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Nun aber erklärt der Mythos, daß er ungern bei Osiris Leiden verweilen werde; denn es sei nicht naturgemäß, lange bei einer traurigen Erzählung auszuharren. Bis jetzt feiert man seit jener Zeit die Unglückstage der heiligen Thränen, und diejenigen, welchen erlaubt ist, zuzusehen, schauen die bewegten Bilder derselben. Das aber, sagt er, verdiene allgemein erzählt zu werden: für das Land, für die Heiligthümer, für die Gesetze überliefert er sich selbst denen, die, wenn sie ihn nicht bekämen, Alles zu vertilgen drohten, und setzte auf einem Lastschiffe über den Strom. Sogleich wird er allenthalben zu Land und zur See bewacht, und der Barbar hält eine Rathsversammlung, um die Strafe, welche er büßen solle, zu bestimmen. Da verlangte Typhos, man solle ihn so schnell und gewaltsam, als nur möglich, tödten; die Barbaren aber, obgleich sie beleidigt zu seyn glaubten, hielten es für Frevel, und hegten Ehrfurcht gegen die Tugend; doch bestraften sie ihn mit der Verbannung; und auch, dessen schämten sie sich wieder und wollten es nicht für eine Verbannung, sondern für eine Entfernung angesehen wissen. Schätze und Habe ließen sie ihm, obgleich Typhos sie ihnen, bot, und berührten sie so wenig, wie ein Heiligthum. Jener zog nun fort unter dem Geleite Gottes und edler Heroen, um nach den vom Schicksale bestimmten Zeiten wiederzukehren; denn das Schlechtere konnte nicht obsiegen in Aegypten, noch in kurzer Zeit alles in Verwirrung und Trauer versinken, so lange jene heilige Seele dort weilte. Um dieses möglich zu machen, hatten sich die Dämonen, welche sich eigentlich mit diesen Dingen befassen, gleich von Anfang gegen ihn erhoben. Ihnen fröhnend, sättigte sie der einst ins Daseyn von ihnen Geförderte und so eben S. 100 zur Gewaltherrschaft Berufene mit Ungemachen aller Art. Sogleich wurden den Staaten weit größere Steuern aufgelegt, nicht bestehende Schulden ersonnen, in Ver- gessenheit begrabene hervorgezogen. Was dem Bewohner des Binnenlandes zukommt, mußte der Flußanwohner leisten, und Fahrzeuge forderte er von dem Bewohnner des Binnenlandes, damit kein Mensch sich freuen könnte. Dieß waren die größten Uebel für das Volk; ein anderes noch allgemeiner: er sandte feile Statthalter und Beamte in die Provinzen, öffentlich verkaufend die Staaten. Die nun, welche die Verwaltung einer Provinz gemiethet, glaubten, besonders, wenn einer noch sehr jung war, da die Miethung nur auf Ein Jahr bestimmt wurde; sich in diesem Jahre Vorrath für ein zügelloses Alter sammeln zu müssen. Eines von dem, was unter Typhos geschah, war auch dieß: schriftlich bedung er denen, welche ihm Geld erlegt hatten, die Zeit ihres Amtes. Vorher aber wurde, wer einer Schlechtigkeit angeklagt ward, seines Amtes entsetzt; einem Andern wurde als Lohn seines Wohlverhaltens eine ansehnlichere Ehrenstelle, ein größerer Wirkungskreis und Verlängerung der Zeit zu Theil. Seitdem seufzten alle allenthalben, jeder von ihnen hatte über ein besonderes Unglück zu klagen, und von Volk zu Volk, von Rathsversammlung zu Rathsversammlung wurden sie von allen Uebeln bedrängt, so daß sich nur eine Stimme aus Aegypten zum Himmel erhob als Wiederhall der allgemeinen Wehklage. Da erbarmten sich die Götter des Volkes und trafen Anstalten, ihm zu helfen. Doch hielten sie es nicht für gut, ehe noch genauer Tugend und Laster gegen einander geprüft worden, damit auch die Unbesonnensten das Bessere und das Schlechtere sogar handgreiflich unterscheiden und befolgen oder meiden könnten.