19. Synodalschreiben der in Rimini versammelten Bischöfe an den Kaiser Konstantius1
„Nach dem Ratschluß Gottes und auf die Anordnung Deiner Frömmigkeit hin sind, wie wir glauben, die bisherigen Beschlüsse in Sachen des Glaubens zustande gekommen. Wir sind nämlich, wir Bischöfe alle, aus allen Städten des Abendlandes in Rimini zusammengekommen, damit der Glaube der katholischen Kirche erkannt und die Gegner desselben offenbar würden. Wir haben nun in sorgfältiger Untersuchung gefunden und es für das beste gehalten, daß wir den von alters her bestehenden Glauben, den die Propheten, die Evangelien und die Apostel durch unsern Herrn Jesus Christus, der auch der Beschützer Deines Reiches und Deiner Wohlfahrt Hort ist, verkündigt haben, daß wir diesen Glauben festhalten und beschützen und durch treuen Schutz bis an das Ende bewahren. Es schien unstatthaft und unzulässig, an dem, was recht und gerecht bestimmt worden ist und was zu Nizäa gemeinsam mit dem hochberühmten Konstantin, Deinem Vater und Kaiser, nach reifer Überlegung festgesetzt worden ist, etwas zu S. 136 ändern. Denn diese Lehre und ihr Verständnis ist in lauter Verkündigung zu den Ohren und der Einsicht aller Menschen gelangt, sie hat sich als das einzige Mittel erwiesen zum Schutze gegen die arianische Häresie und zum Verderben derselben; durch sie ist nicht allein diese, sondern auch jede andere Häresie überwunden worden; und es wäre in der Tat bedenklich, etwas hinzuzufügen, und gefährlich, etwas wegzunehmen; denn wenn das eine oder andre geschähe, dann hätten die Gegner die Freiheit, zu tun, was sie wollten.
Daher wurden Ursacius und Valens, nachdem sie als Anhänger und Bekenner der arianischen Lehre aufgetreten waren, öffentlich aus unserer Gemeinschaft ausgeschlossen. Um derselben wieder teilhaftig zu werden, baten sie um Buße und Verzeihung für die Fehler, deren sie sich bewußt waren. Zeuge dessen ist auch das von den Vätern verfaßte Antwortschreiben, durch welches ihnen Straflosigkeit für alles und insbesondere Verzeihung für die ihnen zur Last gelegten Vergehen gewährt worden ist. Es geschah das zur Zeit, wo zu Mailand die Synode gehalten wurde, der auch die Priester der römischen Kirche beiwohnten2. In der Erwägung nun, daß der auch nach seinem Tode noch des Andenkens würdige Konstantin das (nizänische) Glaubensbekenntnis mit aller Sorgfalt und Umsicht zusammengestellt und veröffentlicht hat, halten wir es für unstatthaft, jetzt, da er nach Empfang der Taufe aus diesem Leben geschieden und zum wohlverdienten Frieden eingegangen ist, nach ihm etwas Neues aufzustellen und uns über so viele heilige Bekenner und Martyrer hinwegzusetzen, welche dieses Glaubensbekenntnis verfaßt und ausgedacht und welche sich in allen Dingen beständig an die alte Überlieferung der Kirche gehalten haben. Deren Glauben hat Gott bis zu den Tagen Deiner Herrschaft erhalten durch unsern Herrn Jesus Christus, durch den auch Dein Reich so erweitert worden ist, daß Du jetzt sogar über unsere Länder gebietest.
S. 137 Nun aber haben neuerdings jene erbarmungswürdigen und ob ihrer Gesinnung bedauernswerten Menschen mit frevelhafter Verwegenheit sich zu Verkündigern ihrer gottlosen Meinungen aufgeworfen und versuchen es, jede feststehende Wahrheit umzustürzen. Als nämlich Deiner Anordnung gemäß eine Synode gehalten wurde, da stellten auch jene ihre Arglist unverhüllt zur Schau. Sie suchten nämlich durch List und Gewalttätigkeit etwas Neues aufzubringen und gewannen als Glieder ihrer Partei einen gewissen Germanius, einen Auxentius und Gajus, welche Spaltung und Zwietracht säten und deren Lehre, obwohl nur eine, doch schlimmer war als eine ganze Menge von Gotteslästerungen. Da sie aber merkten, daß wir ihre Ansichten nicht teilten und ihren schlimmen Plänen nicht zustimmten, kamen sie in unsere beratende Versammlung, um den Schein zu erregen, als ob sie jetzt für ein anderes Bekenntnis wären. Es bedurfte aber nur kurzer Zeit, um ihre wirkliche Gesinnung zu enthüllen.
