Monate in einer andern Tugend. Und befinden wir uns im Besitz dieser Tugend, so gehen wir zu einer andern über, sowie wir es auch bei den Wissenschaften machen, wo wir das Erworbene festhalten und Anderes hinzugewinnen. Dann wollen wir zur Verachtung des Geldes gelangen, wollen zuerst unsere Hände von der Habsucht rein halten und dann Almosen geben. Wir wollen nicht Alles ohne Weiteres durcheinander werfen, indem wir nämlich mit denselben Händen rauben und Almosen spenden. Hierauf kommen wir zu einer andern Tugend und von dieser wieder zu einer weitern. „Schamlosigkeit, thörichtes Gerede, Possen,“ heißt es, „sollen unter euch nicht einmal genannt werden.“7 Dieses wollen wir also getreulich thun. Dabei ist weder Ausgabe noch Arbeit noch Schweiß erforderlich; wir brauchen nur zu wollen, und Alles vollendet sich. Es ist nicht nöthig, einen weiten Weg zurückzulegen, noch ein unermeßliches Meer zu durchschiffen, sondern nur Eifer und Entschlossenheit zu zeigen und der Zunge gegen die unzeitigen Ergüsse des Übermuthes einen Zaum anzulegen. Verbannen wir aus unserer Seele den Zorn, die bösen Begierden, das Wohlleben, den Prachtaufwand, die Geldgier, die Eidbrüche und die beständigen S. 366 Eide! Wenn wir uns selbst eine solche Pflege angedeihen lassen, indem wir vorher die Dornen vertilgen und den himmlischen Samen ausstreuen, können wir die verheissenen Güter erlangen. Denn der Landmann wird kommen und uns in seine Scheune bringen, und wir werden alle Güter erhalten, welcher wir Alle theilhaftig werden mögen durch die Gnade und Menschenfreundlichkeit unseres Herrn Jesus Christus, welchem mit dem Vater und dem heiligen Geiste sei Ruhm, Macht, Ehre und Anbetung jetzt und alle Zeit und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. S. 367


  1. Ex 3,7 ↩

  2. Mt 7,22 ↩

  3. 1 Tim 6,10 ↩

  4. Mt 7,23 ↩

  5. Joh 14,15 ↩

  6. Joh 15,10.15 ↩

  7. Eph 5,4 ↩

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