20. Paulus von Pherme.
In Ägypten liegt ein Gebirge, das sich gegen die große Wüste der Sketis erstreckt und Pherme1 genannt wird. Dort hausen an fünfhundert Männer in strenger Abtötung; darunter war ein gewisser Paulus, der diese Lebensweise hatte: Er befaßte sich mit keiner Arbeit noch irgendeinem Anliegen und nahm als Geschenk nur soviel, als ihm zum Essen unbedingt nötig war. Er kannte nur eine Beschäftigung: unablässiges Gebet. Er hatte dreihundert bestimmte Gebete, las täglich genau soviel Steinchen zusammen, barg sie im Gürtel und warf bei jedem Gebet eines weg.2 Zum heiligen Makarius, der den Beinamen "der Städter" führte, kam er einst auf Besuch und klagte: "Vater, ich bin in großer Not." Auf vieles Drängen gestand er endlich den Grund: "In einem Dorfe führt eine Jungfrau schon dreißig Jahre lang ein asketisches Leben. Man hat mir erzählt, daß sie nur am Sabbat und am Tage des Herrn etwas genießt, also jede Woche fünf Tage nüchtern bleibt; dabei verrichtet sie täglich siebenhundert Gebete. Darum hab' ich mir selber Vorwürfe gemacht, weil ich mehr als dreihundert nicht fertig bringe." Der heilige S. 363 Makarius gab ihm zur Antwort: "Sechzig Jahre sind es, daß ich täglich hundert Gebete verrichte; zugleich verdiene ich mir durch Handarbeit den Unterhalt und widme den Brüdern soviel Zeit, als nötig ist. Dennoch kommt mir nie der Gedanke, daß ich nachlässig sei. Wenn dagegen dir trotz dreihundert Gebeten dein Gewissen Vorwürfe macht, so folgt daraus, daß du nicht andächtig betest oder daß du mehr beten könntest, als du wirklich betest."