Damit nun die kirchlichen Angelegenheiten nicht fortwährend denselben Stürmen ausgesetzt seien und damit nicht Verwirrung und Unruhe hin- und herwogend alles durcheinanderbringe, erschien es als das sicherste, die früheren Bestimmungen als zu Recht bestehend unverändert aufrecht zu erhalten, die vorhin genannten Männer aber aus unserer Gemeinschaft auszuschließen. Aus diesem Grunde haben wir die Gesandten an Deine Milde abgeschickt, welche Dich hiervon in Kenntnis setzen und Dir die Ansicht der Synode durch ein Schreiben mitteilen werden. Den Gesandten aber haben wir vor allem dies aufgetragen, daß sie den Beweis für die Wahrheit dadurch führen sollen, daß sie von den alten und rechtmäßigen Bestimmungen ausgehen. Dieselben werden Deiner Heiligkeit auch auseinandersetzen, daß nicht etwa, wie Ursacius und Valens behaupten, dann Friede sein würde, wenn von dem rechten Glauben etwas preisgegeben würde. Wie könnten diese auch Frieden bringen, diese, die doch den Frieden zerstören? Im Gegenteil würde daraus nur Streit und Unruhe erwachsen, wie den übrigen Städten, so namentlich auch der Kirche von Rom. Deshalb flehen wir Deine Milde an, daß Du S. 138 mit geneigtem Ohr und sanftem Blick auf unsere Gesandten schauen mögest und daß Du nicht zur Kränkung für die Verstorbenen etwas Neues einzuführen gestattest, sondern daß Du uns bei den Beschlüssen und Gesetzen belassen wollest, die von unseren Vorfahren gegeben wurden, welch letztere, wie wir sagen möchten, alles mit Sorgfalt und Einsicht und unter dem Beistand des Heiligen Geistes getan haben. Denn die Neuerungen, die jetzt von jenen eingeführt werden wollen, erzeugen bei den Gläubigen nur Unglauben, bei den Ungläubigen aber Verhärtung des Herzens.
Wir bitten ferner, Du wollest verfügen daß die in der Fremde weilenden Bischöfe, welche die Last des Alters und die Not der Armut aufreibt, unbehindert die Rückreise in ihre Heimat antreten dürfen, damit die Kirchen nicht länger der von ihnen getrennten Bischöfe beraubt bleiben. Sodann bitten wir zu allem dem noch um dieses, daß von den bisherigen Satzungen nichts hinweggenommen und auch nichts hinzugefügt werde, sondern daß alles unverbrüchlich bleibe so, wie es von der rechtgläubigen Frömmigkeit Deines Vaters an bis auf die gegenwärtige Zeit bewahrt worden ist. Auch wollest Du nicht zulassen, daß wir noch länger hier mühselig leben und unseren Sprengeln fern bleiben müssen, sondern dafür sorgen, daß die Bischöfe mit ihrem Volke im Frieden den Gebeten und Opfern obliegen können, betend für Deine Herrschaft und Wohlfahrt und den Frieden, den Dir die Gottheit für immer verleihen möge. Unsere Gesandten werden die Unterschriften und Grüße der Bischöfe mitbringen und Deine Heiligkeit noch ausführlicher aus den Heiligen Schriften selbst unterrichten.“
So lautete das Schreiben, mit dem die Gesandten abgeschickt wurden. Allein die Höflinge, die mit dem Kaiser die Regierung führten und zugleich die Häresie begünstigten, nahmen zwar den Brief entgegen und überreichten ihn dem Kaiser, die Gesandten aber ließen sie nicht vor unter dem Vorgeben, der Herrscher sei allzusehr von den Regierungsgeschäften in Anspruch genommen. Dieses taten sie aber in der Meinung, die Bischöfe würden durch die Länge der Zeit mürbe gemacht S. 139 und durch ihr Verlangen nach der Rückkehr in die ihnen anvertrauten Städte dazu getrieben werden, den gegen die Häresie aufgerichteten Wall zu durchbrechen und abzutragen. Doch der schlau angelegte Plan hatte keinen Erfolg. Denn die tapferen Verteidiger des Glaubens schickten dagegen einen zweiten Brief an den Kaiser mit der dringenden Bitte, die Gesandten zu empfangen und sie selbst heimkehren zu lassen. Ich will auch diesen Brief in meine Darstellung aufnehmen.
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Dieses Synodalschreiben findet sich auch bei Athanasius De synodis c. 10 (Migne, ser. gr. 26, 696—700), bei Sokrates II, 37 (Migne 67, 312—17), Sozomenus IV, 18 (Migne 67, 1164 bis 1168), Kassiodor Hist. trip. V, 21 (Migne, s. lat. 69, 1001 bis 1003). Der Wortlaut des in lateinischer Sprache abgefaßten Schreibens würde wohl in den sog. Hilarius-Fragmenten, Fragm. VIII (Migne, s. lat. 10, 699—701) vorliegen, wenn nicht der Text fast heillos entstellt wäre. ↩
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Die hier erwähnte Synode zu Mailand ist nicht die vom Jahre 355 (s. oben II 15, S. 122), sondern eine frühere vom Jahre 347. S. oben S. 127 A. 2 und Hefele, CG I ², 637—39. ↩