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Werke Synesios von Kyrene (370-413) De prouidentia Ägyptische Erzählungen über die Vorsehung
Erste Erzählung.

10.

Hieraus magst du abnehmen, was ich meine. Fordere nicht, daß die Götter stets bei dir weilen, da ihr vorzüglichstes Geschäft die Betrachtung und die ersten Theile der Welt sind, und glaube nicht, daß sie, die im Himmel und sehr weit von hier entfernt sind, ohne viele Mühe und stets herabsteigen. Sie kommen nach bestimmten Zeiten, wie die Mechaniker sie erscheinen lassen, um den Anfang einer guten Anregung in der Staatsverwaltung zu machen. Dieses aber ist der Fall, wann sie eine neue Herrschaft einsetzen, verwandte Seelen hieher bringend. Göttlich fürwahr und großartig ist diese Fürsehung, durch Einen Mann für viele Tausende der Menschen zu sorgen. Sodann müssen sie sich mit dem Ihrigen befassen; du aber, befangen in Fremdartigem, mußt bedenken, woher du bist, und daß du dadurch der Welt gewissermaßen einen Dienst erweisest; und versuchen, dich hinauf-, nicht aber die Götter herabzuziehen, und alle Fürsorge für dich tragen, gleichsam in einem Lager lebend auf fremdem Boden, eine göttliche Seele unter Dämonen, die, wie natürlich, als Erdentsprossene Nachstellungen bereiten und voll Unwillen sind, wenn man in ihrem Bezirke nach anderen Gesetzen lebt. Demnach ist es gut, Tag und Nacht zu wachen, einzig dafür besorgt, daß der Eine von Vielen, der Fremde von Einheimischen nicht mit Gewalt bestrickt werde. Hienieden giebt es auch ein heiliges Heroengeschlecht, das für die Menschen Fürsorge trägt und im Kleinen zu nützen vermag. Der hauptsächlichste Gewinn aber ist dieß, daß diese Ansiedelung des Heros, so zu sagen, bewirkt, daß das Irdische der besseren S. 85 Natur nicht untheilhaftig bleibt; sie bieten, worin es ihnen möglich ist, die Hand. Doch wenn die Materie ihre Sprößlinge zum Kampfe gegen die Seele aufregt, so ist der von da ausgehende Widerstand, in der Götter Abwesenheit unbedeutend; denn, mächtig ist jedes in dem Eigenen. Jene wollen zuvörderst sich Alles unterwerfen. Der Angriff geschieht so. Auf Erden giebt es niemand, der nicht auch einen unvernünftigen Theil der Seele hätte. In diesen ist die Menge gehüllt, dieser hängt auch dem Weisen an; und Alle müssen ihn haben. Durch diesen, da er ihnen verwandt ist, greifen die Dämonen, Verrath stiftend, das Geschöpf an. Die Begebenheit gleicht wahrhaft einer Belagerung. Gleichwie Kohlen von Fackeln entzündet werden — denn sie fangen schneller wegen der natürlichen Verwandtschaft mit dem Feuer —; eben so erregt die dämonische Natur, da sie leidenschaftlich, ja vielmehr lebendige und bewegte Leidenschaft ist, wenn sie einer Seele naht, die ihr einwohnende Leidenschaft, und treibt ihre Kraft zur Thätigkeit an; denn durch Anregung wirkt Alles. Aehnlich aber wird alles Leidende dem Thätigen. So entflammen Dämonen die Begierde, so den Zorn und was immer für Uebel mit diesen verwandt sind, auf Seelen Einfluß äußernd durch die ihnen entsprechenden Theile, welche natürlich ihre Anwesenheit wahrnehmen und erregt und von ihnen gekräftigt werden, gegen die Vernunft sich empörend, bis sie die ganze Seele bewältigt oder an ihrer Bezwingung verzweifelt haben. Dieß ist der Kämpfe größter; denn weder Zeit, noch Art, noch Ort lassen sie unversucht, und woher man es nicht vermuthet, auch von da greifen sie an. Allenthalben Fallstricke, allenthalben Nachstellungen, Alles erregt inneren Krieg, bis sie gesiegt haben, oder von ihrem Unternehmen abgestanden sind. Von oben schauen die Götter diese herrlichen Kämpfe, aus denen du gekrönt hervorgehen wirst. Möchtest du es, auch in den folgen- S. 86 den. Doch ist zu befürchten, daß du in jenen siegest, in diesen aber besiegt werdest; denn wenn der göttliche Theil der Seele nicht dem schlechteren folgt und ihn oft zurückhält und an sich zieht, so ist es natürlich, daß auch dieser mit der Zeit abgehärtet werde, damit er dem Andrange widerstehen könne, und, gleichsam gefestigt, nicht ferner die Einflüsse der Dämonen aufnehme. So nun wird das Geschöpf göttlich und wahrhaft dann Ein Ganzes. Dieß ist auf Erden ein himmlisches Gewächs, das keines fremden Pfropf aufnimmt, um daraus Früchte zu treiben, sondern auch diesen in sein eigenes Wesen verwamdelt. Ηaben jene daran verzweifelt, so kämpfen sie nun mit vereinter Μacht den zweiten Kampf, um es auszuhauen und von der Erde zu vertilgen, als etwas ihnen mit nichten Verwandtes; denn sie schämen sich der Niederlage, wenn ein Fremdling in ihrem Gebiete als Sieger umherwandelt, da er ein Siegeszeichen ist und erscheint. Ein Solcher nämlich verursacht ihnen nicht bloß an sich Schaden, sondern macht auch Andere zugleich von ihrer Herrschaft abtrünnig. Ist der Eifer für Tugend rege, so muß das Schlechtere sinken. Daher suchen sie sowohl Einzelne, als Herrscher, kurz Jeden, welcher sich gegen die Gesetze der Materie auflehnt, zu entfernen; doch wirst du da als König leichter, als jeder Einzelne dich hüten, weil sie von Außen angreifen, wenn es von innen nicht gelingt, durch Krieg, Empörung und Alles, was dem Körper schadet. Doch dieses wird einen König am wenigsten überwältigen, wenn er vorsichtig zu Werke geht; denn nichtig ist jeder Ankampf, wenn Kraft und Weisheit vereint sind; getrennt aber von einander ist Stärke ohne Einsicht und Weisheit ohne Kraft leicht bezwingbar.

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